Der Fetisch-Mörder
sich herausstellte, hatte sie keinen Termin, doch plötzlich fiel ihm ein, dass gerade ein Fax von ihrer Mutteragentur Snap! Models daheim in Kanada für sie eingegangen war. Er zeigte auf einen vollen Ablagekorb, der neben dem Gerät stand.
Sie ging hin und suchte das Fax heraus. Ihr Name stand in großen Buchstaben oben auf dem Deckblatt. Barbara, die Inhaberin der Agentur, sprach ihr ihr Beileid aus. Eine nette Geste, aber wie konnte sie so schnell von Catherines Tod erfahren haben?
»Hat ihr jemand erzählt, was mit Catherine passiert ist?«, fragte Makedde verwirrt.
»Nein«, erwiderte Skye. »Wurde sie nicht von einer anderen Agentur betreut?«
»Ja.« Wie konnte Barbara es also erfahren haben?
Dad.
Wahrscheinlich verbreitete er die furchtbare Nachricht bereits unter den entsprechenden Leuten und kümmerte sich auf seine Weise um die Angelegenheit. Passte aus der Ferne auf seine Tochter auf, sammelte die verfügbaren Ressourcen und hielt wahrscheinlich auch ein Auge auf sie.
Makedde nahm das Fax und ging zur Tür. Sie wusste, dass man als Model quasi unsichtbar wurde, wenn man nicht entweder Zehntausend-Dollar-Aufträge bekam oder auf dem Titel einer der jüngsten Vogue- Ausgaben zu sehen war. Allenfalls in einigen ihrer Lieblingsagenturen wurde das anders gehandhabt. Nachdem sie sich noch einmal Richtung Bookertisch bedankt hatte, verließ die unsichtbare Frau leise die Agentur.
8
Catherine Gerbers Liebhaber war erleichtert, als er am Mittag die Tür hinter sich schließen und den Hörer neben das Telefon legen konnte. Er musste nachdenken. Sein Mittagessen, das er sich jeden Tag kommen ließ, stand unberührt auf dem Schreibtisch. Er konnte keinen Bissen herunterbringen – nicht vor Trauer, sondern aus Wut. Sie hatten ihm nicht exakt das Essen gebracht, das er bestellt hatte – ein Roggenbrotsandwich mit geräuchertem Lachs, Kapern, Meerrettich und Salat. Er hatte ausdrücklich Roggenbrot gesagt, nicht dunkles Mischbrot. Das war doch wirklich nicht schwer zu verstehen, und an jedem anderen Tag hätte er sich wegen des falschen Brotes heftig beschwert, doch heute war ihm beim Blick in die Morgenzeitung sowieso der Appetit vergangen. Er konnte beim besten Willen nicht ans Essen denken. Seine Gedanken kreisten um das Foto.
Catherine Gerber.
Seitdem diese Makedde Vanderwall am Freitag Catherines Leiche gefunden hatte, war jeden Tag in der Zeitung über den Mord berichtet worden. Das war ja auch in Ordnung. Es war auch gar nicht der Artikel selbst, der ihm solches Kopfzerbrechen bereitete. Es war das Foto.
Dummes kleines Miststück!
Er war immer so vorsichtig gewesen und hatte mit peinlicher Sorgfalt darauf geachtet, dass nichts ihn mit Catherine Gerber in Verbindung bringen konnte. Er war absolut sicher, dass niemand Bedeutendes sie je zusammen gesehen hatte. Und jetzt wurde dieses elende kleine Flittchen zu einer solchen Bedrohung. Das war doch verrückt!
Er nahm die Zeitung, schlug Seite drei auf und starrte das große Foto an, das den Artikel begleitete. Die Bildunterschrift lautete: Kanadisches Model – Drittes Opfer des Stiletto-Mörders. Da war sie, aufgenommen bei irgendeinem gesellschaftlichen Ereignis. Sie trug ein tief ausgeschnittenes Kleid und lächelte unschuldig in die Kamera. Um ihren Hals hing an einer feinen Kette ein Männer-Diamantring.
Sein Ring.
Verlogene kleine Schlampe!
Er hatte geglaubt, dass er ihn verloren hatte, aber da hatte er sich offensichtlich gründlich geirrt. Es musste passiert sein, als er sich im Herbst während des Ärztekongresses auf Fidschi mit ihr getroffen hatte. Wie immer hatte er äußerste Vorsicht walten lassen und ihr für das Flugticket Bargeld in die Hand gedrückt. Sie waren in verschiedenen Hotels abgestiegen, und abends hatte er sich unbemerkt zu ihr gestohlen. Nach ihrem letzten Treffen musste er den Ring auf ihrem Waschbecken vergessen haben. Ihm war erst Tage nach dem Kongress aufgefallen, dass er ihn nicht mehr hatte, doch als er sie danach gefragt hatte, hatte sie geschworen, sie hätte ihn nicht gesehen.
Hinterhältige, heimtückische Hure …
Es war ein wichtiger Ring. Sein Vater hatte eine Hand voll Topkräfte in der Firma mit einem solchen Schmuckstück ausgezeichnet, und er selber hatte auch einen bekommen. Es war ein Zeichen der Anerkennung und bedeutete, dass er sich bewährt hatte. Anders als seinem schmarotzerhaften Bruder stand ihm eine glänzende Zukunft bevor. Eines Tages würde alles ihm gehören, und der Ring war der
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