Der Flirt
ignorieren, nur weil du einmal am Boden zerstört
wurdest, gehört sich einfach nicht. Das ist so, als würdest du dich weigern, Partyspiele zu spielen, weil es nicht dein Geburtstag ist und du die Geschenke nicht behalten darfst. Und ich weiß zufällig, junge Dame, dass du mehr Mut hast, als du glaubst.«
Eine geeignete Kandidatin
Es war früher Nachmittag, als Leticia das Krankenhaus verließ. Sie spazierte ziellos an der South Bank entlang, denn sie hatte keine Lust, nach Hause zu gehen. Leos Worte hatten den dünnen Ballon ihres stolzen Egos zum Platzen gebracht.
Da fiel ihr die Karte in ihrer Tasche wieder ein. Sie nahm sie heraus und öffnete sie.
Träum mit mir.
The Royal Opera House, Covent Garden,
heute Abend, acht Uhr.
Ihr Herz zog sich zusammen. Wenn sie sie nur jemandem zeigen könnte, jemandem, der sie verstand.
Sie würde in den Laden gehen. Sam wusste bestimmt, was sie tun sollte. Abgesehen davon konnte sie nachsehen, wie weit er gekommen war.
Als sie dort ankam, war der Laden leer.
Er macht sicher Mittagspause, dachte sie und schloss hinter sich die Tür.
Sie ging nach hinten durch und betrat das Badezimmer. Zu ihrer Überraschung war alles fertig. Die Plastikplanen waren weg, die Fußbodendielen ersetzt, die freistehende Badewanne war sauber, die Armaturen poliert, selbst die Haufen grauen Staubs waren weggesaugt worden. Es sah aus, als wäre gar nichts gewesen.
Sie drehte den Hahn auf. Heraus kam sauberes Wasser, kein Stöhnen und Zittern mehr in den Leitungen.
Es war fertig.
Leticia setzte sich auf den Toilettendeckel.
Alles funktionierte einwandfrei. Sämtliches Werkzeug war weggeräumt, selbst der gefürchtete Teebecher. Sam war gegangen.
Natürlich, schalt sie sich. Was habe ich mir denn eingebildet? Er war hier, um einen Auftrag zu erledigen, wie er gesagt hat. Alles andere war nur Freundlichkeit.
Sie ging zurück in den Verkaufsraum des Ladens. Sie musste Nachrichten abhören, Termine verlegen und Bestellungen überprüfen. Stattdessen betrachtete sie die schönen Möbel, den kobaltblauen Kronleuchter, die exquisiten Stoffe für Tausende von Pfund.
Exklusiv.
Wunderlich.
Dies war ihre Welt, die sie geschaffen hatte; eine Bühne, auf der sie wie eine Zauberin agierte und mit ein wenig Seide und Spitze blendete.
Doch wer war eigentlich ihr Publikum?
Den ganzen Aufwand betrieb sie doch nur, um sich selbst an der Nase herumzuführen.
Die Tür ging auf. Eine nervöse Frau zog mühsam einen Buggy rückwärts die Stufen herauf.
Sie hatte sich wohl im Laden geirrt. Trotzdem hielt Leticia ihr die Tür auf. Es wäre ihr grausam vorgekommen, sie nach der Plackerei gleich wieder rauszuschicken.
»Danke.« Die Frau trug orangefarbene Flip-Flops, eine Schwangerschaftsjeans voller Milchflecken und ein Männerhemd mit Button-Down-Kragen. In dem Buggy schlief tief und fest ein rosiges Neugeborenes.
»Kann ich Ihnen helfen?«
»Bordello, richtig? Sie fertigen Dessous?«
»Ja, aber nur mit Termin. Eigentlich ist der Laden im Augenblick gar nicht geöffnet.«
Die Frau zog ihr Hemd zusammen, dort, wo die Knöpfe über dem Bauch spannten. Es sprang wieder auf. »Telefonisch habe ich niemanden erreicht, also bin ich extra hergekommen …«
Leticia zögerte leicht genervt. Sie fertigte keine Schwangerschaftsnachthemden. Es hatte keinen Sinn, etwas für eine Frau zu nähen, die wahrscheinlich drei Größen schrumpfen würde, bevor das Stück fertig war. Das wäre vergeudete Zeit und Liebesmüh.
Sie wollte die Frau so schnell wie möglich wieder loswerden. »Ich sehe, Sie haben vor kurzem ein Baby bekommen.«
»Ja?«
»Nun, es ist wahrscheinlich am besten, wenn Sie einige Monate warten. Ich schlage das nur vor, weil die ganze Sache recht teuer ist, und Ihr Körper wird sich in den nächsten Wochen noch verändern.«
»Verändern?« Die Frau lachte. »Ich warte schon ungefähr sieben Jahre lang darauf, dass ich die während der Schwangerschaften zugenommenen Pfunde wieder loswerde!«
Leticia lächelte.
»Ich mein’s ernst.«
Leticia hörte auf zu lächeln. »Ich möchte nicht, dass Sie sich auf eine lange, kostspielige Geschichte einlassen, die Ihren Bedürfnissen nicht wirklich entspricht. Sie stillen, richtig? Sehen Sie, ich mache nichts für stillende Mütter.«
»Warum nicht?«
Leticia hatte keine Lust, sich zu erklären. Diese Frau war nicht einmal eine passende Kundin. »Es ist eben so« - sie seufzte -, »dass die Teile, die ich fertige, nicht besonders praktisch sind und
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