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Der falsche Engel

Der falsche Engel

Titel: Der falsche Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polina Daschkowa
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nieder.
    »Wladimir, bist du sicher, dass Stas sich geirrt hat?«, fragte Natalja leise.
    »Ich habe ihren Pass gesehen.«
    »Und wenn der wirklich falsch ist?«
    »Sie hat einen französischen Akzent. Aber selbst wenn Stas recht hat – soll sie ruhig sehen, dass er nach Moskau fliegt.«
     
    Evelina schlief fest. Sergej fand auf der Liege im Arbeitszimmer eine große Strickdecke und breitete sie über sie aus.
    Bis Pleschakow kam, blieb noch eine halbe Stunde. Sergej nahm die Lupe, ging ins Schlafzimmer und untersuchte das Loch in
     der Matratze.
    Der rotbraune Rand erinnerte am ehesten an Rost. Es sah aus, als hätte jemand die Matratze mit einem dicken, rostigen Stab
     durchbohrt.
    Bemüht, keinen Lärm zu machen, damit Evelina nicht aufwachte, schob er das Bett vorsichtig beiseite. Schon baldwurde seine Anstrengung belohnt: Ein abgebrochenes rostiges Moniereisen und drei große Schnipsel eines Schwarzweißfotos lagen
     darunter.
    In der eingetretenen Stille hörte er das heisere Schlagen der Uhr im Arbeitszimmer. Er konnte gerade noch das Bett an seinen
     Platz zurückschieben und seine Trophäen im Nachtschrank verstecken.
    Fünf nach acht ertönte der Summer der Sprechanlage, und die muntere Stimme des Wachmanns verkündete: »Besuch für Sie – Jegor
     Pleschakow.«
    Als er im Flur auf das Türklingeln wartete, erwachte Evelina, kam barfuß heraus und schlang ihm die Arme um den Hals.
    »Mein Sonnenschein, wie spät ist es?« Vor einem Kuss rettete Sergej das Klingeln.
    Pleschakow kennt sie bestimmt. Es ist gut, dass sie hier ist. Dann hat der Sicherheitschef weniger Grund, Verdacht zu schöpfen.
     Allerdings habe ich keine Ahnung, ob ich die beiden miteinander bekannt machen muss, überlegte er, während er die Tür öffnete.
    »Ich kenne Sie, ich glaube, wir sind uns schon einmal begegnet«, zwitscherte Evelina mit rauher Stimme und reichte Pleschakow
     die Hand. »Aber ermüden Sie Stas bitte nicht allzu sehr mit geschäftlichen Dingen. Es geht ihm noch ziemlich schlecht.«
    Pleschakow nickte ihr lässig zu. »Ich werde mich bemühen. Guten Tag, Stanislaw. Ich entschuldige mich nochmals für die Störung.
     Wo können wir reden?« Er warf einen Blick auf Evelina, die noch immer an Sergejs Hals hing.
    »Schon gut.« Sie löste ihre Umarmung, küsste Sergej auf die Nase und sagte: »Wenn du nichts dagegen hast, nehme ich ein Bad.«
    »Ich werde Sie nicht lange aufhalten«, sagte Pleschakow lächelnd und schaute der großen schlanken Gestalt nach.
    »Kaffee? Tee?«, fragte Sergej höflich und wies dem Gast den Weg ins Wohnzimmer.
    »Nicht nötig, danke. Sie müssen einige Papiere unterschreiben.«
    Er setzte sich in einen Sessel und nahm eine dünne Plastikmappe aus seiner Aktentasche.
    Sergej hatte Gerassimows Schrift und seine Unterschrift lange genug trainiert, trotzdem zuckte seine Hand kurz, als Pleschakow
     einen Parker aus der Brusttasche zog und ihm reichte. Sergej nahm ihn entgegen, vertiefte sich in die Papiere und begriff
     zunächst kein Wort.
    »Hier, wie immer alles in zwei Exemplaren. In Russisch und Englisch«, erklärte Pleschakow.
    Sergejs Augen huschten fieberhaft über die Zeilen mit den mehrstelligen Zahlen, bis er endlich begriff, dass es sich um eine
     Zahlungsanweisung handelte. Für eine Partie Computer, geliefert an die Firma »Omega«, die an die Bank »Famagusta« in Nikosia
     auf Zypern 150   000 US-Dollars überwies. Auf das Privatkonto des Beraters für die Musterlieferung überwies die Firma »Omega« 70   000, an dieselbe Bank.
    »Irgendetwas unklar?«, erkundigte sich Pleschakow höflich, und an seiner Intonation erkannte Sergej, dass Gerassimow solche
     Papiere nie las, sondern sie unbesehen unterschrieb.
    »Meine Augen tun weh«, bekannte er seufzend. »Entschuldigen Sie, ich brauche Augentropfen.«
    Er legte den Parker beiseite, lief ins Arbeitszimmer, schloss die Tür hinter sich, griff nach einem Bleistift, kritzelte alle
     Zahlen, an die er sich erinnerte, auf einen Zettel und steckte ihn in die oberste Schublade. Dann ging er gelassen zurück
     ins Zimmer und setzte Gerassimows Unterschrift unter die Papiere. Dabei ließ er sich Zeit und überprüfte, ob er sich die langen
     Zahlenreihen, die Kontonummernund den Namen des Beraters richtig eingeprägt hatte.
    Schließlich war alles unterschrieben. Pleschakow steckte die Papiere sorgfältig zurück in die Mappe und stand auf.
    »Danke, Stanislaw. Ich will Sie nicht länger in Anspruch nehmen. Ruhen Sie sich aus,

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