Der Feind
Wenige Sekunden später kam der Hund erneut gelaufen, und Gould warf den Ball noch einmal, diesmal noch ein Stück weiter. Er blickte auf die Uhr; es war zehn Minuten nach acht. Er schätzte, dass es etwa fünf Minuten dauern würde, bis die Gasbehälter leer waren. Während er immer wieder einmal den Tennisball warf, ging er mit vier seiner sechs Benzinkanister zum Haus zurück. Er ließ sich auf ein Knie nieder und horchte, ob noch Gas aus den Kanistern strömte. Das zischende Geräusch hatte aufgehört, also schloss er die Ventile und zog die Schläuche vorsichtig aus der Belüftungsöffnung in der Hauswand. Rasch verschloss er das Loch mit etwas Klebeband und stellte dann die Benzinkanister in einer Reihe zwischen dem Haus und dem großen Gastank auf.
Mit einem Schraubenschlüssel kroch er unter den großen Gasbehälter und begann die Gasleitung zu lockern, die von der Unterseite des Tanks wegging und unterirdisch ins Haus führte. Nach jeder halben Umdrehung hielt er inne und lauschte. Er wollte nicht, dass die Verbindung zu locker war, weil die Nachbarn oder Rapp und seine Frau sonst vielleicht das Gas riechen würden. Er drehte noch einmal leicht an der Verbindung und hörte ein leises Zischen, worauf er einen Hauch von Propangas wahrnahm. Er blieb noch einige Minuten in dieser Position, um sich zu vergewissern, dass der Gasaustritt konstant war, ehe er wieder unter dem Behälter hervorkroch und die Verschlüsse an den Benzinkanistern aufschraubte.
Wenn alles planmäßig verlief, würden die Benzinkanister durch die Explosion umgeworfen und das freigesetzte Benzin würde in Sekundenbruchteilen zum großen Gastank gelangen. Der Feuerball aus dem Haus würde das Benzin entzünden, das sich wiederum mit dem austretenden Gas aus dem Tank vermengen würde. Die zweite Explosion würde das Verlängerungskabel, das Empfangsteil, die Benzinkanister und wahrscheinlich das ganze Haus vernichten. Es würden keine Spuren übrig bleiben, sodass alles auf die Chesapeake Bay Propane Company hindeuten würde.
38
Als Rapp aus dem Narkoseschlaf erwachte, fühlte er sich ziemlich benommen. Es dauerte einige Augenblicke, bis ihm bewusst wurde, dass er im Krankenhaus war. Er blickte sofort auf sein Knie hinunter. Das Bein war noch da, aber er spürte absolut nichts. Es war hochgelagert und mit einer Decke verhüllt. Schließlich spürte er eine sanfte Berührung und stellte fest, dass Anna seine Hand hielt. Langsam drehte er den Kopf zur Seite und blickte in die wunderschönen grünen Augen seiner Frau. Rapp blinzelte einige Male und sah sich in dem Zimmer um. Die Vorhänge waren zugezogen. Er hatte keine Ahnung, wie lange er geschlafen hatte. Als er sich wieder Anna zuwandte, sah sie ihn mit ihrem strahlenden Lächeln an und fragte ihn, wie es ihm ging.
»Ich habe Durst«, antwortete er mit heiserer Stimme.
Sie hob das Bett etwas an und ließ ihn Wasser mit dem Strohhalm trinken. »Die Ärzte sagen, es ist alles bestens gelaufen.«
Rapp blickte sich erneut im Zimmer um. »Wie spät ist es?«
»Kurz vor elf.«
»Vormittag?«
»Ja.«
Rapp rieb sich die Augen. »Wann können wir von hier abhauen?«
Sie lächelte. »Ich habe ihnen schon gesagt, dass du sicher gleich aufbrechen willst.«
»Kannst du mal Licht machen?«
Anna stand auf und zog die schweren grauen Plastikvorhänge zurück.
Rapp blinzelte. Er machte ein Gesicht wie jemand, der extrem verkatert war und das Tageslicht nicht ertragen konnte. Anna wusste, dass er keinesfalls noch zwei Stunden im Bett bleiben würde, und so ging sie hinaus, um den Arzt zu holen. Wenige Minuten später kam sie mit ihm zurück, und der Arzt zog die Decke weg, die Rapps Beine bedeckte. Vorsichtig entfernte er den Verband und den Eisbeutel. Rapp betrachtete sein Knie. Es war gelb vom Betadin, das zur Desinfektion vor der Operation verwendet wurde. Rapp war überrascht, dass das Knie nicht stärker geschwollen war, und sagte das auch. Der Arzt erklärte ihm, dass die Operation sehr gut verlaufen sei. Er hatte den Knorpel gereinigt und zwei Knochenvorsprünge entfernt, die wahrscheinlich die Schmerzen verursacht hatten.
»Spüren Sie schon etwas?«, fragte der Arzt.
Rapp überlegte, mit welcher Antwort er am schnellsten nach Hause kam. »Ein wenig.«
»Tut es weh?«
Rapp zuckte die Achseln.
Der Arzt nickte. »Nachdem sie so lange mit dem Ding herumgelaufen sind, schätze ich mal, dass Sie gut mit Schmerzen umgehen können. Ihre Frau hat gemeint, Sie würden so schnell wie möglich
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