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Der falsche Apostel

Der falsche Apostel

Titel: Der falsche Apostel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Tremayne
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suchen?«
    Bischof Artagán nickte.
    »Sie berichtete mir, dass sie in der berühmten Bibliothek von Ard Macha auf alte Manuskripte gestoßen sei, aus denen hervorging, |151| man hätte seinerzeit die Reliquie auf einer der dem Festland der Corco Dhuibhne vorgelagerten Inseln in Sicherheit gebracht.
     Die Manuskripte wollte sie mir nicht zeigen. Angeblich enthielten sie Hinweise auf diesen Ort. In einer alten Handschrift
     sei die Rede davon gewesen, dass während der Verfolgungen unter dem König von Iarmuma Priester auf die Inseln geflohen wären,
     nur meine ich, wir wüssten davon, wenn die heilige Reliquie dort gelandet wäre«, schloss er seine Ausführungen abschätzig.
    »Du konntest dich also nicht der Auffassung von Äbtissin Cuimne anschließen, dass sich die Reliquie auf der Insel befindet?«,
     fragte Fidelma.
    »Das konnte ich nicht, nein. Ich habe mich selbst eingehender mit der Geschichtsperiode beschäftigt. Palladius starb in Gallien.
     Das steht fest, die meisten Berichte sagen es so und nicht anders.«
    »Bist du deshalb der Meinung, die Äbtissin sei auf eine sinnlose Jagd gegangen?«
    »Ja. Die sterblichen Überreste des Palladius haben das Wüten der Zeit unmöglich überdauert. Wenn doch, dann wären sie in Gallien
     zu finden, nicht hier. Ich konnte die Äbtissin nicht von ihrer Auffassung abbringen. Ich hab dir ja gesagt, sie war hartnäckig,
     wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hatte.« Er krauste die Stirn. »Was aber hat all das mit deinen Erkundungen zu ihrem
     Tod zu tun?«
    Schwester Fidelma erhob sich mit einem verbindlichen Lächeln.
    »Ich wollte mich nur vergewissern, was sie bezweckte, als sie auf die Insel ging.«
     
    Die ganze Zeit während der schwankenden Rückfahrt auf rauer See hockte Schwester Fidelma im Boot und dachte angestrengt |152| nach. Aus dem, was sie gerade erfahren hatte, ergab sich doch ganz logisch, dass Äbtissin Cuimne mit Congal, dem
seanchafí
, über das Reliquiar des Palladius gesprochen haben musste. Warum hatte der Fischer darüber geschwiegen? Was versuchte er
     zu verbergen? Sie beschloss, sich zunächst nicht weiter mit Congal zu beschäftigen, sondern unmittelbar nach ihrer Rückkehr
     mit dem Priester der Insel, mit Pater Patrick zu sprechen.
     
    Pater Patrick war ein alter Mann, mindestens Mitte, wenn nicht Ende der achtzig. Ein kleines Häuflein Mensch, das die stürmischen
     Winde auf der Insel leicht hinwegfegen konnten. Pergamentähnliche Haut umspannte die Knochen, auf denen kaum noch Fleisch
     war, und seine hager hervorstechenden Knöchel. Spärliche Strähnen weißen Haares umgaben seinen Kopf. Unter den tief hängenden
     Brauen blickten Fidelma blasse Augen von schwer zu deutender Farbgebung an.
    Pater Patrick saß in einem an das Feuer gerückten Lehnstuhl; der gebrechliche Körper war in einen dicken wollenen Umhang gehüllt,
     der an dem dürren Hals mit einer Brosche zusammengehalten wurde. Und doch hatte Fidelma das Gefühl, es trotz Alter und Gebrechlichkeit
     mit einer starken und dynamischen Persönlichkeit zu tun zu haben.
    »Erzähl mir über das Reliquiar des Palladius«, eröffnete sie ohne weitere Vorbereitung das Gespräch. Es war ein Schuss ins
     Ungewisse, aber er traf.
    Das Gesicht von Pater Patrick blieb unbeweglich, nur die Augen blitzten einen Moment überrascht auf. Fidelma entging die ungewollte
     Regung nicht.
    »Was weißt du von der alten Legende?«
    Die kratzige Stimme war so gleichförmig, dass Fidelma ihre Schwierigkeiten hatte, eine innere Anteilnahme herauszuhören, und
     doch schwang da etwas mit. Was war es?
    |153| »Ist es wirklich eine Legende, Pater?«
    »Es gibt viele alte Legenden hier, meine Tochter.«
    »Mag sein, aber Äbtissin Cuimne hielt diese eine für wahr. Dem Bischof der Corco Dhuibhne hatte sie gesagt, sie würde das
     Reliquiar ausfindig machen und die Insel nicht eher verlassen.«
    »Und nun ist sie tot«, stellte der alte Priester nicht ohne einen Anflug von Trauer fest. »Möge sie in Frieden ruhen.«
    Fidelma wartete, doch er äußerte sich nicht weiter.
    »Das mit der Reliquie …«, nahm Fidelma den Faden wieder auf.
    »Dem Gerede der Leute nach zu urteilen, ist es nur eine Legende, und das wird es auch bleiben.«
    »Sie ist also nicht auf der Insel?«
    »Kein Inselbewohner hat sie jemals gesehen.«
    Sie schürzte die Lippen im Bemühen, ihre Verärgerung hinunterzuschlucken. Sie hatte das unbestimmte Gefühl, Pater Patrick
     führte sie an der Nase herum. Aufgeben durfte sie

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