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Der falsche Spiegel: Roman (German Edition)

Der falsche Spiegel: Roman (German Edition)

Titel: Der falsche Spiegel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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ein!«
    Meiner Ansicht nach tut er das sowieso nicht. Im Gegenteil …
    Dschingis trennt nicht mehr viel von uns, er befindet sich jetzt etwa auf der Höhe eines neunstöckigen Hochhauses.
    Und da passiert es.
    Dschingis’ Arme fliegen auseinander. Die beiden Hälften der Schlaufe sind nirgends zu sehen, aber man braucht nicht viel Fantasie, um zu ahnen, dass sie hinter Dschingis herfliegen.
    »Nein!«, schreit Pat und stürzt zum Seil. Bastard packt ihn blitzschnell beim Kragen, sagt aber kein Wort.
    Dschingis schießt unterdessen kopfüber zu Boden. Immerhin verkraftet der Riemen um seine Taille, mit dem er an der Trosse
gesichert ist, den Ruck und reißt nicht. Doch Dschingis saust quasi im freien Fall nach unten. Was das heißt, wissen wir alle.
    »Der Himmel steh ihm bei«, presst Bastard heraus. Pat fängt daraufhin an, ihn verzweifelt zu treten, aber Bastard scheint das nicht einmal zu bemerken.
    Dschingis bleiben nur noch wenige Sekunden bis zum Aufprall – da schafft er es, sich wieder ans Seil zu klammern. Vollständig abbremsen wird er selbstverständlich nicht mehr können, aber immerhin ist sein Flug verlangsamt.
    Als Dschingis auf dem Beton aufschlägt, bringt er keinen einzigen Ton heraus.
    Dafür schreit Pat aus voller Kehle.
    Nike stürzt als Erste zu Dschingis. Sie sieht ihn kurz an, holt ein MedKit heraus – ich wusste nicht mal, dass sie noch eins hat – und presst es auf Dschingis’ Körper.
    »Bitte nicht«, stöhnt Dick und holt sein MedKit heraus.
    Nach dem dritten und letzten MedKit, das von Maniac stammt, öffnet Dschingis die Augen.
    »Du siehst aus wie ein Zombie«, sagt Pat. Sobald Nike sich um Dschingis gekümmert hat, hat er sich beruhigt. Jetzt schämt er sich offenbar für sein Gejammer in Grund und Boden.
    »Kann ich mir vorstellen«, antwortet Dschingis.
    Er ist über und über mit Blut beschmiert, was merkwürdig ist, denn eine Wunde ist nirgends zu sehen. Aber die Programme des Labyrinths stellen den Grad einer Verletzung nun einmal auf ebendiese Weise dar. Dschingis’ Auge ist geschwollen, seine Handschuhe sind zerfetzt.
    »Wieso ist der Riemen gerissen?« Bastard beugt sich über ihn und zerrt ihn mit einer Bewegung hoch. Dschingis schwankt, hält sich aber auf den Beinen.
    »Meine Hände sind rausgerutscht«, berichtet Dschingis. »Komisch …«
    »Was soll daran komisch sein?«, will Crazy wissen. »Es ist erstaunlich, dass nur dir das passiert ist.«
    »Komisch, dass ich noch lebe.«
    »Gibt es noch mehr MedKits?« Nike sieht einen nach dem andern von uns an.
    Ich halte Dschingis schweigend das Sandwich hin, das ich dem Magier abgeknüpft habe.
    »Danke, aber ich kriege keinen Bissen runter!«
    »Das sind fünf Prozent Lebenskraft!«, fahre ich ihn an.
    Daraufhin beißt Dschingis mit finsterer Miene in das Brot, zu einer erkennbaren Verbesserung seines Zustands führt die Nahrungsaufnahme jedoch nicht.
    »Weißt du was?«, gickelt Pat. »Wir schicken dich voraus, damit du die Monster erschrickst.«
    »Auf die müssen wir erst mal stoßen. Gibt es hier einen Ausgang? «
    Ohne uns abzusprechen, schwärmen Crazy und ich aus. Ich gehe nach links, er nach rechts. Wir umrunden das Innere dieses Wolkenkratzers und treffen uns bei den anderen wieder. Nirgends gibt es eine Tür.
    »Dann erschießt mich!«, verlangt Dschingis. »Ich bräuchte nämlich dringend noch ein paar MedKits.«
    »Einen Moment noch.« Crazy geht zu Maniac. »Gib mir deine Bankverbindung.«
    Es dauert eine Weile, bis sich auf Maniacs Gesicht ein Grinsen abzeichnet. »Auch die Nummer der Kreditkarte und die PIN?«
    »Die kannst du selbst eingeben, wenn du die tausend Dollar abhebst.«
    »Tausend Dollar?«
    »Heute Morgen habe ich den Aufsichtsrat vom Labyrinth darüber informiert, dass ich für eine Sicherheitsinspektion im Labyrinth
Dritte hinzuziehen muss. Du hattest doch den Auftrag zu zeigen, dass man nach wie vor Viruswaffen ins Labyrinth einschmuggeln kann, oder nicht?«
    Sogar Dschingis’ Laune scheint sich zu bessern.
    »Das heißt, wir brauchen nicht mit einer Anzeige zu rechnen?«, präzisiert Maniac.
    »Wie kommst du denn darauf? Wenn ihr in unserem Auftrag gehandelt habt …«, fragt Crazy mit angedeutetem Schmunzeln zurück. »Den ich euch gestern Abend erteilt habe.«
    »Hättest du das nicht eher sagen können?«
    »Ich hielt es für besser, das erst jetzt zu tun.«
    Ich verstehe Crazy. Wir brauchen dringend etwas, das uns aufmuntert. Bei guten Nachrichten musst du manchmal ebenso auf den

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