Der Fluch Der Bösen Tat
Wir haben ganz routinemäßig immer auf jeden geachtet, der die Kirche betrat, wenn wir dort waren. Natürlich wissen wir nicht, was die Leute gemacht haben, wenn wir nicht dort waren. Aber wir hatten nie irgendwelchen Ärger.«
»Nein«, sagte Meredith.
»Und Hester hatte wohl auch an diesem Tag keinen Ärger, wenn sie auf der Bank gekniet hat, um zu beten, da haben Sie ganz Recht.« Sie fragte sich, ob Ruth vielleicht bereits der Gedanke gekommen war, dass der Mörder und Hester sich gekannt hatten. Offensichtlich nicht. Sie stellte die Frage, von der sie Alan erzählt hatte und die ihr ständig durch den Kopf ging.
»Hat Hester regelmäßig gebetet, wenn sie in die Kirche ging?« Ruth hob die Augenbrauen und zuckte die Schultern.
»Nicht, wenn wir zusammen dort waren, um sauber zu machen. Vielleicht hat sie es gemacht, wenn sie alleine war. Ich weiß es nicht.«
»War Hester religiös?«
»Sie war praktizierende Anglikanerin, wenn Sie das meinen.« Ruth kehrte zum ersten Thema zurück.
»Die Beamtin wollte immer wieder wissen, welche Pläne Hester für den Morgen gehabt hat. Ich konnte ihr nur sagen, dass sie ein paar Erledigungen machen wollte, einschließlich dem Aufschließen der Kirche. Allerdings …« Ruth atmete tief durch.
»Bis jetzt hat sich niemand gemeldet und gesagt, dass er sie im Dorf gesehen hat. Niemand hat gesehen, wie sie die Kirche aufgeschlossen hat. Niemand hat sie sonst irgendwo beobachtet. Ich fange allmählich an mich zu fragen, ob die Polizei mich verdächtigt.«
»Selbstverständlich nicht!«, rief Meredith erschrocken.
»Die Polizei hat bis jetzt noch überhaupt keinen Verdächtigen! Sie ist noch ganz am Anfang ihrer Ermittlungen, und außerdem – warum sollte man Sie verdächtigen?«
»Weil ich offensichtlich die letzte Person bin, die Hester lebend gesehen hat. Weil ich die einzige bin, die im Stande ist, zu sagen, was Hester an diesem Morgen tun wollte, und weil ich kein Alibi habe. Weil die arme Hester mit niemandem im Dorf zu tun hatte. Weil sie keine Freunde in Lower Stovey hatte.« Alans Worte, dass die Gefahr in der Regel von unseren Nächsten und Lieben ausgeht und nicht von Fremden, echoten unbehaglich durch Merediths Gedanken.
»Was die Polizei auf jeden Fall tun wird«, sagte Meredith,
»ist, Hesters Vergangenheit zu untersuchen. Der Mord an ihr könnte mit etwas zu tun haben, das vor vielen Jahren geschehen ist, lange bevor sie zu Ihnen gezogen ist.« Das Resultat ihrer Worte war verblüffend. Sämtliche Farbe wich aus Ruths Gesicht.
»Das wird sie tun? So weit geht die Polizei zurück?«, flüsterte sie.
»Weit genug jedenfalls, schätze ich. Warum? Gibt es etwas in Hesters Vergangenheit?«, fügte sie sanft hinzu.
»Nein, überhaupt nichts!« Ruths Stimme klang plötzlich halsstarrig und entschieden.
»Absolut nichts! Hester hat keine ›Vergangenheit‹! Sie hat jahrelang unterrichtet, bis sie pensioniert wurde, und dann ist sie zu mir gezogen.«
»Sie hatte auch keine Familie, nehme ich an, mit Ausnahme von Ihnen?«
»Ich habe das schon Ihrem Freund gesagt, Superintendent Markby, und ich habe der Beamtin am Freitagmorgen das Gleiche erzählt. Hester hatte niemanden außer mir.« Die Unterhaltung wurde von einem energischen Klopfen an der Tür unterbrochen.
»Das wird diese Frau sein!«, flüsterte Ruth.
»Ignorieren Sie es einfach.« Es klopfte erneut.
»Lassen Sie mich zur Tür gehen«, bot Meredith an.
»Ich wimmele sie ab.« Sie erhob sich und ging, um die Haustür einen Spaltbreit zu öffnen. Die junge Frau, die Meredith zuvor an anderen Türen klopfen gesehen hatte, stand auf der Schwelle und lächelte gut gelaunt trotz des Nieselregens, der ihre langen blonden Haare an ihrem Kopf kleben ließ.
»Mrs. Aston?«
»Nein, ich bin eine Freundin. Mrs. Aston ist unpässlich. Sie werden sicher verstehen, dass sie nicht mit der Presse zu reden wünscht.«
»Wie steht es mit Ihnen?«, fragte die junge Frau beharrlich.
»Wie nimmt Mrs. Aston diesen Schicksalsschlag auf? Haben Sie einen Verdacht, wer der Mörder sein könnte? Kann ich Ihren Namen haben?«
»Nein, können Sie nicht.« Wenn diese eifrige junge Frau je herausfand, dass Meredith die Leiche entdeckt hatte, war jegliche Hoffnung auf Ruhe und Frieden für eine Weile dahin.
»Es gibt nichts, das irgendjemand Ihnen erzählen könnte. Bitte gehen Sie wieder.« Meredith schloss die Tür.
»Sie kommt zurück«, warnte sie Ruth, als sie zum Kamin im Wohnzimmer zurückgekehrt war, wo Ruth
Weitere Kostenlose Bücher