Der Flirt
Haustür.
Es war ein Soldat, ein junger Hauptmann, der, außer sich vor Angst, das Foto eines Mädchens an sich drückte. Sehen Sie, erklärte er atemlos, sein Vater habe ihm von dem Baron erzählt und ihm empfohlen, ihn aufzusuchen. Er sei womöglich der einzige Mensch in England, der ihm helfen könne.
Sie können sich vorstellen, dass dies dem Ego des Barons gewaltig schmeichelte. Im Nu war der junge Mann die Treppe hinaufgelaufen, wo er eine Tasse heißen Tees trank und Celia und dem Baron von seinem schrecklichen Dilemma erzählte. Er liebte diese junge Frau. Und er war sich ziemlich sicher, dass sie ihn auch liebte, doch sie hatte eine recht unbeständige Natur. Die Sache war die, dass er es einfach nicht ertrug, in den Krieg zu ziehen, wo er womöglich sterben würde, ohne sich ganz sicher sein zu können, dass sie ihm treu bleiben würde.
Sie nickten.
Es war ein ungewöhnlicher Auftrag, doch womöglich konnten sie ihm helfen.
Und wo konnten sie sie finden?
»Nun« - er lächelte nervös - »im schönsten Dorf von Wales!«
Aha.
Wales.
Wie wollten sie bei einer jungen Frau, die so weit weg war, etwas ausrichten?
Celia sah den Baron an und er sie.
Dann schauten sie beide in das frische Gesicht des Mannes vor ihnen, einundzwanzig Jahre alt, falls er das überhaupt war, die Augen weit aufgerissen vor Angst. Am nächsten Morgen würde er mit seiner Kompanie in Richtung Normandie in See stechen. Das Foto, dessen Kanten von zu viel zärtlicher Berührung abgewetzt waren, zitterte in seinen Händen.
»Sie wird auf Sie warten« - der Baron schlug ihm auf die Schulter -, »das verspreche ich Ihnen.«
»Aber wie wollen Sie das bewerkstelligen?«, wollte er wissen.
»Nun …«
»Wir haben unsere Methoden«, versicherte Celia ihm und steckte ihm ihr letztes Stückchen altbackenes Brot in den Rucksack. »Vertrauen Sie uns.«
Der junge Mann ging davon, wurde von der kalten, wartenden Dunkelheit im Nu verschluckt, unerschrocken, voller neuer Hoffnung.
Und so begann eine lange Reihe schlafloser Nächte, in denen Celia und der Baron sich den Kopf zerbrachen, wie sie ihm helfen konnten.
Kurz darauf stieß Celia beim Herumstöbern in einem ausgebombten Haus am Lisson Grove auf einen Fetzen Papier − eine einzige Zeile auf der Rückseite einer Visitenkarte.
Wenn ich versuchen würde, dich zu küssen,
würdest du es mir erlauben?
Die erregende Verlockung verbotener Liebe: Allein beim Lesen raste Celias Herz. Sie steckte die Visitenkarte in die Tasche, ihre Gedanken kamen nicht mehr davon los, Geschichten und Bilder entfalteten sich. Gab es nicht ein Theaterstück, in Französisch … in dem ein Mann eine Frau mittels Briefen verführte … sexy … aufreizend … bezaubernd.
Irgendwo zwischen dem Bahnhof Marylebone und dem Grosvenor Square hatte sie eine Idee: Entfernung war kein Hindernis, wenn man den Liebsten niemals sah! Was wäre, wenn sie die junge Frau mit einer Reihe anonymer Briefe verführten? Wenn es ihnen gelang, die romantische Phantasie der jungen Frau auf einen geheimnisvollen Fremden zu konzentrieren, war sie vielleicht zu sehr abgelenkt, um sich einen echten Liebhaber zu suchen.
Gleich am nächsten Tag wurde ein Angriff auf die unbeständige junge Frau in Wales gestartet. Sie konnte sich nicht vorstellen, wer in London so vernarrt in sie war, doch die spärlichen, frechen, oft poetischen Gedanken, die in ihren Briefkasten flatterten, fesselten sie und erfüllten sie in der Tat so sehr, dass sie sich nicht mehr für andere Männer interessierte.
Als der Krieg zu Ende war, hatte sie eine ganze Sammlung.
Und es freut mich, sagen zu können, dass sie, trotz des schwindelerregenden Zustroms amerikanischer Soldaten, ihrem edlen Hauptmann treu blieb, von dem nach drei Wochen plötzlich keine Briefe mehr eintrafen.
Der nie nach Hause zurückkehrte.
Der in einem frostigen Sumpf unter einem Himmel, der schwarz war von den Flügeln feindlicher Flugzeuge, von zukünftigem Glück träumend starb.
In der Gewissheit, geliebt zu werden.
Der perfekte Plan
Im Schreibwarengeschäft Smythson’s kaufte Flick mehrere Dutzend wahnsinnig teurer, dicker, cremefarbener Briefkarten und Umschläge.
»Achten Sie unbedingt auf die Qualität des Papiers«, ermahnte sie Hughie. »Alles, was Sie benutzen, muss von bestmöglicher Qualität sein, verstehen Sie? Denken Sie daran, dass diese Briefkarten der einzige greifbare Beweis sein werden, den die Zielperson hat. Sie werden immer und immer wieder gelesen, engen
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