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Der Fluch der Sphinx

Titel: Der Fluch der Sphinx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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für seinen derzeitigen Zustand zu finden. Die Dinge gerieten außer Kontrolle, und so etwas war er nicht gewöhnt.
    Er schwang seine Beine über die Bettkante und setzte sich auf, betrachtete den Wecker. Diesmal verzichtete er darauf, sich mit der Tücke des Objekts auseinanderzusetzen, er beugte sich vor und riß einfach den Stecker aus der Dose. Das nahezu unhörbare Ticken der elektrischen Uhr verstummte. Der Sekundenzeiger stand still. Neben der Uhr stand ein Foto Ericas, das sie beim Skilaufen zeigte. Statt in die Kamera zu lächeln, hatte sie wieder ihren Schmollmund gemacht, der Richard abwechselnd ärgerte und mit Verlangen erfüllte. Er griff hinüber und drehte das Bild um, brach damit seinen Bann. Wie konnte ein so schönes Mädchen wie Erica in eine Kulturepoche vernarrt sein, nach der seit dreitausend Jahren kein Hahn krähte? Dennoch fehlte sie ihm schrecklich, und dabei war sie erst seit zwei Tagen fort. Wie sollte er nur vier Wochen ohne sie aushalten?
    Richard stand auf und lief splitternackt in die Toilette. Mit seinen vierunddreißig Jahren war er gut in Form. Er war immer sportlich gewesen, auch während des Medizinstudiums, und auch heute, obwohl er nun schon seitdrei Jahren eine eigene Praxis führte, spielte er noch regelmäßig Tennis und Squash. Sein Körper, eins neunzig groß, war sehnig und muskulös. Wie Erica einmal gesagt hatte, besaß sogar sein Hintern Format.
    Vom Bad begab er sich in die Küche, setzte Wasser zum Kochen auf und goß sich ein Glas Orangensaft ein. Im Wohnzimmer öffnete er die Rolladen. Die Fenster blickten auf den Louisburg Square. Die Oktobersonne durchdrang das goldgelbe Laub der Ulmen, vertrieb die Kälte aus der Morgenluft. Richard lächelte matt, wodurch sich die Fältchen in seinen Augenwinkeln vertieften und Grübchen sich in seinen Wangen bildeten. Er war ein gutaussehender Mann mit gleichmäßigen, etwas verschmitzten Gesichtszügen unter dichtem honigblondem Haar. Seine tiefliegenden blauen Augen blinzelten häufig schalkhaft.
    »Ägypten«, stöhnte Richard trostlos vor sich hin. »Herrgott, das ist ja fast wie eine Reise zum Mond. Zum Teufel, warum mußte sie nach Ägypten?«
    Er duschte, rasierte sich und kleidete sich an, frühstückte, alles geschah nach einem längst eingefleischten, durchrationalisierten Schema. Die einzige Störung seiner gewohnten Routine entstand durch die Sockenfrage. Die sauberen Socken waren ihm ausgegangen, und er mußte sich wieder welche aus der Wäschetruhe klauben. Der Tag drohte fürchterlich zu werden. Unterdessen konnte er an nichts anderes denken als an Erica. Schließlich ließ er sich in seiner Verzweiflung mit Ericas Mutter in Toledo verbinden, mit der er sich bestens verstand. Da es erst acht Uhr dreißig war, wußte er, daß er sie noch erwischen konnte, bevor sie zur Arbeitging. Nach einem kurzen allgemeinen Geplauder kam Richard zur Sache.
    »Hast du inzwischen von Erica gehört?«
    »Mein Gott, Richard, sie ist doch erst seit einem Tag fort.«
    »Sicher, aber es hätte ja sein können. Ich mache mir Sorgen um sie. Ich kapiere nicht, was mit ihr los ist. Alles war in schönster Ordnung, bis wir begannen, vom Heiraten zu reden.«
    »Na, du hättest eben vor einem Jahr damit anfangen sollen.«
    »Vor einem Jahr war das noch nicht drin. Meine Praxis war ja gerade erst richtig angelaufen.«
    »Natürlich hättest du schon vor einem Jahr vom Heiraten sprechen können. Aber damals wolltest du’s eben nicht. So einfach ist das nun mal. Und wenn du dir jetzt um sie Sorgen machst, hättest du sie davon abhalten sollen, nach Ägypten zu reisen.«
    »Ich hab’s ja versucht.«
    »Hättest du’s wirklich versucht, Richard, wäre sie noch in Boston.«
    »Janice, ich habe es wirklich ernsthaft versucht. Ich habe zu ihr gesagt, wenn sie nach Ägypten reist, wüßte ich nicht, was aus unserer Beziehung würde. Nachher könne alles anders sein.«
    »Und was hat sie darauf erwidert?«
    »Es tue ihr leid, aber diese Reise sei für sie sehr wichtig.«
    »Das ist sicher nur so eine vorübergehende Stimmung, Richard, sie kommt bestimmt bald darüber hinweg. Du mußt ganz einfach die Ruhe bewahren.«
    »Wahrscheinlich hast du recht, Janice. Ich hoffe es jedenfalls. Sobald du etwas von ihr hörst, gib mir Nachricht.«
    Richard legte auf und gestand sich ein, daß er sich jetzt nicht wesentlich wohler fühlte als vorher. Vielmehrhatte er die unbestimmte Ahnung, daß Erica ihm bereits entgleiten würde. Aus einer plötzlichen

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