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Der FC Bayern und seine Juden

Der FC Bayern und seine Juden

Titel: Der FC Bayern und seine Juden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietrich Schulze-Marmeling
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Heeres zum Kriegsgerichtsrat der Reserve ernannt worden. Wie Arthur Heinrich recherchierte, leitete Riebow »mindestens 130 Verfahren gegen Wehrmachtsangehörige. Dabei ging es vornehmlich um Delikte wie unerlaubte Entfernung, Fahnenflucht, Ungehorsam, militärischer Diebstahl, Wachverfehlung und widernatürliche Unzucht (homosexuelle Beziehungen).« Riebow verhängte zwei Todesstrafen. Der Kanonier Hans N. wurde wegen angeblicher Fahnenflucht zum Tode verurteilt, was dem Oberbefehlshaber des Heeres aber zu hart erschien, weshalb er die Strafe in 15 Jahre Zuchthaus umwandelte. Auch beim zweiten Riebow-Opfer, Willi K., bewies der spätere DFB-Richter Entschlossenheit und Härte. Den ursprünglichen Vorwurf der unerlaubten Entfernung von der Truppe politisierte Riebow zum Delikt der Fahnenflucht, das mit der Todesstrafe geahndet werden konnte.
    1972 wird der mittlerweile pensionierte Riebow ein Büchlein mit dem Titel »Amtsrichter Pankoken« veröffentlichen, das aus Justiz-Anekdoten besteht. In der Anekdote »Der Ausgleichs-Cohn« geht es um einen Rechtanwalt. Den Namen »Cohn« gibt Riebow seiner Figur, »weil das ein häufig vorkommender jüdischer Name ist und weil wir unserem Helden ja einen richtigen Namen nicht geben wollen«. Ein Held ist dieser Cohn aber mitnichten, vielmehr wird er als ziemlicher Kleingeist porträtiert. Offensichtlich handelt es sich bei Riebow auch noch 27 Jahre nach dem Untergang des »Dritten Reiches« um einen unverbesserlichen Antisemiten, der nun in seiner Anekdote vom »Ausgleichs-Cohn« »jenes uralte Vorurteil, die Juden würden in diversen Berufssparten (etwa bei den Rechtsanwälten) dominieren und andere (in diesem Fall ›Christenkinder‹ genannt) an den Rand drängen (…), wieder aufgetischt«. (Arthur Heinrich)
    Die Verhandlung und das Urteil gegen den FC Bayern sind ein letzter Gruß aus der Ära Linnemann.
    Am 26. Juli 1962 hat der Spuk endlich ein Ende. Im Goldsaal der Dortmunder Westfalenhalle votiert der DFB-Bundestag mit 102:26 Stimmen für die Einführung einer »zentralen Spielklasse mit Lizenzspielern unter Leitung des DFB«, genannt »Bundesliga«. Nicht nur der Druck der Verhältnisse, auch die Biologie hatte hierzu ihren Beitrag geleistet. Der Historiker Rudolf Oswald: »Ende der 1950er, Anfang der 1960er setzte an der Spitze des deutschen Fußballs der Generationswechsel ein. 1958 schied Carl Koppehel aus dem Amt des DFB-Sekretärs, 1962 wurde Peco Bauwens als Präsident des Verbandes durch Hermann Gösmann abgelöst, 1964 übergab schließlich Bundestrainer Sepp Herberger den Stab an Helmut Schön. (…) Im Gegensatz (…) zu ihren Vorgängern, die von den vermeintlichen Verwerfungen der Moderne geradezu besessen schienen, hatte für den neuen DFB-Chef und den neuen Bundestrainer die Zivilisation ihren Schrecken verloren. (…) Als Pragmatiker (…) konnten Gösmann und Schön darangehen, die wirklich drängenden Probleme des deutschen Fußballs – Leistungsschwäche und Entlohnungsfrage – einer Lösung zuzuführen. Beide leiteten Reformen ein, zu welchen die alten Kader vom Schlage eines Bauwens oder Koppehel aufgrund ideologischer Voreingenommenheit nie in der Lage gewesen wären.«
    Erinnerung an Richard Dombi
    Als in den Niederlanden mit der Saison 1954/55 eine Profiliga eingeführt wird, erinnert sich Feyenoord Rotterdam der Erfahrungen und Fähigkeiten des »Wonderdoktors« Richard Dombi – jenes jüdischen Trainers, der den FC Bayern 1932 sowie Feyenoord 1936 und 1938 zum Meistertitel geführt hatte. Feyenoord muss um den Klassenerhalt kämpfen, aber »mit seiner (Dombis) Unterstützung konnten die notwendigen Punkte gegen den Abstieg errungen werden«, führt die Klubchronik aus. Dombi hängt noch ein Jahr dran, aber im Sommer 1956 ist endgültig Schluss. Feynoord zahlt Dombi eine Pension auf Lebenszeit. Der Klub-Chronist schreibt später: »Mit Worten ist es schier unmöglich, die Größe Dombis zu beschreiben. Vom Himmel gesandt wurde uns der größte Trainer, der jemals in den Niederlanden tätig war. Er war es, der Feyennoord eigentlich erst gelehrt hat, Fußball zu spielen.« Andreas Wittner: »Noch heute wird Dombi in Rotterdam verehrt und auf eine Stufe mit Ernst Happel gestellt, unter dessen Regie Feyenooord 1970 den Europapokal der Landesmeister gewann.« Im Juni 1963 erliegt Richard Dombi 75-jährig in Rotterdam einer langen Krankheit.
    Einige Wochen später, am 13. Juli 1963, tritt der FC Bayern in der Intertotorunde bei Sparta Rotterdam

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