Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der falsche Apostel

Der falsche Apostel

Titel: Der falsche Apostel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Tremayne
Vom Netzwerk:
Leichnam vom Strand trug …«
    » Du
hast den Leichnam vom Strand getragen?«, fragte Fidelma mit Nachdruck. »Hast du uns nicht erzählt, junge Brüder hätten ihn
     beim Angeln gefunden und hergebracht? Und das wäre schon geschehen, bevor du aufgewacht bist. Auch hätten sie Selbach bereits
     an den Baum gefesselt.«
    Speláns Lippen arbeiteten, ohne dass sich Worte formten.
    »Ich werde dir sagen, was sich auf dieser Insel abgespielt hat«, erklärte Fidelma. »Ja, es stimmt, hier hat es einen
gortaigid
gegeben. Jemand, der Freude bei der Abtötung des Fleisches und bei auferlegten Qualen empfand, aber nicht wegen der frommen
     Vorstellung, damit Gewinn für das Seelenheil zu erwerben …, sondern lediglich wegen persönlicher Gelüste. Wo hätte er seinen
     abscheulichen Sadismus besser befriedigen können als in einer Einsiedelei von jungen Gläubigen? Nur dort konnte er sie knechten
     und sie kasteien, indem er ihnen einredete, dass sie allein durch das Ertragen von Schmerzen zu seelischer Läuterung und geistlicher
     Vollkommenheit gelangen könnten.«
    Spelán bedachte sie mit bitterbösen Blicken.
    »In einigen wesentlichen Dingen ist die Schilderung zutreffend, die du uns gegeben hast, Spelán. Die Jünglinge hatten sich
     verschworen, Stillschweigen zu bewahren. Ihr Folterknecht nahm jeweils einen von ihnen, von den jüngsten und verletzlichsten,
     ans entlegene Ende der Insel und vollzog an ihnen die Züchtigung, dabei ihnen immer versichernd, das sei der einzige Weg zu
     ewigem himmlischem Ruhm. Doch eines Tages wurde einer von den Jungen, der kleine Sacán, so heftig gegeißelt, dass er unter
     seinen Händen starb. In plötzlichem Erschrecken wollte der Folterer seine Schandtat ungeschehen machen und |248| warf die Leiche über die Klippen. Dabei riss sich der Mann am Gürtelhaken des Jungen ein Stück Stoff aus seinem Habit. Am
     nächsten Morgen wurde der Leichnam angeschwemmt.«
    »Das ist völliger Unsinn. Selbach war es, der …«
    »Selbach war es, der zu ahnen begann, dass er in seiner Gemeinde einen
gortaigid
hatte.
    »All das sind reine Vermutungen«, wehrte sich Spelán wütend, doch Furcht schimmerte in seinen dunklen Augen.
    »Nicht ganz«, entgegnete Fidelma kühl. »Du bist sehr gescheit vorgegangen, Spelán. Als Sacáns Leiche entdeckt wurde, standen
     alle, die ihn am Strand gefunden hatten, um ihn herum. Sie konnten nicht ahnen, dass ihr Abt Selbach, ein im Grunde seines
     Wesens gütiger Mann, seit kurzem begriffen hatte, was in seiner Gemeinde vor sich ging, und das gewiss nicht guthieß. Du hast
     selbst gesagt, die Verschwiegenheit unter den jungen Brüdern war derart, dass jeder annahm, du würdest mit Selbachs Billigung
     handeln. Alle glaubten, dass die Abtötung des Fleisches eine schweigend zu duldende Regel ihrer Gemeinschaft wäre. Doch angesichts
     ihres toten Bruders entschlossen sie sich auf der Stelle, von der Insel zu fliehen. Die acht brachten das Flechtwerkboot zu
     Wasser und ruderten davon; das Einzige, was sie im Sinn hatten, war, von dem Ort fortzukommen, den sie für verflucht hielten.«
    Lorcán, der fassungslos Fidelmas Erklärungen vernommen hatte, pfiff leise vor sich hin. »Wo mögen die jetzt sein?«
    »Schwer zu sagen. Wenn sie vernünftig sind, könnten sie nach Chléire gerudert sein oder gleich nach Dún na Séad und dort geschildert
     haben, was hier vorgefallen ist. Aber vielleicht haben sie auch gedacht, ihr Wort hat kein Gewicht gegen das des Abts und
     des
dominus
der Gemeinschaft hier. Denn diese Unschuldigen glauben immer noch, dass Sich-Kasteien zu den Regeln des Neuen Glaubens gehört.«
    |249| »Darf ich daran erinnern, dass ich von eben diesen Unschuldigen bewusstlos geschlagen wurde?«, höhnte Spelán.
    Maenach nickte heftig. »Wirklich, Schwester, so war das doch. Wie erklärst du dir das?«
    »Einen Moment. Lass mich erst klarstellen, was hier noch geschah. Die acht jungen Brüder verließen die Insel, weil sie glaubten,
     alle anderen standen hinter der Regel, sich demütigen und quälen lassen zu müssen. Bruder Fogach aber stieß auf den Leichnam,
     trug ihn ins Bethaus und weckte dich, Spelán.«
    »Was sollte ihn dazu bewogen haben?«
    »Bruder Fogach war nicht dein Feind, genauso wenig wie Bruder Snagaide. Du hattest dir die beiden als Gehilfen erwählt, sie
     hatten dir sogar zur Seite gestanden bei den körperlichen Züchtigungen. Unerfahrene junge Burschen waren das eben und leichtgläubig
     genug, anzunehmen, dass deine

Weitere Kostenlose Bücher