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Der falsche Apostel

Der falsche Apostel

Titel: Der falsche Apostel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Tremayne
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ich
     hätte seine Schwester ermordet. Dann sah ich neben mir den blutverschmierten Leichnam Barrdubs.«
    Er begann wieder zu husten. Fidelma betrachtete aufmerksam sein Gesicht. Es lag kein Arg darin.
    »Das ist alles?«, drängte sie ihn, als er wieder Atem geschöpft hatte.
    »Du hast mich gefragt, was ich von den Ereignissen der Mordnacht berichten kann. Das ist alles.«
    Fidelma biss sich auf die Lippe. Die Geschichte klang nicht sonderlich plausibel.
    »Du bist nicht gestört worden? Du hast nichts gehört? Du bist eingeschlafen und hast nichts mitbekommen, bis der Brehon und
     Congal dich weckten und du das Blut an deinen Kleidern und den Leichnam des toten Mädchens in deiner Hütte sahst?«
    Der junge Mann stöhnte leise und verbarg das Gesicht in den Händen.
    »Sonst weiß ich nichts«, beharrte er. »Es klingt absurd, aber es ist die Wahrheit.«
    »Gibst du zu, dass du Barrdub kanntest?«
    »Natürlich. In der Zeit, die ich hier verbracht habe, lernte ich alle Mitglieder des Clans der Eóghanacht kennen.«
    »Und was ist mit Barrdub? Wie gut kanntest du sie?«
    »Sie kam regelmäßig zum Gottesdienst, und ein- oder zweimal |103| kam sie und half mir, als ich meine Hütte wieder aufbaute. Aber das haben auch viele andere aus dem Dorf gemacht.«
    »Du hattest keine besondere Beziehung zu Barrdub?«
    In der keltischen Kirche konnten Priester, Mönche und Nonnen heiraten, vorausgesetzt, dass die Ehe von einem Bischof oder
     der Gemeinde ihrer Abtei gesegnet wurde.
    »Ich hatte keine Beziehung zu Barrdub, außer dass ich der Hirte dieser Herde war. Außerdem hat das Mädchen das Alter der Wahl
     noch nicht erreicht.«
    »Du weißt, dass Congal behauptet, Barrdub sei in dich verliebt gewesen und du hättest sie ermutigt? Die Anklage wird argumentieren,
     sie sei in jener Nacht zu dir gekommen, du hättest sie aus irgendeinem Grund zurückgewiesen, und als sie dann nicht gehen
     wollte, hättest du sie umgebracht. Man wird vorbringen, ihre Liebe sei dir peinlich gewesen.«
    Der junge Mönch war empört.
    »Aber das habe ich nicht getan! Ich kannte das Mädchen nur flüchtig, und zwischen uns ist nichts vorgefallen. Nun …, nun,
     das Mädchen ist außerdem verlobt, soviel ich weiß, mit jemandem aus dem Dorf. Sein Name fällt mir im Augenblick nicht ein.
     Ich versichere dir, dass zwischen dem Mädchen und mir nichts war.«
    Fidelma nickte bedächtig und stand auf.
    »Fein, Bruder Fergal. Wenn du mir sonst nichts zu sagen hast …?«
    Der junge Mann schaute mit großen, flehenden Augen zu ihr auf.
    »Was wird nun aus mir werden?«
    »Ich übernehme deine Verteidigung«, erklärte sie ihm. »Aber bisher habe ich nicht viel, was ich vorbringen kann.«
    »Dann wird man mich für schuldig befinden?«
    »Du kennst die Gesetze des Landes. Wenn man dich des |104| Mordes für schuldig befindet, musst du ihrem nächsten Verwandten den Brautpreis für das Mädchen zahlen. Barrdub war wohl,
     wie ich gehört habe, eine Freie, die Tochter eines Mitglieds der Clan-Versammlung. Die Strafe ist auf fünfundvierzig Milchkühe
     plus vier Milchkühe als Gebühr an den Brehon festgelegt.«
    »Aber ich besitze keine Reichtümer. Ich habe alles aufgegeben, als ich mich entschloss, in den Dienst des Herren einzutreten,
     und mein Armutsgelübde ablegte.«
    »Du weißt sicherlich auch, dass deine Familie für die Strafe zuständig ist.«
    »Aber meine einzige Familie ist die Abtei, unser Orden von Brüdern und Schwestern in Christus.«
    Fidelma blickte ihn an.
    »Sicherlich. Die Äbtissin muss entscheiden, ob unser Orden deine Strafe bezahlt. Bei der wichtigeren Anhörung, bei der es
     um deine unsterbliche Seele geht, wird sie dem Gericht vorsitzen. Solltest du des Mordes an Barrdub schuldig gesprochen werden,
     dann musst du nicht nur vor dem Zivilgericht deine Wiedergutmachung leisten, sondern auch vor Gott büßen.«
    »Was ist, wenn die Äbtissin sich weigert, die Strafe zu zahlen?«, fragte Fergal, und sein Atem ging schwer.
    »Es wäre sehr ungewöhnlich, das zu verweigern«, versicherte ihm Fidelma. »Unter außergewöhnlichen Umständen könnte sie das
     tun. Die Äbtissin hat das Recht, dich zu verstoßen, wenn deine Tat so frevelhaft war. Du kannst aus der Klostergemeinschaft
     ausgeschlossen werden. In diesem Fall kann dich der Brehon der Familie des Opfers übergeben. Die darf dann mit dir verfahren,
     wie sie will – dich als Sklaven halten oder auf irgendeine ihr angemessen scheinende Art bestrafen. So bestimmt es das

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