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Der falsche Spiegel: Roman (German Edition)

Der falsche Spiegel: Roman (German Edition)

Titel: Der falsche Spiegel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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vorn macht.
    »Du hast gesagt, dass du eine Freundin bist!«, explodiert Pat da.
    Das ist es also, was er nie verzeihen wird.
    »Nike ist nicht der Dark Diver!«, schreie ich. Doch da ist es schon zu spät.
    Pat feuert.
    So was habe ich noch nie gesehen. Aus dem Lauf schießt eine orangefarbene Flamme, die den Dark Diver einhüllt und lichterloh brennen lässt.
    »Du hattest mal einen Rechner!«, trumpft Pat auf.
    Doch da erlischt das Feuer, schrumpft in sich zusammen, als habe es sich selbst verschmaust.
    Und der falsche Pat ändert erneut sein Aussehen. Er wächst, verwandelt sich in einen gelenkigen, hochaufgeschossenen und von hinten nicht zu erkennenden Mann, der mir trotzdem vage bekannt vorkommt.
    »Du solltest wissen, dass ich im Moment nicht über einen konkreten Computer laufe, du kleine Rotznase«, teilt ihm der Dark Diver mit.
    Dann schießt er. Die Pistole, die bis eben noch im Halfter gesteckt hat, liegt nun in seiner Hand.
    Das hättest du besser nicht getan!
    Ich stehe auf und mache einen Schritt – ich bin schon fast wieder fähig zu gehen.
    Aber … was ist das?
    Pat geht nicht zu Boden wie ein gefällter Baum, sondern steht nach wie vor auf beiden Beinen.
    Hat der Dark Diver etwa sein Können verloren?
    »Scheiße!« Derjenige, den ich nur von hinten sehe, senkt die Waffe. »Was …?«
    Auf Pats Gesicht zeichnet sich ein Grinsen ab. Ganz kurz nur, und vermischt sich dann mit Verwirrung und Angst. Dann lässt er seine Waffe fallen und greift sich mit beiden Händen an die Brust.
    Ans Herz.
    Tiefe, Tiefe …
    Die unsichtbare Leine knirscht, reißt aber nicht. Ein straffes Gummiband legt sich mir übers Gesicht.
    Der Dark Diver springt an Pat vorbei und stürzt in den Flur.
    »Pat!«, schreie ich.
    »Mein Herz schlägt nicht mehr!«, spricht Pat erstaunt das aus, was ich bereits begriffen habe.
    Ich kann ihn gerade noch auffangen, als er wegsackt, und ihn auf den Boden betten. Nur bringt das rein gar nichts. Ihn kann jetzt nur eine Herzmassage retten, eine starke, professionelle, unbarmherzige, die ihm ein paar blaue Flecken und gebrochene Rippen einträgt. Damit das Blut ja weiter durch den kleinen Körper fließt und sein dummes Gehirn versorgt …
    »Pat!« Dschingis springt hoch, schmeißt dabei den schweren Sessel um und kommt auf allen vieren zu uns gekrabbelt. »Pat!«
    Im Gegensatz zu mir versteht er was von einer Herzmassage. Seine Hände legen sich auf die Brust des Jungen, pressen auf ihn ein und tun alles, um ihn wiederzubeleben.
    Nur wird das nicht klappen! Nicht in der Tiefe ! Nicht wenn Pat einen teuren VR-Anzug trägt, der jeden kräftigen Stoß in eine zarte Berührung verwandelt!
    Nein, Dschingis muss das in der Realität machen, in der realen Wohnung, wo Pat jetzt vom Stuhl rutscht, sich über die Brust kratzt, als wolle er zu seinem nicht mehr schlagenden Herzen vordringen.
    »Dsching, sterbe ich jetzt?«, flüstert Pat tonlos.
    Aus den Augenwinkeln heraus beobachte ich, wie Bastard aufsteht und wie ein betrunkener Zombie auf uns zutorkelt.
    Tiefe, Tiefe …
    Die unsichtbare Kette gibt einen weiteren Laut von sich. Doch auch diesmal scheitere ich. Die Tiefe gibt mich nicht frei!
    Andererseits würde ich Pat selbst dann nicht retten können, wenn ich aus der Tiefe herauskäme. Ich bin ja bei mir zu Hause, ich bin viel zu weit weg. Nur Dschingis könnte dem Jungen helfen.
    »Tritt aus!«, schreie ich Dschingis zu, der Pat unverändert in der Tiefe eine Herzmassage verabreicht. »Tritt aus, du Idiot! Wo steht dein Rechner?«
    Dschingis sieht mit irrem Blick zur Decke. Mist, das ist zu weit weg. Mit unseren halbtoten Körpern kommen wir nicht durch diese endlose virtuelle Wohnung. Selbst wenn Dschingis in der Realität nur wenige Meter von Pat getrennt wäre, vielleicht im Zimmer nebenan säße – hier, in der Tiefe , ist dieser Weg für ihn zu lang.
    »Dann geh ohne Rechner raus!«, brülle ich. Als ob ich vergessen hätte, wen ich vor mir habe. Als ob ein normaler Mensch dazu imstande wäre. Als ob jemand, der kein Diver ist, diesen regenbogenfarbenen Wirbel zerreißen und sich den Helm abnehmen kann. »Tritt aus, du Blödmann! Du schaffst das! Das ist alles bloß Illusion! Betrug!«
    Tiefe, Tiefe …
    Pat sagt bereits nichts mehr. Er starrt nur mit einem Blick, der immer trüber wird, vor sich hin. Vielleicht sieht er aber auch schon gar nichts mehr, vielleicht ist das nur unsere Hoffnung, die sich in der trügerischen Tiefe in die Illusion von Leben verwandelt hat.
    »Das kann

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