Der Feuer-Dämon
setzen, doch Siegel hielt sie aufrecht und schob sie weiter.
Mario stand in der Nähe. Vielleicht eine Schrittlänge von den beiden entfernt.
Über meinen Rücken lief eine kalte Schweißperle nach der anderen. Der Herzschlag blieb normal, aber in meiner Brust hatte sich ein fast schmerzhafter Druck ausgebreitet.
Wann ging es weiter?
Zuerst schaute sich Justus Siegel um. Es konnte sein, dass er sich einen Fluchtweg aussuchte. Dass er Mario am Leben lassen würde, daran glaubte ich nicht.
»Los, Carlesi, komm her!«
»Und dann?«
»Herkommen!«, fuhr Siegel auf.
Mario bewegte sich. Ich sah beide Parteien im Profil und bekam auch mit, unter welch einem Druck sich der Gardechef befand. Aber er hielt sich an die Regeln, was der Geiselnehmer mit einem Kichern quittierte.
Justus hielt die Frau noch immer fest. Sie boten ein krasses Bild. Er in Schwarz und sie in ihrem bunten Sommerkleid. Bei ihr reagierte nur noch die Angst.
Da passierte es – schneller, als ich gedacht hatte.
Die Frau erhielt einen heftigen Stoß und taumelte zur Seite. Sie fiel zum Glück in einen Sandhaufen, und in dieser Zwischenzeit packte Justus zu.
Er riss Mario Carlesi an sich und legte einen Arm um seine Kehle. Dann zerrte er ihn zurück, damit er in eine schräge Haltung geriet und nicht auf die Idee kam, sich zu befreien.
»Und gleich«, flüsterte Justus Siegel, »wirst du brennen!«
***
Das »gleich« zog sich hin und schien sich an dem Rot der Ampel zu orientieren.
Ein hässliches Lachen klang vor Siegels Frage auf. »Na, was ist das für ein Gefühl, wenn man weiß, dass man in den nächsten Sekunden brennen wird?«
»Gib auf, Justus, gib auf! Du kannst es nicht schaffen. Du kannst mich töten, aber du wirst die ganze Welt gegen dich haben, und das schaffst du nicht.«
»Ach, schaffe ich nicht? Du bist noch immer dieses verdammte arrogante Arschloch, das ich aus meiner Zeit bei der Garde kenne. Verflucht noch mal!«
»Nein, du bist den falschen Weg gegangen. Du und kein anderer. Begreife das endlich.«
»Du wirst brennen, Arschloch, und ich sag dir auch, wann es wo weit sein wird. Wenn die Ampel auf Grün umschlägt wirst du im Feuer stehen. Ist das ein Wort?«
Mario Carlesi schwieg. Er wusste nicht, was er dazu auch hätte sagen sollen?
Wie alle anderen Zeugen befand auch ich mich noch im Bus. Aber ich stand nicht mehr an der gleichen Stelle. Sehr, sehr langsam und auch unbemerkt hatte ich mich nach vorne bewegt, um näher an den Ausgang zu gelangen und damit auch näher an Justus Siegel und dessen Opfer. Ich hütete mich davor, eine hastige Bewegung zu machen. Siegel sollte auf keinen Fall etwas merken.
Noch klappte es.
Auch vor dem Bus veränderte sich nichts. Nach wie vor lag die Frau auf dem Sandhaufen, und da konnte sie froh sein, sich nicht verletzt zu haben.
Ein Ende war abzusehen.
Wenn die Ampel umschlug, sollte Mario brennen. Noch zeigte sie rot.
»Hast du Angst, Mario?«, zischte Justus.
»Ich bin ein Mensch!«
»Dann hast du Angst?«
»Ja.«
»Das freut mich. Denn ich habe auch Angst gehabt, in eurer verdammten Truppe zu sein. Dieser widerliche Druck, der nichts Menschliches mehr zuließ und...«
»Du hast dich freiwillig gemeldet«, erinnerte Carlesi.
»Ich weiß. Da bin ich auf eine Werbung reingefallen, die mir ein Bekannter unter die Weste geschoben hat. Aber die Zeiten sind endgültig vorbei. Ich werde das nicht noch einmal erleben, das schwöre ich dir. Ab jetzt geht es anders rund. Ich lasse mir nichts mehr diktieren, denn ab jetzt diktiere ich.«
»Du hast dir den falschen Weg ausgesucht, Justus. Die Hölle und der Teufel haben noch keinem Menschen Glück gebracht.«
Siegel lachte scharf. »Was heißt denn der Teufel? Ich habe mit einem Teufel nichts zu tun. Für mich ist ein Engel zuständig. Ein wunderbares Wesen. Der Engel mit dem Feuer. Einer, der es beherrscht und mich durch das Feuer gestählt hat.«
Es war gut, dass ich mich recht nah an der Tür aufhielt, so hatte ich jedes Wort verstehen können, und ich musste von nun an einfach umdenken, denn nicht der Teufel war sein Herr und Meister, sondern jemand anderer.
Etwas in seiner Rede hatte mich schon irritiert. Gesprochen hatte er von einem Engel, einem Feuerengel, und den Gedanken daran wurde ich einfach nicht los. Da rasten meine Gedanken, und es kam mir ein Name in den Sinn – Uriel!
Er war der Engel des Feuers. Er war auf meinem Kreuz mit dem Anfangsbuchstaben seines Namens verewigt. Das untere Ende des Längsbalkens
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