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Der Finger Gottes

Der Finger Gottes

Titel: Der Finger Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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meisten von ihnen verdorrt waren. Die Schneiders traten durch das niedrige Gartentor. Es quietschte. Schneider bemerkte beiläufig, es wäre wohl an der Zeit, es wieder einmal zu ölen, er wolle es gleich nach dem Abendessen tun. Sie waren bereits an der Haustür angelangt, als Brackmann und Richter vor dem Haus stoppten. Brackmann stieg aus.
    »Tag, Frau Schneider, Herr Schneider.« Er machte eine leichte Verbeugung, trat an das Tor, die Schneiders kamen ihm entgegen. »Tut mir leid, wenn ich Sie störe, doch wenn Sie erlauben, würde ich Ihnen gerne kurz eine Frage stellen.«
    Schneider sah Brackmann mit einem leicht verschmitztenLächeln an. »Bitte schön. Hab ich etwas verbrochen? Paß auf, Liebling, der Herr Polizist denkt bestimmt, ich sei ein schlimmer Unhold.«
    Sie boxte ihn leicht in die Seite. »Komm, sei ernst, oder glaubst du, der Herr Kommissar . . .«
    »Ich bin kein Kommissar«, sagte Brackmann lächelnd. »Nur ein einfacher Polizist.«
    »Trotzdem, mein Mann glaubt immer, jeder hätte Zeit für seine albernen Späßchen.«
    Brackmann wurde wieder ernst. »Herr Schneider, Sie kennen sich doch mit dem Steinbruch aus. Können Sie sich noch erinnern, wann und warum die Arbeit dort eingestellt wurde?«
    Schneider brauchte nicht zu überlegen; er verzog kurz die Mundwinkel, seine Antwort kam wie aus der Pistole geschossen, als hätte er sich seit Jahren mit nichts als der Schließung des Steinbruchs beschäftigt. »Das war am 12. April 1989. Ich weiß das so genau, weil der 12. April unser Hochzeitstag ist und wir uns für diesen Tag etwas ganz Besonderes vorgenommen hatten, wir sind nämlich nach Nürnberg ins Theater gefahren, zum ersten Mal seit zwanzig Jahren sind wir damals wieder nach Nürnberg ins Theater gefahren, sie spielten
My Fair Lady.
Aber entschuldigen Sie, das interessiert Sie sicher nicht. Der Steinbruch . . . Ja, mir wurde damals nur in einer kurzen Notiz mitgeteilt, daß der Steinbruch ab sofort stillgelegt sei. Ich wunderte mich natürlich darüber, vor allem über diese so unerwartete Stillegung, aber später erfuhr ich, daß er angeblich ein Verlustgeschäft geworden sein soll.« Er zuckte mit den Schultern. »Nun, es ist nicht meine Aufgabe, viele Fragen zu stellen, sondern die Bücher zu führen und die Anweisungen von oben zu befolgen. Gewundert habe ich mich aber trotzdem darüber. Denn ein Verlustgeschäft war dieser Steinbruch nie und nimmer.«
    »Donnerwetter!«
    »Ja, ich habe mich auch gewundert.«
    »Nein, nein, das meine ich nicht. Ich bin erstaunt, wie Sie all die Daten in Ihrem Kopf behalten! Vielen Dank, Sie haben mir sehr geholfen.«
    Brackmann verabschiedete sich, er wollte gerade in den alten Opel steigen, als Frau Schneider ihn rief: »Ach, entschuldigen Sie, Herr Brackmann nur noch einen Moment.«
    »Ja, bitte?« Er blieb stehen, drehte sich um.
    »Nun ja«, druckste sie herum, als suchte sie nach den passenden Worten, »wir wissen, daß Sie allein leben, und so dachten mein Mann und ich, ob Sie nicht vielleicht Lust hätten . . . nun ja . . . mein Mann und ich, wir würden uns sehr freuen, wenn Sie morgen abend unser Gast wären.« Ihr Gesicht und Hals waren von nervösen roten Flecken übersät, es war ihr alles andere als leichtgefallen, diese Einladung auszusprechen.
    »Vielen Dank, Frau Schneider«, erwiderte Brackmann, »ich nehme Ihre Einladung gerne an. Wann darf ich kommen?«
    »Sagen wir um halb acht, dann dürfte ich alles fertig haben. Gibt es vielleicht etwas, das Sie besonders gerne essen?«
    »Nun, ich kann mir nicht vorstellen, daß mir irgend etwas nicht schmecken könnte, wenn Sie es zubereitet haben. Ich lasse mich da gerne überraschen.«
    »Fein, dann werde ich ein altes schlesisches Gericht kochen und mich dabei genau an das Rezept meiner Großmutter halten. Bis morgen abend dann um halb acht. Und vielen Dank.«
    »Ich habe zu danken.«
    Schneider hatte sich zu seiner Frau gestellt und sah kopfschüttelnd dem Streifenwagen nach, der drei Häuser weiter um die Ecke bog. »Mußtest du ausgerechnet ihn einladen?«
    »Wieso, was hast du an ihm auszusetzen?«
    »Nichts, aber . . .«
    »Aber was? Wer weiß, wozu es gut ist, sich mit einem . . . Polizisten . . . gut zu stellen. Auch wenn er unser Sohn sein könnte.«
    »Vielleicht hast du recht. Komm Liebes, laß uns ins Haus gehen, die Schwüle raubt mir die Luft.« Schneider ließ seine Augen über den milchigen Himmel gleiten. »Sieht merkwürdig aus«, sagte er und fuhr sich mit Daumen und

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