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Der Fluch der Sphinx

Titel: Der Fluch der Sphinx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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hieroglyphischen Symbole ließen auch »Methode«, »Schema« oder sogar »Trick« zu, aber syntaktisch ergab »Weg« den meisten Sinn. Doch sie verstand nicht, was der Text bedeuten solle.
    Die vollendete Übersetzung des Textes gab Erica das Gefühl, etwas geleistet zu haben. Außerdem war ihr das Leben im alten Ägypten dadurch wieder erstaunlich näher gerückt, und sie lächelte über Nenephtas Überheblichkeit. Trotz seines angeblichen Weitblicks hinsichtlich der Habgier der Grabräuber und des »Weges« war Sethos’ prunkvolles Grab noch keine hundert Jahre später nach seiner Versiegelung bereits ausgeplündert worden, während das unbedeutende Grab Tutanchamuns dreitausend Jahre länger unangetastet bleiben durfte.
    Erica nahm die Übersetzung nochmals vor und las erneut den Abschnitt, worin Zoser und Khufu erwähnt waren. Plötzlich fiel ihr ein, daß sie bedauerlicherweise noch nicht die Große Pyramide besichtigt hatte.
    Anfangs war sie sich außerordentlich gescheit vorgekommen, daß sie nicht – wie alle anderen Touristen – zuerst hinüber zu den Pyramiden von Giseh gewetzt war; jetzt wünschte sie, sie hätte es getan. Wie konnte Neferhotep beim Bau der Großen Pyramide den »Weg« benutzen, ohne ihn voll zu verstehen? Ericas Blick verweilte auf den fernen Bergen. Angesichts all der vielen mysteriösen Deutungen, die man der Form und den Ausmaßen der Großen Pyramide zuschrieb, hatte Erica ein weiteres, noch älteres Rätsel entdeckt. Selbst zu Nenephtas Lebzeiten war die Große Pyramide schon ein altes Bauwerk gewesen. Wahrscheinlich hatte Nenephta, überlegte Erica, nicht viel mehr als sie über die Große Pyramide gewußt. Sie beschloß, sie zu besichtigen. Wenn sie in ihrem Schatten stand oder durch ihre tiefen Innenräume schritt, begriff sie vielleicht, was Nenephta mit dem »Weg« gemeint hatte.
    Erica sah auf die Uhr. Sie konnte noch mühelos den Neunzehn-Uhr-dreißig-Nachtzug nach Kairo erreichen. In fieberhafter Eile packte sie die Polaroidkamera, den Baedeker, das Blitzlichtgerät, eine Jeans und frische Unterwäsche in ihre Segeltuchtasche. Anschließend nahm sie ein kurzes Bad.
    Ehe sie das Hotel verließ, rief sie Achmed an und gab ihm Bescheid, daß sie für etwa einen Tag nach Kairo fahre, weil sie plötzlich das unwiderstehliche Bedürfnis verspüre, die Große Pyramide des Khufu zu besichtigen.
    Voller Argwohn fragte Achmed: »Hier in Luxor gibt es soviel zu sehen. Kann das nicht warten?«
    »Nein. Ich muß sie besichtigen, und zwar gleich!«
    »Treffen Sie Yvon de Margeau?«
    »Vielleicht«, wich Erica aus. Sie fragte sich, ob Achmed vielleicht eifersüchtig sei. »Soll ich ihm etwas ausrichten?« Sie wußte, daß sie ihn damit reizte.
    »Nein, natürlich nicht. Erwähnen Sie bitte meinen Namen nicht. Rufen Sie mich an, wenn Sie wieder hier sind.« Achmed legte auf, bevor sie sich verabschieden konnte.
     
    Als Erica in den Zug nach Kairo stieg, betrat Lahib Zayed gerade das Winter Palace Hotel. Er hatte eine vertrauliche Mitteilung für Erica: Man werde ihr unter der Voraussetzung, daß sie sich an gewisse Bedingungen hielt, morgen abend eine Statue Sethos’ I. zeigen. Aber Erica war nicht in ihrem Zimmer, und er beschloß, es später noch einmal zu versuchen; er machte sich Gedanken, was Mohammed wohl mit ihm anstellen werde, falls er sie nicht erreichte.
    Nachdem der Zug abgefahren war, ging Khalifa ins Hauptpostamt und telegrafierte an Yvon de Margeau, daß Erica Baron nach Kairo unterwegs sei; er fügte hinzu, daß sie sich irgendwie seltsam verhalten habe, und er erwarte im Savoy Hotel weitere Anweisungen.

 
8. Tag
     
Kairo, 7 Uhr 30
     
    Das Gelände der Pyramiden von Giseh war ab acht Uhr morgens geöffnet. Da sie bis dahin noch eine halbe Stunde Zeit hatte, setzte sich Erica ins nahe Mensa House Hotel, um dort ein zweites Frühstück zu sich zu nehmen. Eine schwarzhaarige Serviererin führte sie an einen Tisch auf der Terrasse. Erica bestellte Kaffee und Melone. Nur wenige Leute saßen beim Frühstück; im Swimmingpool war niemand. Von der Terrasse aus konnte man über einige Palmen und Eukalyptusbäume hinweg die Große Pyramide des Khufu sehen. In elementarer Schlichtheit ragte ihr dreieckiger Rumpf in den Morgenhimmel empor.
    Da Erica schon seit ihrer Kindheit immer wieder von der Großen Pyramide gehört hatte, glaubte sie, beim tatsächlichen Anblick des Monuments ein wenig enttäuscht zu sein. Aber das war nicht der Fall. Die Erhabenheit und Symmetrie des

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