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Der Flirt

Titel: Der Flirt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen Tessaro
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Vertrauten gezeigt, besprochen und debattiert werden. Kurz gesagt, Hughie, sie müssen perfekt sein. Wählen Sie stets cremefarbenes Papier. Andere Farben sind gewöhnlich. Wählen Sie nie ein besonders gemustertes Papier. Es sollte anonym sein. Die Zielperson sollte herausfinden können, dass das Papier von Smythson’s ist − was an sich stets beruhigend ist −, doch mehr dürfen diese Briefkarten nicht verraten.«
    Sie gingen zurück ins Büro, wo Flick eine kleine Rolodex-Rollkartei zur Hand nahm, auf deren Kärtchen jeweils wenige Zeilen standen, entnommen aus Gedichten, Liedtexten, sogar aus zufällig aufgeschnappten Gesprächen. Hier hatte sie Hunderte von Hinweisen zur zukünftigen Verwendung gesammelt. Schließlich hielt sie inne und lächelte.
    »Perfekt!«
    Dann packte sie die Briefkarten aus und zog ein Paar
weiße Baumwollhandschuhe über, bevor sie einen Kolbenfüller zur Hand nahm.
    »Puh!«, bemerkte Hughie.
    »Sie halten mich womöglich für paranoid«, sagte sie, »aber Sie wären überrascht, wie oft Frauen diese Briefkarten auf Fingerabdrücke untersuchen lassen! Handschuhe sind unerlässlich.«
    Dann schrieb sie in einer großen, starken Handschrift, nicht zu verspielt, nicht zu schlicht, mitten auf die leere Karte.
    Sie pustete darüber und wartete, bis die Tinte trocken war, bevor sie die Karte in einen Umschlag schob, diesen zuklebte und mit »Olivia« adressierte.
    »Nur ›Olivia‹?«, fragte Hughie.
    Flick hielt nachdenklich inne. »Man kann es so oder so machen. Doch ich habe das Gefühl, dass die meisten Menschen ihr ziemlich respektvoll begegnen und sie mit ihrem vollen Titel ansprechen. Ich lasse es darauf ankommen, dass nicht viele Fremde sie nur beim Vornamen nennen. Sie findet das womöglich ein wenig provokant. Also, können Sie Fahrrad fahren?«
     
    Hughie hatte schon eine ganze Weile nicht mehr auf einem Fahrrad gesessen − nicht seit Kindertagen. Folglich war es eine grauenhafte Erfahrung, durch die Stadt zu radeln. Als er schließlich vor dem Haus Chester Square Nummer 45 vorfuhr, lagen seine Nerven bloß, und er schwitzte heftig, denn die letzten fünfhundert Meter war ihm ein knurrender schwarzer Jaguar dicht auf den Fersen gewesen.
    Mit zittrigen Beinen stieg er ab, lehnte das Fahrrad gegen das schmiedeeiserne Geländer und beugte sich vor, um zu Atem zu kommen. Er versuchte, die allzu lebendige Erinnerung an Hyde Park Corner auszublenden, wo er auf Teufel
komm raus in die Pedale getreten hatte, eingezwängt zwischen riesige rote Busse, die ohne Unterlass hupten, unvermittelt die Spur wechselten und ihn immer viel zu schnellen Autos vor die Stoßstange scheuchten. Hughie hatte eine Epiphanie: Die Frau in dem Range Rover, die nichts Dringenderes vorhatte als einen Friseurtermin, könnte ihn überfahren, und solange er den Verkehrsstrom nicht behinderte, würde niemand sich darum kümmern, geschweige denn sie zur Rechenschaft ziehen.
    Die Haustür ging auf.
    »Sie können das nicht da stehen lassen«, informierte eine arrogante Stimme ihn. »Bitte entfernen Sie es sofort!«
    Hughie schaute auf.
    Der Butler beherrschte die Kunst − die gutem Hauspersonal ebenso eigen war wie Internatsschullehrern −, diejenigen, von denen er umgeben war, als unzulänglich einzustufen, noch bevor diese überhaupt etwas getan oder gesagt hatten.
    Natürlich fühlte sich Hughie sofort wie zu Hause, schließlich war er lange genug in einem Internat gewesen.
    »Hallo!« Er sprang die Stufen hinauf. »Eilzustellung. Per Boten, wie man so schön sagt.«
    Der Butler nahm den Umschlag und schauderte, als er laut vorlas: »Für ›Olivia‹. So, so. Und wer sind Sie?«
    »Nur der Kurier«, sagte Hughie. »Ich meine, falls jemand fragt.«
    »Verstehe. Sie sind aber nicht gekleidet wie ein typischer Kurier.«
    Hughie schaute an seiner Jeans hinunter. »Meine Radlerhosen sind alle in der Wäsche.«
    Der Mann rümpfte die Nase. »Ja, dieses elastische Zeug kann unangenehm sein.«
    »Wie der Teufel!«

    »Man trocknet es am besten an der Luft, finden Sie nicht?«
    »Absolut.«
    »Das ist bei allen synthetischen Stoffen so. Und bei Lurex besonders. Kunstfasern sind am schlimmsten.«
    Hughie blinzelte. »Eindeutig.« Er ging die Stufen hinunter. »Also, okay. Danke.«
    Gaunt schaute zufrieden zu, wie Hughie mit dem Fahrrad eilig um die Ecke und außer Sichtweite radelte.
    Junge Menschen waren so leicht durcheinanderzubringen. Es war, als hätte Gott sie allein zu seiner Belustigung erschaffen.

Der

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