Der Feind
Mann, die er nicht sehen konnte. Rapp beschloss, die Schar weiter zu dezimieren, und öffnete langsam das Fenster. Er hörte eine Stimme fast direkt unter sich und nahm an, dass die anderen vier Angreifer versuchten, die Haustür aufzubekommen. Die Kerle beim Wagen waren mindestens fünfundzwanzig Meter vom Haus entfernt, und der Schusswinkel verlangte, dass er sich auf den Boden kniete. Rapp zielte und feuerte zwei rasche Schüsse ab. Beide Männer gingen zu Boden.
Rapp schloss das Fenster und wechselte rasch das Magazin aus. Das teilweise verbrauchte Magazin steckte er in die linke hintere Hosentasche. Der Geruch von Cordit wurde stärker, und Rapp fragte sich, ob im Erdgeschoss ein Feuer ausgebrochen war. Nach den Explosionen brannte unten im Flur und im Wohnzimmer kein Licht mehr. Nur aus der Küche drang noch etwas Licht, und Rapp glaubte den Lichtschein eines Feuers aus dem Wohnzimmer zu erkennen. Der Rauch wurde eindeutig stärker. Erneut brach ein MG-Feuersturm los, und Rapp hörte, wie die Geschosse gegen das kugelsichere Glas der Wohnzimmerfenster prasselten.
Er wollte gerade zur Hintertreppe laufen, als er die Löcher in der Haustür bemerkte, die zweifelsohne von panzerbrechenden Geschossen stammten. Rapp hatte eine Idee und eilte so schnell, wie es seine verletzten Beine zuließen, die Treppe hinunter. Als er zur Tür kam, hörte er plötzlich lautes Krachen am Wohnzimmerfenster. Er linste durch ein Loch von der Größe einer Bierdose hinaus und sah höchstens zweieinhalb Meter entfernt einen Mann mit dem Rücken zu ihm draußen stehen. Rapp vermutete, dass sie ihre Bemühungen an der Tür aufgegeben hatten und es nun beim Fenster versuchten. Er steckte den Schalldämpfer durch das Loch und blickte durch das Nachtsichtvisier. Auf diese Entfernung erschien der Kopf des Mannes so groß wie ein Wasserball. Rapp drückte den Abzug und jagte dem Mann eine Kugel durch das Ohr. Der Kerl erschlaffte augenblicklich, und als er zu Boden sank, kam ein weiterer Angreifer in Sicht. Der Mann sah zu, wie sein Kamerad zu Boden ging, ohne jedoch zu wissen, was der Grund dafür war. Er wollte gerade den Mund öffnen, um einen Warnruf auszustoßen, als ihm Rapp eine Kugel in das rechte Auge jagte.
Der Mann stürzte von der Veranda in die Büsche, und jemand rief den anderen in stark akzentuiertem Englisch etwas zu. Rapp beschloss in diesem Augenblick zwei Dinge; erstens musste er sich schnell eine andere Position suchen, bevor diese Kerle noch eine Granate durch die Haustür feuerten, und zweitens würde er einen dieser Idioten lebend schnappen müssen, damit er erfuhr, wer sie waren und wer sie angeheuert hatte. Tief geduckt eilte er über den Flur zur Küche zurück. Nach seiner Zählung waren mindestens noch zwei Angreifer auf der Veranda übrig, vielleicht aber auch mehr. Durch die Küche gelangte er schließlich ins Esszimmer. Direkt vor sich sah er ein kleines Feuer in der Ecke des Wohnzimmers und ließ seinen Plan fallen. Stattdessen kehrte er zur Außentür in der Küche zurück. Der Garten war immer noch von den Lichtem der Fahrzeuge beleuchtet, und er vergewisserte sich, dass ihn niemand erwartete. Rapp entriegelte das Schloss, trat ins Freie hinaus und zog die Tür hinter sich zu. Er beschloss, nach links zu gehen, weil das die Seite war, wo er die beiden Männer getötet hatte, die unter dem Fenster vorbeigekommen waren. In der anderen Richtung lag die Garage, und er hatte keine Ahnung, was ihn dort erwartete. Er blieb geduckt und arbeitete sich zwischen den Büschen vorwärts.
58
Castillo stand mit zwei seiner Leute am Rand der Veranda. Seine Frustration wuchs mit jedem Augenblick. Das Ganze hätte eigentlich ganz einfach sein sollen. Er hatte vorgehabt, ein paar Granaten durch die Haustür zu jagen, das Haus zu stürmen und einen MG-Hagel loszulassen. Genau wie in Scarface. Das hatte er auch seinen Leuten gesagt. Es gab keinen in der Gruppe, der den Film nicht mindestens zehnmal gesehen hatte. »Schießt auf alles, was sich bewegt«, hatte er ihnen eingeschärft, »außer auf euch gegenseitig.« Das war seine einzige wirkliche Sorge gewesen – das und die anschließende Fahrt zurück in die Stadt, bei der es galt, nicht von den Bullen aufgehalten zu werden. Aber mit ihren getarnten Suburbans sollte das kein Problem darstellen. Schließlich hatten sie auch diese dummen Wächter getäuscht. Einer der Idioten hatte nicht einmal seine Waffe gezogen. Castillo musste jedoch feststellen, dass das auch schon
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