Der Feind
seiner behandschuhten Hand nahm er ein Bündel Luftballons heraus und schloss die Türen. Der Lieferwagen fuhr los, während er die Straße zum Park überquerte.
Dieser Teil des Plans beunruhigte ihn ein wenig. Ein Mann in Businesskleidung, der mit einer Handvoll Luftballons durch die Gegend lief, war nicht gerade ein alltäglicher Anblick. Bestimmt würde ihn der eine oder andere Passant erstaunt ansehen, aber der Nutzen würde bestimmt größer sein als der mögliche Schaden. Er hatte den Mantelkragen hochgeschlagen und drückte das Kinn auf die Brust. Er musste es nur einen Block weit mit den Ballons schaffen.
Seine wachsamen Augen spähten unter der Hutkrempe hervor, um nach einem Bobby-Helm Ausschau zu halten. Der Laternenmast, den er anvisierte, stand direkt hinter einer Parkbank. Von dort aus hatte man einen hervorragenden Überblick über den Park, sodass leicht einzusehen war, warum die Behörden gerade dort ihre Kameras installiert hatten. Als er zu seinem Ziel kam, verlangsamte er seine Schritte und streckte die linke Hand nach oben, während er die mit Helium gefüllten Ballons aufsteigen ließ. Sie waren so aneinandergebunden, dass der mittlere Ballon an einem etwas kürzeren Faden hing als die anderen sechs. Sie bildeten einen richtigen Korb, der sich sanft um die Kameras schloss.
Der Killer blieb jedoch nicht stehen und blickte auch nicht zurück. Der türkische Banker war bereits in Sicht; er war noch etwas mehr als zweihundert Meter entfernt und kam direkt auf ihn zu. Harry kam zum Hauptweg des Parks, der in Ost-West-Richtung verlief, und bog links ab. Der Banker blieb stehen, um bei einem Straßenhändler warme Pistazien zu kaufen. Harry sah, wie der Mann außerdem ein Säckchen Kräcker kaufte, die er an die Enten verfüttern würde, so wie er es an den beiden Tagen zuvor getan hatte. Gut , dachte er bei sich. Mach alles so wie immer, dann werden wir kein Problem haben. Und tatsächlich spazierte der Mann den Weg zum Teich hinunter, wo er sich zu einem Weidenbaum stellte und die altbackenen Kräcker in der Gegend verstreute, während er sich Pistazien in den Mund schob und weiter telefonierte.
Harry griff mit der Hand an seinen Ohrhörer, womit er automatisch die Nummer seines letzten Gesprächs wählte. Im nächsten Augenblick meldete sich seine Partnerin.
»Hier Amanda Poole.«
»Amanda, hier Harry. Wie sieht es aus?«
»Alles bestens. Die kleinen Geschenke für die Partygäste sind angekommen und sehen genauso aus, wie du es dir vorgestellt hast.«
Das hieß, dass die Ballons genau dort waren, wo sie sein sollten. »Gut.« Er warf einen kurzen Blick über die Schulter zurück. »Kommen alle zur Party?«
»Alle, die wir eingeladen haben, werden kommen.«
Die Entfernung betrug nun keine hundert Meter mehr. Er verließ den Weg und ging zum Teich hinunter. »Irgendwelche Überraschungsgäste?«
»Sieht nicht danach aus, aber wenn sich etwas ändert, lasse ich es dich wissen.«
»Gut.« Während er um eine Hecke herumging, wanderte seine linke Hand ins Innere seines Mantels, um eine schallgedämpfte Walther-PPK-9-mm-Pistole hervorzuziehen. Rasch steckte er die Waffe in die zusammengefaltete Zeitung und streifte zwei Gummibänder darüber. Der Killer spazierte weiter in Richtung Teich und hob die Zeitung hoch, als würde er darin lesen. »Ist heute Vormittag sonst noch irgendetwas los?«
»Eigentlich nicht«, antwortete die Frau. »Der Rest des Vormittags ist frei.«
»Hoffen wir, dass es so bleibt.« Er lugte über den Rand der Zeitung hinweg und sah den Türken etwa dreißig Meter vor sich.
Sein Herz schlug kaum schneller als sonst, seine behandschuhten Hände waren trocken, und seine Sinne waren hellwach. Er hörte jedes Geräusch, sah alles um sich herum und berücksichtigte auch das, was sich hinter ihm abspielte. Die Entfernung war nun auf weniger als zwanzig Meter zusammengeschrumpft, und es war weit und breit niemand in der Nähe des Ziels zu sehen. Er beschleunigte seine Schritte ein wenig, um den Umstand auszunützen, dass der Mann ganz allein war. Als er noch zehn Meter von ihm entfernt war, konnte er ihn schon ganz deutlich hören. Er ging ganz bewusst so auf den Mann zu, dass dieser ihn sehen konnte. Auf diese Weise würde es ganz normal wirken, während er, wenn er sich an den Mann herangepirscht hätte, riskieren würde, ihn aufzuschrecken.
Er schaute über den Rand der Zeitung hinweg und sah dem Mann, den er gleich töten würde, kurz in die Augen, ehe er seine
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