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Der falsche Apostel

Der falsche Apostel

Titel: Der falsche Apostel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Tremayne
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sein!«
    »Ich wurde mehrfach darauf hingewiesen, Cernach sei ein eifriger Verfechter der römischen Reformen. Einmal wurde er mir sogar
     als jugendlicher Heißsporn beschrieben. Wiederholt legte man mir nahe, das Tatmotiv bestünde darin, Sechnussach, den Bewahrer
     des Hergebrachten, durch jemanden zu ersetzen, der für die Reformen stand. Der wahre Schuldige hat das Schwert so in Cernachs
     Kammer versteckt, dass es leicht zu finden war. Man gab sich alle erdenkliche Mühe, meinen Verdacht auf Cernach zu lenken.
     Aber weshalb auf Cernach? Er war ja nicht einmal volljährig, was hätte er dabei gewinnen können?«
    Es herrschte Totenstille, während alle auf ihre Beweisführung warteten.
    »Abt Colmán berichtete mir, Cernach sei ein Befürworter der römischen Bestrebungen. Das tat auch Ailill, und das tat auch
     Ornait. Sie sprach sogar davon, dass Cernach Ansprüche auf den Thron erhob, obwohl er sie wegen seines Alters noch nicht geltend
     machen konnte. Ornait erzählte mir außerdem, dass er in Monatsfrist das Alter der Wahl erreichen würde.«
    Unvermutet drehte sich Fidelma zur Schwester des Hochkönigs um. »Ornait war zudem die Einzige, die von meinem Ruf bei der
     Aufklärung geheimnisvoller Umstände wusste. Sie sprach mit dem Abt und veranlasste ihn, nach mir zu schicken. War dem nicht
     so?«
    Kurz wandte sie sich nach Abt Colmán um, der völlig überrumpelt nickte.
    Ornait war blass geworden. »Willst du etwa behaupten, ich hätte das Schwert gestohlen?«, flüsterte sie eiskalt.
    |92| »Das ist ja lachhaft«, brach es aus Sechnussach heraus. »Or nait ist schließlich meine Schwester.«
    »Dessenungeachtet sind Ailill und Ornait die Schuldigen«, erwiderte Fidelma mit fester Stimme.
    »Aber du hast doch eben erst gesagt, Ailill kann das Verbrechen nicht begangen haben«, stammelte Sechnussach, der nichts begriff.
    »Nein. Ich habe lediglich dargelegt, dass die Beweise derart beschaffen waren, dass ich glauben musste, Ailill sei unschuldig,
     weil er unmöglich so vorgegangen sein konnte, wie es alle vermuteten. Doch wenn Dinge derart offen zutage liegen, sollte man
     Vorsicht walten lassen.«
    »Und wieso soll sich Ornait an dem Diebstahl beteiligt haben?«, verlangte der Hochkönig zu wissen.
    »Ornait hat den Plan ersonnen. Die ganze abgefeimte Sache hat sie sich ausgedacht. Ailill und sie selbst haben die Tat begangen,
     und niemand sonst.«
    »Das musst du uns erklären!«
    »Ailill und Ornait sind in jener Nacht wie üblich durch den unterirdischen Gang in die Kapelle gelangt und haben sich sofort
     ans Werk gemacht. Ornait nahm das Schwert an sich, während Ailill den Riegel aufbrach und so den falschen Verdacht in Szene
     setzte. Sie bauten darauf, dass die beiden Wachtposten den Einbruch bemerken würden, und Ailill erwartete sie wie geplant.
     Doch wie stets bei einem sorgsam ausgetüftelten Plan kommt etwas Unerwartetes dazwischen. Ornait war auf dem Rückweg durch
     den Gang, da nahte sich der Abt. Er hatte seinen Psalter in der Sakristei gelassen und brauchte ihn dringend. Sie drückte
     sich in eine der Nischen und wartete, bis er vorbei war. Beim Verlassen der Nische blieb sie mit ihrem Gewand an einem Vorsprung
     hängen.«
    Fidelma hielt einen Fetzen aus farbigem Tuch hoch.
    |93| »Der Rest der Geschichte ging dann wie gewollt vor sich. Ailill wurde eingesperrt. Danach wurde der zweite Teil des Vorhabens
     in Angriff genommen. Ornait hatte von einer Schwester aus meinem Ordenshaus in Kildare erfahren, dass ich die Gabe besitze,
     seltsame Rätsel zu lösen. Bei aller Bescheidenheit muss ich leider sagen, Ornait hatte ihren Plan völlig auf meine Person
     abgestellt. Als das Schwert nicht aufzufinden war, gelang es ihr, Abt Colmán zu überreden, nach mir zu schicken, damit ich
     das rätselhafte Verschwinden des Schwerts aufkläre. Colmán hatte von mir nie zuvor gehört und erfuhr von meiner Existenz erst,
     als ihm Ornait meinen Namen einflüsterte. Das hat er gerade erst bestätigt.«
    Der Abt nickte nochmals heftig, während er sich mühte, ihrem Gedankengang zu folgen.
    »Als ich hier eintraf, ließen mich die ersonnenen Beweise zunächst glauben, Ailill sei unschuldig. So war es ja auch bezweckt.
     Dazu wurde mein Verdacht auf Cernach Mac Diarmuid gelenkt, der als Sündenbock auserkoren war. In seiner Kammer fand sich,
     nur notdürftig versteckt, das heilige Schwert. Das schien mir alles zu durchsichtig und erweckte meinen Argwohn. Sowohl Ailill
     als auch Ornait führten

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