Der Flirt
vor Nervosität schwitzen wie ein Schwein. Und es ist ausgeschlossen, dass du Hosenträger zu irgend - etwas trägst! Eine schlichte Taille, Gentlemen. Mehr Schuljunge als Straßenhändler, verstanden?«
Beeindruckt sah Hughie zu, wie Jez geschickt in zwei Minuten ein halbes Dutzend gewagter Hemd-und-Krawatte-Kombinationen auswählte, und seine Ansichten über Socken fand er nahezu revolutionär.
»Es ist so«, erklärte er Hughie, »entweder gar keine Socken oder Kniestrümpfe.«
»Kniestrümpfe!« In der Tat ein radikaler Vorschlag.
Doch Jez blieb hart. »Es geht um klare Linien. Keine geriffelten Socken, bei denen haarige Beine zum Vorschein kommen, sobald du dich setzt.« Er nahm einen Kniestrumpf und zog daran. »Siehst du? Ein Kniestrumpf aus Baumwolle und ein wenig Lycra garantiert dir zu allen Zeiten eine klare Linie.«
»Die rutschen nicht runter?«
»Fogal, Mann. Du bekommst welche von Fogal.«
»Aber was ist mit … Ich meine, darin sehe ich doch total bescheuert aus!«
Jez seufzte. »Schuhe und Socken zuerst ausziehen. Dann die Hose. Niemand wird es je erfahren. Und überleg dir das noch mal mit diesen Boxershorts. Die bauschigen Dinger ruinieren die Silhouette. Von jetzt an nehmen wir klassische Calvin-Klein-Jocks. Es dreht sich alles um die Linie, Mann. Zuerst die Linie, dann die Farbe.«
»Woher weißt du das alles?«
»Ich habe früher gemodelt.« Jez schenkte sich Tee nach.
»Ehrlich?« Hughie stellte sich vor, wie Jez einen Laufsteg hinunterstolzierte oder mit drei oder vier halbnackten Schönheiten zusammen fotografiert wurde. »Warum hast du es aufgegeben? Ich meine, die Frauen, die Orte …«
»Es ist das reinste Gift, Mann. Und das ständige Reisen ist mir nicht bekommen. Siehst du, in meinem Leben gibt es eine Frau!« Er zwinkerte, holte seine Brieftasche heraus und reichte Hughie zwei Fotos von einem bezaubernden kleinen Mädchen, vielleicht vier oder fünf Jahre alt, mit heller Haut, lockigem dunklem Haar und verblüffend blassblauen Augen.
»Sie ist schön. Wie heißt sie?«
»Ella«, sagte Jez stolz. »Ihre Mutter ist Dänin.«
Hughie gab ihm die Fotos zurück. »Du bist verheiratet?« Jez’ Miene verdunkelte sich. »Nein. Sie hat mich verlassen.
Heidi war auch Model. Die schönste Frau, die mir je begegnet ist. Wir haben uns in einer Saison in Mailand kennengelernt, als wir für dieselben Designer gearbeitet haben. Am Ende der Woche war für mich alles klar; ich wusste, dass sie die Richtige war. Aber, nun« - Jez schaute zu Boden -, »um die Wahrheit zu sagen, ich habe eine Gewohnheit.«
»Oh. Verstehe. Drogen?«, fragte Hughie leise.
Jez schüttelte den Kopf. »Nein. Ich stricke.«
»Wie bitte?«
Jez kniff die Augen zusammen. »Ich stricke gern, Mann. Okay?«
»Sicher.« Jez war ein kräftiger Kerl. Und fit. Kein Mann, mit dem man leichtfertig einen Streit vom Zaun brach.
Jez schaute ihn an. »Hast du was dagegen?«
»Nein. Überhaupt nicht. Sehr edler Sport. Na ja, kein Sport, oder? Ein Hobby.«
»Eigentlich« - Jez richtete sich auf - »eher ein Kunsthandwerk. Und ein äußerst anspruchsvolles obendrein.«
»Das bezweifle ich nicht.« Hughie schlug ein Bein über das andere. »Also, worüber reden wir? Schals, Pullover, seltsame Wollmützen?«
»Ich warne dich!« Jez zeigte mit dem Finger auf Hughies Gesicht. »Glaub nicht, ich würde nicht merken, dass du mich auf den Arm nimmst!«
»Was? Ich mache doch gar nichts!«
»Du versuchst, mich aufzuziehen, Mann! Ich weiß es genau!«
»Ehrlich!« Hughie hielt beide Hände hoch. »Ich bin neugierig, mehr nicht! Ich meine, es stimmt … es gibt nicht viele Männer, die stricken. Und wenn ich’s mir recht überlege, stricken auch nicht viele Frauen unter fünfundfünfzig. Aber, na und? Würde ich es verurteilen? Niemals! Ich bin
sogar fest entschlossen, dein Recht zu stricken zu verteidigen. Und ich würde gerne genau wissen, was du fabrizierst.«
»Ehrlich?«
»Absolut.«
Jez überlegte. »Okay. Also, das hier, zum Beispiel.« Er bückte sich und holte ein Teil, das er gerade in Arbeit hatte, aus seiner Tasche und reichte es Hughie. »Das ist für Ella.«
Es war eine kleine, blassblaue Jacke mit einem unendlich komplizierten Muster aus winzigen tanzenden Ballerinas am Rand, aus dem weichsten Material, das Hughie je in Händen gehalten hatte.
»Mein Gott!« Hughie setzte sich auf. »Das ist unglaublich!«
Jez lächelte schüchtern. »Das sagst du nur!«
»Nein, im Ernst! Wie kriegst du das so hin? So
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