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Der Finger Gottes

Der Finger Gottes

Titel: Der Finger Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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Schlaganfall. Die Hitze, vielleicht auch Überanstrengung. So was kommt meist wie aus heiterem Himmel.«
    »Und der Doktor? Er ist doch bestimmt fix und fertig, oder? Es tut mir leid um sie – und um ihn. Ich kann mir nicht vorstellen, daß es irgend jemanden gibt, der sie nicht mochte. Stimmt’s, Charlie?«
    »Hm, die Frau war in Ordnung.«
    »Wissen Sie schon, wann die Beerdigung sein wird?«
    »Ich gehe mal von übermorgen aus. Aber genau kann ich’s wohl frühestens morgen sagen.« Engler bestellte ein weiteres Bier, trank es auf einen Zug aus, griff in seine Hosentasche, um eine Münze herauszuholen, doch Toni winkte nur ab.
    »Geht auf Rechnung des Hauses.«
    Engler bedankte sich und ging. Die Wolkendecke war an einigen Stellen porös geworden, die Sonne stach.

Kapitel 6
    Als Brackmann ins Büro trat, hatte Schmidt seine Beine auf dem Tisch liegen und las Superman. Brackmann ließ die Tür mit lautem Knall ins Schloß fliegen, worauf Schmidt rasch das Heft beiseite legte und die Beinevom Tisch nahm. Brackmann holte sich einen Stuhl und setzte sich rittlings darauf, Schmidt genau gegenüber.
    »Wie gut kennen Sie den Steinbruch?« fragte er.
    »Hm«, brummte Schmidt und kratzte sich am Kinn, »kommt drauf an, was Sie wissen wollen. Aber eigentlich kenne ich ihn nicht so gut. Richter kennt ihn besser. Er hat mir mal erzählt, daß er als Junge oft dort draußen gespielt hat. Ich bin in Hof großgeworden.«
    Brackmanns Blick war auf ein dichtgewebtes Spinnennetz von etwa einem halben Meter Durchmesser gerichtet, das schon seit Wochen in der Ecke über dem Waschbecken mit dem ständig tropfenden Wasserhahn hing. Er rümpfte kaum merklich die Nase; Spinnweben paßten zu dem alten, brüchigen Inventar, es roch modrig, die Dielen knarrten bei jedem Schritt, die Möbel schienen Relikte aus einer Zeit, als noch Pferde und Kutschen über staubige Wege donnerten.
    »Warum fragen Sie nach dem Steinbruch?« wollte Schmidt wissen.
    »Ach, nur so«, sagte Brackmann und winkte ab. »Funken Sie Richter an. Ich will mit ihm rausfahren.«
     
    Richter kam kurz nach dem Funkspruch. Brackmann setzte sich zu ihm in den Streifenwagen. Richter war dreiundzwanzig Jahre alt, ein zuverlässiger Bursche, der zusammen mit seinen sechs jüngeren Geschwistern noch bei seinen Eltern lebte, die eine Geflügelzucht einen Kilometer außerhalb von Waldstein betrieben. Brackmann mochte Richter, er war aufrichtig und freundlich, fleißig und zuvorkommend. Zu Schmidt hingegen unterhielt er ein eher zwiespältiges Verhältnis, Schmidt war ziemlich faul und lustlos und machte einen etwas verschlagenen Eindruck.
    »Suchen Sie was Bestimmtes im Steinbruch?« wollte Richter wissen.
    »Ich will mich dort nur ein wenig umsehen. Und ich möchteSie bitten, einfach mitzukommen, und wenn ich Fragen habe, sie mir zu beantworten, wenn Sie können. Mehr nicht.«
    »Und wonach sehen wir uns um?«
    »Nichts Besonderes. Ich habe nur festgestellt, daß ich eigentlich relativ wenig von der Gegend kenne«, antwortete Brackmann ausweichend.
    »Na gut, aber wenn Sie Genaueres über den Steinbruch erfahren wollen, warum gehen Sie dann nicht gleich zu den Vandenbergs? Ihnen gehört er schließlich.«
    »Sie wissen doch genausogut wie ich, daß an die kaum ranzukommen ist. Also machen wir’s einfach so wie ich sage. Sie führen mich ein wenig rum.«
    Richter gab sich notgedrungen mit der Antwort zufrieden. Brackmanns ungewohnt schroffe und etwas abweisende Art sagte ihm, daß jetzt nicht der richtige Zeitpunkt für weitere Fragen war. Sie erreichten das Gelände nach knapp zehn Minuten.
    Er war zwar schon ein paarmal hiergewesen, aber jetzt, als er am Rand dieser gewaltigen Grube stand, die etwa einen Kilometer lang und über einen halben breit und etwa hundert Meter tief war, und in diesen weiten, abgründigen, riesigen Schlund sah, wurde Brackmann die Sinnlosigkeit seines Vorhabens klar, hier nach einem Menschen, einem Phantom suchen zu wollen, der angeblich schon vor Jahren getötet worden war. Dabei war noch nicht einmal sicher, daß die Geschichte auch stimmte, und wenn sie stimmte, ob der Junge denn auch wirklich hier begraben lag.
    »Seit wann wird hier nicht mehr gearbeitet?« fragte Brackmann, lehnte sich an das Auto, schaute in das riesige Loch hinab und zündete sich eine Zigarette an. Richter legte die Stirn in Falten, dachte angestrengt nach.
    »Ich denke so fünf, vielleicht auch sechs oder sieben Jahre, aber genau kann ich das nicht sagen. Fragen Sie

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