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Der Fluch der Maorifrau

Der Fluch der Maorifrau

Titel: Der Fluch der Maorifrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Walden
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überreichte er Sophie ein Rückflugticket erster Klasse nach Deutschland für den zweiten Januar. »Freust du dich?«
    Sophie fehlten die Worte. Was als nette Geste ihres Verlobten gedacht war, erschreckte sie bis ins Mark. Sie hatte die Frage, wann sie den Heimweg antreten würde, völlig verdrängt. Ja, sie war nicht einmal stutzig geworden, dass Jan sich seit ihrem letzten Gespräch nicht wieder bei ihr gemeldet hatte.
    »Hat es dir die Sprache verschlagen?« Jan betrachtete sie durchdringend.
    »Ich, ja, ich weiß gar nicht, ob ich schon nach Hause fliegen möchte ...«
    »Sophie, jetzt reiß dich aber zusammen! Ich verstehe ja, dass du durcheinander bist wegen des plötzlichen Tods deiner Mutter, aber nun liegt sie friedlich unter der Erde, genau, wie sie es sich gewünscht hat, und da wird es allerhöchste Zeit, dass du wieder nach Hause kommst.«
    Sophie wollte etwas entgegnen, biss sich jedoch auf die Lippen. Es war kein günstiger Moment, ihm anzuvertrauen, dass sie inzwischen selber nicht mehr so ganz genau wusste, wo ihr Zuhause war.
    In diesem Augenblick bemerkte sie, dass er die Aufzeichnungen ihrer Mutter vom Nachttisch aufgenommen hatte.
    »Bitte nicht!«, flehte sie, trat auf ihn zu und streckte fordernd die Hand danach aus.
    »Hast du etwa Geheimnisse vor mir?«, fragte er neckisch und zögerte, ihr den Packen Papiere zu geben.
    »Jan, bitte!«, wiederholte sie, aber er lachte nur dröhnend.
    »Komm her, hole es dir!«
    Sophie nahm ihn beim Wort; sie riss ihm das Manuskript mit einem einzigen Ruck aus der Hand und drückte es fest an die Brust.
    »Was ist denn das Geheimnisvolles?«, wollte Jan nun wissen. Er lachte nicht mehr.
    »Das sind Aufzeichnungen meiner Mutter über meine Familie.«
    »Ach so!«, erwiderte er und grinste wieder. »Und was gibt es für finstere Geheimnisse, die du deinem Mann vorenthalten willst?«
    Statt ihm seine Frage zu beantworten, entgegnete Sophie nun, ohne zu zögern. »Ich kann erst zurückfliegen, wenn ich in Pakeha gewesen bin.«
    »Pake was?«
    »Es ist ein Strandhaus in Ocean Grove, das ich von meiner Mutter geerbt habe.«
    »Ein Strandhaus in Neuseeland? Eins in Timmendorf wäre mir lieber«, sagte er scherzhaft.
    »Ich muss dort gewesen sein, bevor ich nach Hause fliege«, erwiderte Sophie ernst.
    »Wo ist das Problem?«, fragte Jan und fügte entschlossen hinzu. »Wir werden morgen hinfahren, es uns ansehen und den Mindestpreis festsetzen, damit dieser Anwalt es meistbietend verkaufen kann.«
    Der Gedanke, mit Jan nach Pakeha zu fahren, behagte Sophie ganz und gar nicht. Aber vielleicht ist es sogar ganz heilsam, redete sie sich schließlich ein. Wenn ich mit ihm hinfahre, entfaltet das Ganze bestimmt keinerlei Zauber und ich kann mich endlich von diesem Land lösen, das mich magisch anzieht und nicht mehr loslassen will.
    »In Ordnung!«, erklärte Sophie schließlich und schlug ihm vor, essen zu gehen und sich für morgen einen Wagen zu mieten.
    »Unser Rover steht bereits vor der Tür. Ich bin doch vom Flughafen nicht mit dem Bus hergefahren«, bemerkte er nicht ohne Stolz, und sie verspürte sofort ein gewisses Unbehagen bei seinen Worten. Alles, was er sagte, klang so aufgesetzt und diente offensichtlich nur dem einem Ziel: dass sie merkte, was für ein toller Kerl er war, und ihn bewunderte.
    Sophie erschrak. Sie hatte Jan tatsächlich einmal dafür bewundert, dass er alles im Griff hatte, sich stets nur mit dem Besten zufriedengab, pragmatisch und berechenbar war. Wo aber ist sein Charme, seine Magie?, fragte sie sich nun. Ich muss mich nur wieder an ihn gewöhnen!, redete sie sich zu, dann wird bestimmt bald alles wieder gut.
 
    An diesem Abend wollte die Vertrautheit sich jedoch nicht einstellen, obwohl sie eines der schönsten Restaurants Dunedin besuchten. Sie aßen köstlich zubereiteten Fisch, plauderten über ihre bevorstehende Hochzeit. Jan raunte ihr über den Tisch hinweg zu, dass sie bezaubernd aussähe, was er ansonsten eher selten tat. Doch Sophie konnte sich nicht freuen. Ihr Unbehagen wuchs, weil Jan sich nicht ein einziges Mal nach ihrer Mutter erkundigte. Hatte er nicht schon immer behauptet, dass Emma eine anstrengende Person sei, die er nur bei bester Laune ertragen könne? Wenn Sophie es sich recht überlegte, hatte er ihre Mutter nie gemocht. Emma war ja auch manchmal anstrengend, dachte Sophie nun, und trotzdem traten ihr die Tränen in die Augen bei dem Gedanken, dass ihre Mutter sie nie wieder mit ihren Launen auf Trab halten

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