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Der Flirt

Titel: Der Flirt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen Tessaro
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Clara. Der Tag würde noch nicht zu Ende sein, da würde sie Witze über das Ganze reißen und auf ihre eigenen Kosten lachen und weitermachen wie immer.
    Er nahm noch einen Zug.
    Tief am Horizont blinzelte Venus einsam am Nachthimmel.

Die Einladung
    Olivia nahm die Karte von Smythson’s aus der Tasche ihres Morgenmantels. Sie hatte die halbe Nacht darauf gestarrt, und jetzt saß sie auf den Stufen zum Garten und betrachtete sie schon wieder.
    Ich habe immer gewusst,
dass ich dich eines Tages finden würde.
    Eine schlichte Feststellung. Und absolut anmaßend. Jemand hatte sie gesucht, an sie gedacht.
    Aber wer? Und wann hatte er sie gefunden?
    Kannte sie ihn?
    Von Arnaud konnte die Karte unmöglich sein, so viel war sicher. Eine derart selbstlose Geste war ihm jetzt unmöglich.
    Es war so lange her, seit sie das letzte Mal Aufmerksamkeit bekommen hatte, dass der Gedanke, dass jemand sie bemerkt hatte, fast unerträglich war. Ein ganzer Ozean des Verlangens überflutete sie, gewaltig und unkontrollierbar.
    Ich weiß nicht, wie ich mich verhalten soll, dachte sie. Oder was ich machen soll. Doch da erwachte ein anderer, sehr viel jüngerer und enthusiastischerer Teil von ihr zum Leben. »Ich bin jemandem aufgefallen!«, quietschte er begeistert. »Ich bin hier! Ich existiere!«
    Sie hätte die Karte am liebsten weggeworfen, ignoriert.

    Stattdessen schob sie sie in ihre Tasche.
    Dann holte sie sie wieder heraus.
    Und steckte sie erneut weg.
    Schließlich kam Ricki.
    »Hey.« Sie sah Olivia überrascht an, während sie einen Sack Blumendünger auf der Terrasse ablud. »Was machen Sie hier draußen?«
    »Ein bisschen nachdenken.« Olivia stand auf und zog den Morgenrock enger um sich.
    »Das wird noch zur Gewohnheit, dass Sie im Morgengrauen wach werden, was?« Ricki holte ihre Zigaretten heraus. »Möchten Sie eine?«
    »Ja, gerne!«
    Ricki reichte ihr eine, und sie zündeten sie an.
    »Eigentlich möchte ich Ihnen etwas zeigen.« Olivia reichte Ricki die Karte. »Was halten Sie davon?«
    »›Ich habe immer gewusst, dass ich dich eines Tages finden würde‹«, las Ricki laut vor und runzelte die Stirn. »Schulden Sie jemandem Geld?«
    »Nein! Die ist gestern Nachmittag von einem Boten abgegeben worden. Gaunt sagte, ein junger Mann hätte sie gebracht.«
    »Hm.«
    »Und, was halten Sie davon?«
    »Ich weiß nicht.« Sie gab ihr die Karte zurück. »Vielleicht mag jemand Sie.«
    »Aber ich will nicht gemocht werden!«, platzte Olivia heraus.
    »Nicht?« Ricki lehnte sich an die Wand und blies einen Rauchring in die klare Morgenluft. »Warum nicht?«
    Egal, was Ricki tat, es war immer ungeheuer lässig.
    »Weil« - Olivia ging auf dem schmalen Rasen hin und her - »es bedeutet … Ich weiß nicht, sich selbst zu verlieren
− runtergezogen zu werden. Dass jemand einen mag, ist nur der Anfang; es fängt immer nett an, aber bevor man sich’s versieht, ist es wie bei Persephone, die in die Unterwelt gezerrt wird.«
    Ricki atmete aus. »Sie sind wohl ein Kontrollfreak, was?«
    »Wie bitte?«
    »Sie müssen immer alles unter Kontrolle haben.« Sie schob sich die Zigarette in den Mundwinkel und schnitt mit einem Taschenmesser, das sie in der Gesäßtasche bei sich trug, den Sack mit dem Blumendünger auf. »Wollen Sie meinen Rat hören? Ich meine, fragen Sie mich wirklich danach?«
    Olivia war sich nicht sicher. »Okay«, sagte sie halbherzig.
    »Lassen Sie los. Schauen Sie einfach, was passiert. Es ist nur eine Karte. Vielleicht steckt gar nichts dahinter.«
    Das hatte Olivia noch gar nicht in Erwägung gezogen. Plötzlich tat es ihr sehr leid, wenn nichts dahinterstecken würde.
    »Wären Sie so nett, den Schlauch aufzudrehen?«, bat Ricki. Sie leerte den Sack mit dem Blumendünger aus und vermischte ihn in einer großen, grünen Plastikgießkanne mit Wasser. »Es ist wie eine Einladung, nicht wahr?«, fuhr sie fort und verteilte die Mischung unter einer Reihe weißer Rosen.
    »Zu was?«
    »Zu etwas Unbekanntem. Etwas, worauf Sie noch nicht gekommen sind.«
    »Und das soll mir gefallen?«
    Ricki drehte sich um. Olivia konnte ihre Miene nicht recht deuten: War das etwa Belustigung?
    »Nein. Vielleicht.« Sie zuckte die Achseln. »Spielt das eine Rolle?«
    »Natürlich spielt das eine Rolle!« Provozierte sie sie absichtlich?
»Möchten Sie etwa von irgendeinem Fremden ins Unbekannte gezerrt werden?«
    »Ah, aber das klingt so sexy, wenn Sie es sagen!« Ricki nahm einen letzten Zug und trat die Zigarette mit dem Absatz

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