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Der falsche Apostel

Der falsche Apostel

Titel: Der falsche Apostel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Tremayne
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fortzufahren. Die meisten irischen Prinzen
     und Stammesfürsten, die sie kannte, sprachen außer ihrer eigenen noch mehrere Sprachen fließend, vor allem Latein und Griechisch.
    »Nun gut. Wulfstan war dein Vetter, nicht wahr?«
    »Wulfstans Vater, Cissa, der König der südlichen Angelsachsen, war der Bruder meines Vaters Cymen. Ich bin Than von Andredswald,
     wie mein Vater vor mir.«
    |183| »Erzähle mir, wie Wulfstan und du hierher nach Durrow gekommen seid.«
    Eadred schnaubte verächtlich.
    »Vor einigen Jahren kam einer aus eurem Volk, ein Mann namens Diciul, in unser Land und begann von seinem Gott zu predigen,
     einem Gott ohne Namen, der einen Sohn namens Christus hatte. Cissa, der König, bekehrte sich zu diesem neuen Gott und wandte
     sich von Wodan ab.
    Dem Mann aus Éireann wurde gestattet, in unserem Land eine Ordensgemeinschaft und ein Kloster in Bosas Ham zu gründen. Viele
     gingen dorthin und lauschten seinen Lehren. Cissa beschloss, dass Wulfstan, der Thronerbe des Königreiches, zur weiteren Erziehung
     nach Éireann reisen sollte.«
    Schwester Fidelma nickte und überlegte, ob es wohl an seiner mangelhaften Beherrschung des Irischen lag, dass es sich so anhörte,
     als missbillige der junge Mann Cissas Bekehrung zum Christentum.
    »Dann ist Wulfstan der
tánist
in eurem Land?«
    Abt Laisran mischte sich lächelnd ein.
    »Die Angelsachsen haben ein anderes Rechtssystem als wir, Schwester Fidelma«, unterbrach er sie. »Bei ihnen erbt der älteste
     Sohn alles. Es gibt keine Wahl des Nachfolgers durch die
derbhfine
wie bei uns.«
    »Ich verstehe.« Fidelma nickte. »Fahre fort, Eadred. Cissa beschloss also, Wulfstan hierherzuschicken.«
    Der junge Mann verzog säuerlich das Gesicht.
    »Mir wurde befohlen, ihn zu begleiten und mit ihm zu studieren. Wir kamen zusammen mit unserem Vetter Raedwald, dem Than von
     Staeningum, und zehn Freien und fünf Sklaven, die für unser Wohl sorgen sollen. Nun sind wir bereits seit sechs Monden hier.«
    |184| »Und nicht gerade unsere hellsten Studenten«, murmelte Laisran.
    »Das mag ja sein«, bellte Eadred. »Wir haben nicht darum gebeten, herkommen zu dürfen, sondern wurden von Cissa herbeordert.
     Es freut mich, dass wir nun endlich aufbrechen und den Leichnam meines Verwandten in unser Land mit zurücknehmen dürfen.«
    »Sagt dir die lateinische Inschrift
cave quid dicis
etwas?«
    Eadred rümpfte die Nase.
    »Es ist das Motto des jungen fränkischen Prinzen Dagobert.«
    Schwester Fidelma schaute den Burschen nachdenklich an, ehe sie sich wieder Raedwald zuwandte. Dessen Gesicht war gerötet,
     und er schaute verwirrt drein.
    »Und du, Raedwald? Weißt du, was das heißt?«
    »Leider kann ich kein Latein, Lady«, murmelte er.
    »Ach so? Wann hast du Wulfstan zum letzten Mal gesehen?«
    »Nach der Vesper.«
    »Was ist da genau geschehen?«
    »Wie üblich haben Eadred und ich Wulfstan zur Nachtruhe zu seiner Kammer begleitet, zusammen mit zwei von unseren Freien und
     zwei Sklaven. Wir haben wie immer das Zimmer durchsucht, und dann ist Wulfstan hineingegangen und hat uns fortgeschickt.«
    Eadred nickte zustimmend und fuhr fort: »Ich habe mich danach auf dem Gang noch ein Weile mit Raedwald unterhalten. Wir haben
     beide gehört, wie Wulfstan die Holzbalken vorschob. Dann bin ich auf mein Zimmer gegangen.«
    Wieder schaute Schwester Fidelma zu Raedwald hin.
    »Du kannst das bestätigen, Raedwald?«
    Erneut lief Eadreds krebsrot an.
    »Du zweifelst an meinem Wort?« Seine Stimme klang schrill.
    |185| »Diese Untersuchung wird nach unseren Gesetzen durchgeführt, Eadred«, entgegnete ihm Fidelma verärgert.
    Raedwald sah verlegen aus.
    »Ich kann bestätigen, was Eadred gesagt hat, Lady«, antwortete er. »Der Than von Andredswald spricht die Wahrheit. Sobald
     wir gehört hatten, wie die Balken vorgelegt wurden, wussten wir, dass Prinz Wulfstan sein Zimmer für die Nacht verriegelt
     hatte. Also zogen wir uns beide in unsere Kammern zurück.«
    Schwester Fidelma nickte nachdenklich.
    »Du kannst auch bestätigen, Eadred, dass Wulfstan Angst hatte, man würde ihn angreifen? Warum war das so?«
    Eadred schniefte.
    »Es sind zu viele
welisc
hier, und einer von ihnen hat ihm verschiedentlich gedroht … dieser Barbar Talorgen!«
    » Welisc
? Wer sind die?«, fragte Schwester Fidelma.
    Laisran lächelte müde.
    »Die Angelsachsen nennen alle Britannier
welisc
. Das heißt so viel wie Fremde.«
    »Ich verstehe. Also war Wulfstan sicher in seinem Zimmer

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