Der Feuer-Dämon
Magenbitter und einen schottischen Whisky, von dem sich Ignatius hin und wieder einen Schluck genehmigte. Das war für ihn so etwas wie eine gute Medizin.
In diesem Fall griff er zum Wasser, stellte auch zwei Gläser bereit und füllte sie bis über die Hälfte, als er die Flasche wieder zudrehte, hörte er das Klopfen.
Kurz danach wurde die Tür geöffnet, und Mario Carlesi trat ein. Er war ein hoch gewachsener Mann mit breiten Schultern, einem sonnenbraunen Gesicht und pechschwarzen Haaren, die er recht kurz geschnitten hatte. Er trug keine Uniform, sondern ein schwarzes Jackett und eine helle Hose. Das weiße Hemd stand am Hals offen. Auch ein Gardist hatte ein Recht darauf, sich zivil zu kleiden.
Beide reichten sich die Hände, und Carlesi nahm vor dem Schreibtisch auf einem antiken Stuhl Platz, der schon mehr einem Sessel glich, weil er so breit war.
Ignatius wies auf das gefüllte Glas, das sein Besucher dankbar entgegennahm. »Ja, das kann ich gut gebrauchen, nach all der Hetze in den letzten Stunden.«
»Das glaube ich Ihnen.«
Carlesi trank und stellte das Glas wieder zur Seite. Er legte die hohe Stirn in Falten, und dieser Ausdruck deutete darauf hin, dass er in seinen Ermittlungen noch nicht viel weiter gekommen war.
»Es sieht nicht gut aus, oder?«
»Nein, Father Ignatius, sieht es nicht.«
»Und das wenige?«
Carlesi hob die Schultern. »Ich traue mich fast nicht, es Ihnen zu sagen. Wo wir auch hingreifen, wir greifen ins Leere.«
»Was sagen die Zeugen?«
»Alles und nichts. Jeder hat so viel gesehen, aber es dreht sich zumeist nur um den brennenden Mann. Er stand ja plötzlich in Flammen. Wie das genau passierte, konnte mir niemand sagen, aber es gibt in diesem Wirrwarr eine übereinstimmende Aussage.«
»Welche?«
»Mehrere Zeugen haben einen Mann in einer dunklen Soutane gesehen, der mit meinem Gardisten sprach. Er stand direkt vor ihm und war erst verschwunden, als Urs Meyer in Flammen aufging.«
Ignatius schüttelte den Kopf. »Das ist mir ein wenig zu ungenau. Können Sie nicht deutlicher werden?«
»Doch, schon. Nur bringt es uns nicht weiter, obwohl jemand gesehen haben will, dass dieser Fremde meinen Mitarbeiter umarmte. So umarmte und begrüßte, als wären die beiden die besten Freunde. Aber dann brannte Urs, und der Fremde war verschwunden.«
»Was folgern Sie daraus?«
Carlesi wiegte den Kopf. »Ich weiß es nicht so recht.«
Ignatius lächelte schmal. »Bitte, hier können Sie alles sagen, was Sie denken, wir sind völlig unter uns.«
»Ich weiß.« Er seufzte und rieb sein Kinn, »wenn alles so stimmt, was man gesehen hat, dann kann man nur zu dem Entschluss kommen, dass der Mensch in der dunklen Soutane Urs Meyer angezündet hat.«
»Ja.«
Mario Carlesi war über die rasche Antwort verwundert. »Sehen Sie das auch so?«
Ignatius stimmte durch sein Nicken zu. »Nach allem, was wir gehört haben, ist dies die einzige Möglichkeit, auch wenn sie außerhalb der Norm liegt.«
»Dann ist Urs Meyer ermordet worden?«
»So sieht es aus.«
»Und wie?«
»Das ist genau das Problem, das wir lösen müssen, Signor Carlesi. Wenn wir es schaffen, ist der Rest leichter.«
Der Gardist presste seine Lippen zusammen. »Angezündet«, sagte er und schüttelte den Kopf. »Bitte, Father Ignatius, als wäre das so einfach. Auch wenn ich ein Zündholz gegen die Kleidung eines Menschen halte, geht sie nicht sofort in Flammen auf. Es sei denn, sie wurde zuvor mit einer brennbaren Flüssigkeit getränkt, und das ist bei Meyer nicht geschehen. »Das haben die Untersuchungen bereits ergeben. Dennoch brannte er urplötzlich, so sagen es die Zeugen.«
»Nach der Umarmung?«
»Genau. »
»Und wie interpretieren Sie das?«
Carlesi hob die Schultern. »Ich weiß es nicht. Ich kann dazu keine Meinung haben. Es ist für mich nicht zu fassen. Es ist ein Phänomen, mit dem ich nichts anfangen kann.«
»Es gibt eine Lösung.«
»Und welche?«
Ignatius räusperte sich. »Man kann sie als unwahrscheinlich ansehen, aber ich sehe keine andere Chance. Wenn alle Zeugen Recht haben, dann kann man sagen, dass der Fremde für dieses Feuer gesorgt hat. Er und sonst niemand.«
Carlesi saß starr. Er hielt den Mund geschlossen und atmete nur durch die Nase.
»Sie haben ein Problem damit, nicht wahr?«
Der Gardist nickte. »Allerdings.«
»Das kann ich ihnen nicht mal verübeln. Das hätte ich auch. Aber sagen Sie mir eine andere Möglichkeit. Ihr Mitarbeiter ist verbrannt, weil er umarmt wurde. Es
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