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Der Fluch der Makaá

Der Fluch der Makaá

Titel: Der Fluch der Makaá Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Talbiersky
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Freie traten, quittierte die Taschenlampe ihren Dienst. Die Batterien waren leer.

M ateo kam uns auf halbem Weg entgegen. „Da seid ihr ja endlich!“, rief er sichtlich erleichtert und winkte uns stürmisch zu. „Langsam habe ich mir Sorgen gemacht. Ein Touristenboot ist soeben über die Lagune gefahren, beeilt euch, sonst kommen wir ihnen noch in die Quere.“
    Wir versuchten mit Mateo Schritt zu halten und stolperten hinter ihm durch den Urwald. Die hinteren Baumreihen waren noch nicht in Sicht, als sich unter das Geschnatter der Affen und das Gezwitscher der Vögel das Stimmengewirr einer nicht so kleinen Menschengruppe mischte. Mateo seufzte. Wir waren nicht schnell genug gewesen, und eine Ausweichmöglichkeit gab es nicht. Der Urwald war auf beiden Seiten viel zu dicht, als dass wir uns einen Weg durch ihn hätten bahnen können. Das orangefarbene Käppi des Reiseleiters, dem die Touristenschar treuherzig folgte, leuchtete im Grün des Urwalds wie eine seltene Tropenblume. Noch bevor der Mann in khakifarbenen Shorts und passendem Safari-Hemd hinter der Biegung auf unserem Pfad erschien, atmete Mateo erleichtert auf. „Das ist John Tanriver“, rief er erfreut. „Wir haben Glück – ich kenne ihn!“
    Mr. Tanriver, oder John, wie ihn Mateo nannte, war ein sportlicher Mann im mittleren Alter. Er staunte nicht schlecht, als er einen Indianer und drei pitschnasse Kinder vor sich stehen sah, hatte er doch die erste Touristenführung an diesem Morgen übernommen! Jedoch löste er sich rasch aus der Erstarrung und lief mit großen Schritten auf uns zu. „Mateo“, strahlte er und legte dem Indianer freundschaftlich beide Hände auf die Schultern. „So good to see ya! How are ya, ol’ chap?“ Mateo antwortete im perfekten Englisch und versetzte dadurch die Touristenschar, eindeutig Amerikaner, in entzücktes Erstaunen. Einen Einheimischen in ihrer Muttersprache sprechen zu hören, veranlasste den einen oder anderen, seine Kamera zu zücken, und eh wir uns versahen, tobte ein Blitzlichtgewitter über uns. „One second, guys“, drehte sich John seiner Gruppe zu und hob abwehrend die Hände. „I’ll be righ’ with ya again, gimme jus’ a minute, alrigh’?“ Dann nahm John Mateo am Arm und zog ihn sanft, aber bestimmt ein Stück von der Gruppe weg. Da auch wir nicht vorhatten, weiterhin Fotomodell zu stehen, folgten meine Brüder und ich den beiden.
    „Now c’mon, ol’ chap, tell me: whassup? Are ya doin’ private tours a’ready?“ Ich hörte Mateo leise verneinen. „An’ what abou’ these kids? Who are they?“ „Just friends“, raunte Mateo dem amerikanischen Reiseleiter zu. Ich hatte mich wirklich gefragt, was der Indianer John alles erzählen würde, und in wie weit er dem Mann vertraute. Schnell wurde mir jedoch klar, dass John überhaupt keine Ahnung hatte, was sich hinter dem Wasserfall eigentlich befand, durch den er jeden Tag aufs Neue ganze Bootsladungen begeisterter Touristen hindurchscheuchte. Hätte er es gewusst, wäre der Canaima Nationalpark entweder um eine Attraktion reicher oder um eine ärmer gewesen. Denn entweder wären die einäugigen Frösche der Renner schlechthin, oder der Salto Sapo und alles, was er hinter seinem weißen Schleier verbarg, würden aus sämtlichen Tourprogrammen gestrichen werden. Wer legt sich schon gerne mit dem schwarz-weißen Zauber eines uralten Indianerstammes an, der seine Mitglieder sämtlich überlebt hatte? Uns natürlich ausgenommen.
    „I promised to show them the falls”, erläuterte Mateo gerade. „We arrived only this morning. The boat is right at the shore. You must have seen it.”
    „Nope”, machte John und stützte seine Arme in die Hüfte. Er runzelte die Stirn und schien über etwas nachzudenken. „You came by kayak?”, rief er kopfschüttelnd. „Ya guys did all the way from Uruyén to this place by boat?”
    „Not all at once, of course”, log Mateo, und ich muss gestehen, dass ich überrascht war, wie überzeugend er klang.
    „No, ’f course not. It’s such a long way“, stimmte John lachend zu und rieb sich noch immer leicht verwundert die Stirn. „Did ya sign in at the information desk?“, erkundigte sich der Reiseleiter.
    „We are right on the way“, meinte Mateo. „It was closed by the time we arrived, but, of course, we will sign in!”
    „A’right, ol’ chap. Relax. I’m sure it’s gonna be ok. Tony is in the office now. Don’ worry about him. He’ll be happier to see ya than being mad with your

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