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Der Finger Gottes

Der Finger Gottes

Titel: Der Finger Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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festem Blick in die Augen, »wird er zu einer reißenden Bestie. Ich kann Ihnen keinen Tip geben, verlassen Sie sich einfach auf Ihren Instinkt. Und achten Sie auf noch etwas – fügen Sie dieser Stadt durch unbedachte Äußerungen keinen Schaden zu! Wie ich schon sagte, hier herrschen tatsächlich etwas andere Gesetze. Tja, ich schätze, jetzt bleibt mir nicht viel mehr, als Ihnen Glück zu wünschen.«
    Brackmann nickte nur gedankenverloren, stand wortlos auf, an der Tür drehte er sich noch einmal um und sagte leise, aber mit allem Zynismus dieser Welt: »Sie brauchen keine Sorge zu haben, Herr Pfarrer, ich werde diese Stadt nicht anrühren. Das hat vorgestern nacht schon eine andere Macht getan.«
    Dann verließ er die Kapelle.

Kapitel 40
    Die Doggen patrouillierten über den Rasen des Anwesens. Brackmann stoppte den Wagen am Tor, stieg aus, zog die Hose gerade, drückte die Klingel. Die gleiche schnarrende Stimme wie am Vortag. Er wurde bereits erwartet und gebeten, mit dem Wagen bis vors Haus zu fahren. Beide Flügel des Tores öffneten sich lautlos wie von Geisterhand. Brackmann lenkte den Streifenwagen über den unter den Reifen knirschenden Kiesweg bis vor die Veranda.
    Auf der obersten Treppenstufe stand ein Butler undefinierbaren Alters und bedeutete Brackmann mit unbewegter Miene, als hätte man ihm angedroht, ihn aufzuhängen, wenn er auch nur den Mund verzog, ihm ins Haus zu folgen. Er wurde in einen Raum geführt, der gleich links neben der Eingangshalle lag. Ein hoher, mit hellen Möbeln eingerichteter Raum, mit einem Schreibtisch schräg zum Fenster, einer weißen Ledergarnitur und einem klobigen Bücherschrank.
    Jonas Vandenberg ließ ihn fünf Minuten warten. Brackmann vermutete dahinter eine Taktik, die ihn verunsichern sollte. Jonas trug eine dunkelblaue Sommerhose, ein hellblaues kurzärmeliges Hemd und eine rote Krawatte. Er hatte schwarzes, mit grauen Strähnen durchzogenes Haar und kräftige, sonnengebräunte, dichtbehaarte Arme, am linken Handgelenk trug er eine schlichte, dafür um so teurere Uhr von Patek Philippe. Sein Gesicht war ernst, auch wenn er beim Händedruck lächelte, doch er hatte einen kalten, stechenden Blick; Brackmann fand, er hatte eine frappierende Ähnlichkeit mit Frau Phillips, seiner Schwester. Er war eine Spur kleiner als Brackmann, hatte einen durchtrainierten Körper – das Abbild eines erfolgreichen, zielstrebigen Mannes.
    »Guten Morgen, Herr Brackmann. Ich glaube, wir kennen uns noch nicht, oder?« Er setzte sich hinter den Schreibtischund bot Brackmann mit einer Handbewegung an, ebenfalls Platz zu nehmen.
    »Nein«, sagte Brackmann und nahm Platz, »wir hatten bis jetzt noch nichts miteinander zu tun. Weshalb möchten Sie mich sprechen?«
    »Eine sehr persönliche und gleichzeitig delikate Angelegenheit. Ich will ohne Umschweife darauf zu sprechen kommen, denn ich nehme an, Ihre Zeit ist momentan sehr kostbar, genau wie meine übrigens.« Er lehnte sich zurück, die Arme auf dem Ledersessel, kniff die Lippen zusammen, dann lächelte er wieder. »Darf ich Ihnen etwas zu trinken anbieten?«
    »Nein, danke.«
    »Gut, kommen wir also zum Wesentlichen. Seit vorgestern nacht, genaugenommen seit diesem unglückseligen Tornado, sind meine Schwägerin Sarah und deren Tochter Josephine sowie meine Nichte Csilla verschwunden. Wir, das heißt meine Familie und ich, machen uns natürlich Sorgen, ob ihnen vielleicht etwas zugestoßen ist, na ja, Sie können sich denken . . . Wenn ihnen aber nichts passiert sein sollte, dann würden wir gerne etwas über ihren Verbleib erfahren und vor allem über die Gründe, die sie bewogen haben könnten, einfach wegzugehen. Wir hoffen nur, daß kein Verbrechen dahintersteckt. Schließlich ist meine Familie zu keiner Zeit erpreßbarer gewesen als gerade jetzt, wenn Sie verstehen, was ich meine. Im Augenblick dürfen wir keine Möglichkeit außer acht lassen. Ich wollte Sie nun fragen, ob . . .«
    »… ob ich weiß, wo …«
    »Genau. Aber ich habe ja auch schon mit Ihrem Kollegen gesprochen, und der hat Sie ja, wie ich sehe, informiert –«
    »– daß Sie von mir wissen möchten, wo Ihre Nichte und Ihre Schwägerin sich aufhalten, richtig?« unterbrach ihn Brackmann.
    »Wenn Sie etwas wissen, dann sagen Sie’s bitte. Wir sind in größter Sorge.«
    »Kann ich verstehen, doch hat sich bis jetzt schon ein Entführer gemeldet, oder haben die Damen vielleicht angerufen?«
    »Quatsch! Warum sollten sie anrufen? Und ein Entführer hat sich

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