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Der falsche Engel

Der falsche Engel

Titel: Der falsche Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polina Daschkowa
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erwiderte Evelina nachdenklich. »Es stimmt doch, dass dein Georgi Wachmann im Lager war?
     Na los, denk nach, Gerassimow! Das ist wichtig. Wichtig für dich, verstehst du? Als ich dich in jener Nacht in meiner Wohnung
     fragte, warum wir nicht die Miliz gerufen haben, hast du gesagt, Georgi könnte durchaus eigene Probleme gehabt haben. Hast
     du nie daran gedacht zu überprüfen, wo genau er gedient hat? Welche Gefangenen er bewacht hat?«
    Der Löffel erstarrte in Sergejs Hand. Der Kaffee schäumte bedrohlich auf, doch im letzten Moment riss er den Kaffeekocher
     von der Platte, ohne einen einzigen Tropfen zu verschütten.
    Er sah sich nach Tassen um, entdeckte keine und fragte Evelina verwirrt: »Lina, weißt du zufällig, wo meine Kaffeetassen stehen?«
    Sie schloss den Bademantel und war nun endgültig nüchtern. Wütend mit den Gelenken knackend, stand sie auf, ging in die Küchenecke,
     stieß Sergej ziemlich grob beiseite, öffnete einen Hängeschrank, stellte klirrend zwei Tassenauf den Tresen und schimpfte leise: »Setz dich hin, du Unglücksrabe! Lauf mir nicht vor den Füßen rum!«
    Sergej setzte sich folgsam in einen Sessel am Couchtisch. Sie schenkte den Kaffee ein, ließ sich ihm gegenüber nieder und
     starrte ihn mit zusammengekniffenen Augen an.
    »Also, der Sicherheitschef deiner Bank war heute hier. Bestimmt weiß er über die Vergangenheit seines ehemaligen Untergebenen
     Bescheid. Bist du nie auf die Idee gekommen, ihn nach Georgi zu fragen? Was denkst du dir eigentlich, Stas? Du bist so sehr
     daran gewöhnt, dass andere deine Probleme lösen! Mama bringt dir was zu essen, Papa kauft dir ein neues Auto, und die dumme
     Lina wischt dir den Rotz ab, ja? Herrgott, was machst du so viel Zucker in den Kaffee? Wie oft muss ich dir das noch sagen,
     ich mag ihn nicht süß!« Sie stand auf, goss den Kaffee in den Ausguss und ging türenknallend ins Bad.
    Sergej blieb sitzen. Ihm dröhnte der Kopf. Er versuchte krampfhaft, das Ganze zu ordnen. Das Moniereisen. Mascha Demidowa
     war in eine Baugrube gestürzt und von einem Moniereisen aufgespießt worden. Es war ein Unfall, doch das Gericht hatte es anders
     beurteilt. Michejew hatte eine unverhältnismäßig harte Strafe bekommen. Die Firma »Omega« überweist Geld auf das Privatkonto
     der Sängerin Angela Boldjanko, Stas unterschreibt die entsprechenden Papiere. Angela ist eng befreundet mit Ismailow. General
     Gerassimow ist schwerkrank, und das beunruhigt den Sicherheitschef, der Stas die Überweisungspapiere zum Unterschreiben bringt.
     Michejew lebt, er ist eine Kriminellenautorität geworden.
    Vom Telefonklingeln schreckte Sergej auf.
    »Warum haben Sie das Handy noch immer nicht eingeschaltet?«, fragte Raiskis weiche Stimme. »Warum melden Sie sich nicht? Was
     ist los bei Ihnen?«
    Sergej hörte die Badtür gehen und flüsterte hastig: »Ich kann jetzt nicht reden, Evelina ist hier.«
    »Und?«
    »Bisher alles in Ordnung.«
    »Na dann, herzlichen Glückwunsch zum Debüt.«
    Sie kam herein; komplett angezogen, gekämmt und geschminkt, setzte sich auf seine Sessellehne, leerte seelenruhig seine Kaffeetasse,
     umarmte ihn, ließ ihre Lippen langsam über seinen Hals gleiten und flüsterte: »Genug geschwatzt, bring mich zur Tür.«
    »Warum sagen Sie nichts?«, fragte Raiski beunruhigt.
    »Ich fahre heute Nacht nach Scheremetjewo, meine Eltern abholen«, antwortete Sergej laut. »Jegor schickt mir einen Wagen.«
    »Entschuldigen Sie«, brummte Raiski, »ich hab selber erst vor einer halben Stunde erfahren, dass sie heute kommen. Das war
     nicht geplant. Deshalb rufe ich Sie an, um Sie zu informieren. Mit Pleschakow haben Sie also auch schon gesprochen?«
    »Er war gerade hier, ich hab Zahlungsanweisungen unterschrieben.«
    »Was für Zahlungsanweisungen? Wovon reden Sie?«
    »Ach, das Übliche, aber Sie wissen doch, das ist nichts fürs Telefon. Was sagen Sie? Ach ja, ich hab ein paar Narben, ziemlich
     auffällige. Ich fürchte, meine Eltern werden mich gar nicht erkennen.«
    »Keine Sorge, ich habe den General informiert.«
    »Ich hoffe, er bereitet Mama auch schonend vor.«
    »Da machen Sie sich mal keine Hoffnungen.« Raiski lachte. »Wir haben verabredet, dass Ihr Papa Ihrer Mama ohne meine ausdrückliche
     Anweisung nichts sagt.«
    »Na, das wird ja eine Überraschung. Wie? Was? Das weiß ich nicht genau. Pleschakow hat nicht gesagt, ob sie allein kommen
     oder in Begleitung.«
    Evelina rutschte von der Lehne auf seinen Schoß. Er

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