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Der Feind

Titel: Der Feind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vince Flynn
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wissen, aber zuerst müssen Sie mir Ihr Wort geben, dass Sie mit niemandem darüber sprechen.«
    Kennedy sah ihn eindringlich an. »Natürlich.«
    »Ich habe beschlossen, nicht für die Wiederwahl zu kandidieren.«
    Sie sah ihn mit großen Augen an, als sie die schockierende Neuigkeit hörte. Nachdem es nur noch etwas mehr als ein Jahr bis zum Ende der ersten Amtszeit war und die Umfragewerte gleichbleibend hoch waren, dachte niemand in der Stadt an die Möglichkeit, dass Hayes von sich aus auf eine zweite Amtszeit verzichten könnte. »Dürfte ich fragen, warum, Sir?«
    »Ich habe gewisse gesundheitliche Probleme, die verhindern, dass ich noch länger als dieses eine Jahr als Präsident arbeiten kann.«
    Sie hätte gerne gefragt, was für Probleme das waren, doch ihr war klar, dass das vielleicht zu persönlich wäre. »Das tut mir leid, Mr. President.«
    Hayes blickte zu den Uhren an der gegenüberliegenden Wand hinauf. »Parkinson«, erläuterte er schließlich. »Ist in unserer Familie schon öfter vorgekommen. Mütterlicherseits.«
    »Aber man sieht überhaupt keine Anzeichen.«
    »Es gibt sie aber, glauben Sie mir. Ich nehme seit fünf Monaten Medikamente. Zuerst haben sie gut gewirkt, aber in den letzten paar Wochen ist es schlimmer geworden. Mein Arzt meint, dass es in dieser Amtszeit noch keine gravierenden Probleme geben sollte, aber es wäre absolut vermessen, an eine zweite Amtszeit zu denken.«
    »Aber Parkinson …«
    Hayes schüttelte den Kopf. Er hatte das Problem von allen Seiten betrachtet und lang und breit mit seiner Frau darüber gesprochen. Die Frage war, ob er nach der ersten Amtszeit vier weitere Jahre voll amtsfähig sein würde. Die Antwort lautete: vielleicht, und vielleicht war nicht genug. Außerdem kam es bei einem Präsidenten auch auf die äußere Erscheinung an, und dieser Punkt hatte schließlich den Ausschlag gegeben. Hayes lächelte und sagte, zu Irene Kennedy gewandt: »Der Mann, der für das größte Atomwaffenarsenal der Welt verantwortlich ist, sollte nicht mit zittrigen Händen am Rednerpult stehen.«
    Irene Kennedy wandte sich den beiden anderen Anwesenden zu. Sie wussten alle, dass er recht hatte, und hegten großen Respekt für ihn, dass er diese schwierige Entscheidung getroffen hatte. Es gab andere, die die Macht nicht so einfach aus den Händen gegeben hätten. »Mr. President, das tut mir sehr leid.«
    »Das braucht es nicht. Dieses Amt ist größer als ein einzelner Mensch. Es war mir eine Ehre, an diesem Platz dienen zu dürfen.« Hayes sah seine beiden ehemaligen Kollegen aus dem Senat an, und sie nickten beide – Walsh mit einem Lächeln, Hartsburg mit gerunzelter Stirn. Hayes war jedoch kein Mensch, der zum Selbstmitleid neigte, und so wechselte er gleich wieder das Thema. »Irene, ich möchte Ihnen die Situation kurz erläutern. Ich habe einen Vizepräsidenten, von dem man nicht viel erwarten kann, ich habe einen Justizminister, auf den ich mich ebenfalls nicht verlassen kann, und eine Außenministerin, der reibungslose Beziehungen zu anderen Regierungen mehr am Herzen liegen als unsere langfristige nationale Sicherheit, und ich habe einen Geheimdienstkoordinator, der wahrscheinlich feiern wird, wenn er hört, dass ich Parkinson habe.« Hayes warf Hartsburg einen kurzen Blick zu. Es war Hartsburg gewesen, der Ross für das Amt des obersten Geheimdienstchefs vorgeschlagen hatte.
    »Bob«, sagte der brummige Senator, »er ist sicher ein ehrgeiziger Kerl, aber ich würde nicht behaupten wollen, dass er feiert, wenn er von Ihrer Krankheit hört.«
    »Okay, dann feiert er eben die Chance, die sich ihm bietet.«
    »Na ja, sein Start war nicht gerade großartig«, räumte Hartsburg ein und wandte sich Irene Kennedy zu. »Keine Sorge. Wir werden mit ihm reden, damit er keinen Ärger mehr macht.«
    »Die Sache ist die, Irene«, fuhr der Präsident fort, »ich will mein letztes Jahr im Amt nicht damit verbringen, in irgendwelchen Auseinandersetzungen innerhalb meines Kabinetts den Schiedsrichter zu spielen. Die Sache heute Morgen ist so schnell gekommen, dass ich mich nicht entsprechend vorbereiten konnte. Ich teile die Meinung meiner Leute nicht, aber ich verstehe auch ihren Standpunkt.«
    »Ich fürchte, ich nicht, Sir.«
    »Wir sind ein zivilisiertes Land, in dem man sich an die Gesetze zu halten hat. Wir predigen andauernd anderen Ländern die Werte der freien Meinungsäußerung und einer unabhängigen Gerichtsbarkeit. Das ist eine der wichtigsten Aufgaben des

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