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Der Finger Gottes

Der Finger Gottes

Titel: Der Finger Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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einmal davon aus, daß Sie Maria Olsen näher als nur flüchtig kannten. Habe ich recht?«
    »Es gibt eine Handvoll Personen in Waldstein, die ich näher kenne. Aber was hat das mit Csilla und Sarah zu tun?«
    »Wie gut kannten Sie Maria Olsen?«
    »Zum Teufel, Brackmann, das geht Sie nichts an!« Jonas atmete tief ein, dann stieß er die Luft wutschnaubend wieder aus. Er schnellte nach vorn, funkelte Brackmann giftig an, mit der rechten Hand trommelte er rhythmisch monoton auf das Holz. »Brackmann, ich weiß nicht, was fürein Spiel das ist. Aber passen Sie auf, daß es nicht ein Spiel mit dem Feuer wird. Sie würden sich sonst gewaltig die Finger verbrennen!«
    Nach außen hin unberührt von der Drohung, innerlich jedoch aufs äußerste angespannt und wachsam, fuhr Brackmann fort: »Bevor Maria Olsen starb, hat sie einen Brief verfaßt, den sie an mich adressierte. Können Sie sich ungefähr vorstellen, was in diesem Brief steht?«
    »Bin ich hier vielleicht in einer Quizshow? Woher soll ich das denn wissen?! Alte Frauen schreiben oft Briefe, weil sie in ihrer Einsamkeit nichts Besseres mit ihrer Zeit anzufangen wissen. Sinnloses, wertloses Zeugs!«
    »Nun, Herr Vandenberg, so sinnlos und wertlos war der Inhalt dieses Briefes nicht. Und vielleicht lassen Sie Ihre Erinnerung sechs Jahre zurückgehen. Frau Olsen hat das nämlich getan.«
    Jonas Vandenberg legte die Finger aneinander, führte die Spitzen an die Nase, sah Brackmann an. Kalt und berechnend. Dabei lächelte er abschätzend, und Brackmann war sicher, daß hinter der hohen Stirn eine Menge Räder in Bewegung geraten waren.
    »Zeigen Sie mir den Brief.«
    »Heißt das, Sie wissen . . .«
    »Um Himmels willen, Brackmann, was sind Sie denn für ein Polizist?! Sie ziehen Schlüsse, für die es keine Voraussetzungen gibt! Zeigen Sie mir den Brief, damit ich mich von dessen Inhalt überzeugen kann! Und dann reden wir weiter!«
    »Herr Vandenberg, Sie nehmen doch nicht an, daß ich in die Höhle des Löwen gehe und alles, was den Löwen belastet, mitbringe!«
    »Höhle des Löwen, ist ja toll, wie sich das anhört!« sagte er lachend. »Aber um ernst zu bleiben, inwiefern belastet mich dieser ominöse Brief?«
    »Was sagt Ihnen der Name Alexander Höllerich?«
    »Höllerich! Brackmann, kommen Sie, was wollen Sie mit dem kleinen Scheißer? Diese Kreatur interessiert mich nicht!«
    Brackmann wurde, und das war ihm selbst unerklärlich, von einer Sekunde zur anderen vollkommen ruhig. Er blieb unbeeindruckt von Vandenbergs Worten, seiner Haltung, seiner Gestik; er sagte: »Da war Frau Olsen aber völlig anderer Meinung. Sie erklärt, daß Sie ganz scharf auf den jungen Mann waren, sie geht sogar so weit, zu behaupten, daß Sie ihn umgebracht haben, oder zumindest etwas mit seinem Tod zu tun haben.«
    Jonas Vandenberg schwieg erst einmal, erhob sich langsam, ohne Brackmann dabei aus den Augen zu lassen, begab sich an den wuchtigen Eichenschrank, öffnete eine Klappe, wohinter sich eine ganze Batterie hochprozentiger Getränke befand. Er nahm eine Flasche heraus, schenkte sich ein. Schraubte in aller Ruhe die Flasche wieder zu, stellte sie zurück in den Schrank. Dann wandte er sich wieder Brackmann zu und deutete mit dem Zeigefinger der Hand, die das Glas hielt, auf ihn, sprach ruhig und langsam, es klang gefährlich: »Hören Sie zu, Brackmann, es gibt eine Grenze, bis zu der ein Mensch bei mir gehen darf. Sie sind gerade dabei, diese Grenze zu überschreiten. Einen Schritt weiter, und Sie werden sehr, sehr tief fallen, denn hinter dieser Grenze ist ein verdammt tiefer Abgrund. Sie werden in Millionen Teile zerplatzen und ihre Eingeweide von den Geiern aufgefressen. Mein Wort drauf.« Er trank sein Glas leer, füllte nach. Mit der Zunge fuhr er sich über die Lippen, ein dämonisches Lächeln. Er stellte sich mit dem Rücken zu Brackmann ans Fenster. »Mir ist scheißegal, was für Schauermärchen eine alte, vertrocknete Jungfer erzählt, aber eines sage ich Ihnen, was immer wann immer mit diesem Höllerich geschehenist, weder ich noch irgendwer sonst in diesem Haus hat irgend etwas damit zu tun!«
    »Und wie kommt Frau Olsen dann darauf?«
    »Ich sagte doch, das Geschreibsel einer überspannten alten Frau, an der die Einsamkeit genagt hat. Scheinbar ist seit dem Tod ihres Mannes ihr Hirn . . . und wohl nicht nur das, ganz langsam, aber sicher ausgetrocknet.«
    »Mag sein. Nur hat mir noch jemand eine Information zu Höllerich gegeben. Und diese ist seltsamerweise

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