Der fliegende Brasilianer - Roman
ein … und können fliegen. Denn die Menschen werden sich nie damit abfinden, an den Boden gefesselt zu sein.
Aber wozu will man fliegen?
Wozu? Um die Natur herauszufordern, weil es Spaß macht, Naturgesetze zu überwinden. Im Grunde spielt das Wozu keine große Rolle, sofern es dem Menschen irgendwann gelingt, genauso selbstverständlich wie ein Vogel zu fliegen.
Ich sehe darin keine Logik, stellt Chapin fest.
Logik? Die Logik liegt im Fliegen, antwortet Alberto, den Blick auf eine Silhouette gerichtet, die in der riesigen Schiebetür des Hangars Gestalt angenommen hat. Die Techniker lassen das Gespräch fallen und richten ihre Aufmerksamkeit auf denselben Punkt.
Alberto versucht, seine vom Feuer angesengte Kleidung abzuklopfen, und geht auf die weibliche Silhouette zu, die in dem Toreingang zu zögern scheint. Es ist Aída, die bei Albertos Anblick in diesem Zustand starr vor Schreck stehen geblieben ist.
Was ist passiert, ein Feuer? Unterwegs, beim Fliegen?
Ich habe die Flammen mit dem Hut erstickt … Sehen Sie, wie er jetzt aussieht.
Er zeigt seinen vollkommen verbeulten Hut.
Sie hätten explodieren können … der Wasserstoff …
Aber ich bin nicht explodiert.
Aída sieht sich um und merkt, dass alle Arbeit ruht.
Ich will nicht stören …
Aber ich bitte Sie, Mademoiselle Aída.
Warum sagen Sie nicht einfach Aída zu mir?
Darf ich das?
Ja … und ich möchte zu Ihnen gern …
Petitsantôs sagen?
Nein, Alberto!
Er lächelt und nickt zustimmend.
Ich wollte mich erkundigen, wann der Unterricht anfangen soll …
Eine autoritäre Frauenstimme ertönt.
Es gibt keinen Unterricht …
Mama!
Was denken Sie sich eigentlich, mein Herr? Warum wollen Sie unbedingt dieses unschuldige junge Mädchen in Gefahr bringen?
Alberto wird bei diesen Worten über und über rot.
Madame …
Und wagen Sie es nicht, mich zu unterbrechen …
Ich bitte dich, Mama, mach dich nicht lächerlich!
Wer sich hier lächerlich aufführt, bist du. Wie eine dahergelaufene … Stiehlt sich heimlich aus dem Haus, um sich mit weiß der Himmel wem zu treffen.
Sie sind sehr ungerecht, Madame.
Ich weiß sehr wohl, welchen Ruf Sie haben, Monsieur … äh … Santôs!
Ich verstehe nicht, was Sie damit sagen wollen.
Das würde ich Ihnen sagen, wenn hier nicht ein unschuldiges junges Mädchen stünde und ich nicht eine Dame wäre.
Mama!
Komm jetzt.
Sie packt das Mädchen am Arm und zieht es aus dem Hangar hinaus.
Draußen steht tief bekümmert Maurice, der Kutscher: Jetzt ist passiert, was ich befürchtet hatte.
Soll das heißen, dass …
Ich bin entlassen.
Aída wirft ihrer Mutter einen wütenden Blick zu.
Er kann nichts dafür. Das ist ungerecht …
Seien Sie nicht traurig, Miss D’Acosta … Ich übernehme ihn. Zwar brauche ich keinen Kutscher, aber wenn er will, kann er hier arbeiten.
Vielen Dank.
Los, Mädchen, du hast hier nichts mehr verloren.
Mit gesenktem Kopf und gedemütigt steigt das junge Mädchen in die Kutsche, in der ihre Mutter bereits Platz genommen hat. Das Fahrzeug setzt sich in Gang, und die von Maurice gelenkte Kalesche fährt hinterher.
Alberto steht noch genauso errötet und perplex wie seit Beginn der Szene da und sieht den Abfahrenden nach.
Chapin kommt mit solidarischer Miene zu ihm.
Sie wäre wahrscheinlich eine ausgezeichnete Schülerin.
Fliegen scheint noch immer auf große Vorurteile zu stoßen, Chapin.
Das ist was für Verrückte, aber nichts für eine Senhorita wie sie.
Da irrst du dich.
Alberto kehrt in den Hangar zurück und lässt den verwirrten Mechaniker stehen.
Die Geheimnisse von Paris Es ist noch früh, als Hauptmann Ferber vor Glück jubelnd beim Aéro Club de Paris vorfährt. Es ist sein erster Besuch im Klub, und sein Interesse an diesen Dingern, die da herumfliegen und mit ihren Piloten abstürzen, grenzt fast an Gleichgültigkeit. Die Armee hält sich mit ihrer Meinung vorsichtig zurück, aber die Offiziere des Generalstabs beobachten die Experimente mit gewissen Vorbehalten, wenn nicht gar mit totaler Verachtung, denn für sie sind die Ballonfahrer weltfremde Pazifisten.
Jetzt aber muss er sich diese Leute etwas näher ansehen, denn sein Rivale im Kampf um Mademoiselle Aídas Herz ist einer dieser Verrückten. Deshalb sucht er jetzt hier nach der richtigen Person, die ihm die Informationen geben kann, die er braucht, um seinen Feind ein für alle Mal auszuschalten. Da er ein gewitzter Mann ist, kann er sich nicht allein auf Madame
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