Der FC Bayern und seine Juden
Klub auf dem Kontinent gespielt und dreimal gegen dessen Lokalrivalen Blue Stars St. Gallen.
Die nächsten Stationen sind Zürich und Bern. In der Hauptstadt findet Landauer im Konsulat Luxemburgs eine vorübergehende Herberge. Aber er will weiter nach Genf, wo bereits die mit ihm befreundete Maria Klopfer wohnt. Sie ist eine geborene Klauber, Schwester von Ernst, Siegfried und Ludwig Klauber, also den Inhabern jenes Textilgeschäftes, in dem Landauer vor seiner Festnahme beschäftigt war.
Marias Ehemann ist der jüdische Bankier Theodor Klopfer, bis Anfang 1937 mit seinem Bruder Max Gesellschafter des von seinem Vater gegründeten Bankhauses Sigmund Klopfer in der Münchner Schützenstraße 37. Am 31. August 1938 war Theodor Klopfer nach Palästina emigriert. Ehefrau Maria ist am 26. Februar 1939 mit ihren Eltern nach Genf geflüchtet.
Trotz der Hilfe von Freunden ist Landauers Status prekär. Seine erste Aufenthaltsgenehmigung gilt bis zum 17. August 1939. Sie wird dann nach und nach verlängert, zunächst bis zum 17. November und schließlich bis zum 15. Januar 1940. Jegliche wirtschaftliche Tätigkeit wird ihm untersagt. Zunächst wohnt er im Genfer Hotel Regina am Quai du Mont Blanc, im Februar 1940 bezieht er ein Zimmer in der Pension Schneller in der Rue Ami Lévrier. Drei Monate später wird die Pension Elisabeth in der Rue Thalberg sein Zuhause. Seine Hotelrechnungen bezahlt der großzügige Theodor Klopfer, der später von Palästina in die USA geht und von dort mithilft, dass seine Frau Maria mit ihren Eltern ebenfalls in die USA auswandern kann.
Laut Auskunft des Stadtarchivs in Genf war die Schweiz nicht Landauers erste Option. Landauer habe ebenfalls in die USA gewollt, auch um ein dort deponiertes Vermögen in Besitz zu nehmen und zu verwalten. Ein entsprechender Einwanderungsantrag (mit der Nr. 35879) sei von Stuttgart aus gestellt worden. Bei dem Vermögen dürfte es sich um den Erlös aus dem am 30. Dezember 1937 erfolgten Verkauf des Landauer-Hauses in der Kaufingerstraße 26 gehandelt haben. Es war am 30. Dezember 1937 von der Firma F.W. Woolworth u. Co. GmbH erworben worden. (Das Landauer-Haus in der Kaufingerstraße 28 war bereits 1919 je zur Hälfte an die Münchner Lichtspielkunst AG und den Lichtspieltheaterbesitzer Wilhelm Kraus veräußert worden.)
Landauers Einwanderung in die USA sei aber gescheitert, ebenso der Umweg über Kuba. Viele jüdische Flüchtlinge betrachteten seinerzeit die Karibik-Insel als Sprungbrett in die USA. Trotz strikter Einwanderungsbeschränkungen gelang es etwa 11.000 jüdischen Flüchtlingen, die NS-Jahre auf Kuba zu überleben. Aber Ende Mai 1939 erhält die Option Kuba einen schweren Dämpfer. Am 13. Mai hatte das HAPAG-Schiff »St.Louis« mit über 900 deutschen Juden an Bord den Hamburger Hafen mit Ziel Havanna verlassen. Die meisten der Passagiere wollen auf Kuba nur auf ihr amerikanisches Visum warten. Als das Schiff nach 14 Tagen Havanna erreicht, erklärt die kubanische Einwanderungsbehörde die Landungsgenehmigungen überraschend für ungültig. Wochenlange Verhandlungen zwischen dem »American Joint Distribution Committee« und der Regierung in Havanna bleiben erfolglos. Schließlich muss das Schiff die Rückreise antreten und landet in Antwerpen.
Kuba also fällt aus, und auch Landauers Bemühungen um Einwanderung in die Dominikanische Republik und Luxemburg sind laut Stadtarchiv Genf nicht von Erfolg gekrönt gewesen. Im Sommer 1941 verschwindet endgültig die Option USA. Am 1. Juli 1941 tritt dort – als Folge des von US-Präsident Franklin Delano Roosevelt verkündeten uneingeschränkten Ausnahme- und Notzustandes – eine Neuregelung des Einwanderungsgesetzes in Kraft, die ein Ende der liberalen Einwanderungsphase bedeutet.
Landauers Aufenthaltsgenehmigung wird daraufhin im Drei-Monats-Rhythmus verlängert. Erst am 1. Juni 1947 wird er die Schweiz wieder verlassen. Kurt Landauer hat überlebt. Doch vier seiner fünf Geschwister werden von den Nazis ermordet.
Die Ermordung der Landauers
Am 20. November 1941 verlässt der erste Deportationszug mit 999 Personen den Bahnhof München-Milber tshofen in Richtung Kaunas/ Litauen. Im Zug befindet sich auch Dr. Paul Gabriel Landauer, ein Bruder von Kurt Landauer. Die Massendeportation der Juden aus dem Münchner Stadtgebiet hat begonnen, und der Zug vom 20. November wird der größte von insgesamt 42 »Judenzügen« sein, die München bis zum 22. Februar 1945 mit insgesamt rund 3.000 Münchner Juden
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