Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Fluch der Sphinx

Titel: Der Fluch der Sphinx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
Vom Netzwerk:
mit beiden Händen das Lenkrad umklammerte, auf sie zuschoß wie auf einer Rennbahn. Er fuhr unerbittlich und aggressiv, obwohl das Verhalten der übrigen Verkehrsteilnehmer ihn weder anreizte noch in Wut brachte. Wenn ein anderes Fahrzeug sich vor ihm einfädelte, regte er sich nicht auf. Er wartete geduldig, bis sich wieder eine Lücke ergab, dann fuhr er blitzartig hinein.
    Sie fuhren aus der belebten Stadtmitte nach Südwesten, kamen unterwegs an den Resten der alten Stadtmauer und der prachtvollen Zitadelle Saladins vorbei. Im Innern der Zitadelle ragten die Kuppeln und Minarette der Mohammed-Ali-Moschee in stolzer Verkörperung der weltlichen Macht des Islams gen Himmel. In der Höhe des nördlichen Zipfels der Insel Roda gelangten sie zum Nil. Dort bogen sie nach rechts ab und fuhren auf die breite Avenue am Ostufer des gewaltigen Stroms. Das glitzernde kühle Blau des Wassers, das den Schein der Nachmittagssonne wie mit einer Million Diamanten widerspiegelte, bildete einen erfrischenden Kontrast zu dem Lärm und der Hitze der Kairoer Innenstadt. Als Erica am Vortag den Nil zum ersten Mal erblickt hatte, war sie von seiner Geschichte und der Tatsache, daß seine Fluten aus dem fernen Äquatorialafrika kamen, tief beeindruckt gewesen. Aber heute erst konnte sie richtig begreifen, daß Kairo und das gesamte bewohnte Ägypten ohne den Fluß nicht existieren konnten. Die ständige drückende Hitze und der Staub kündeten von der Kraft und Härte der Wüste, die sozusagen immerzu an Kairos Hintertür lauerte.
    Yvon parkte direkt vorm Haupteingang des Hilton. Er ließ die Autoschlüssel stecken und kam dem Türsteher des Hotels, einem Turbanträger, beim Öffnen der Beifahrertür zuvor. Er half Erica ritterlich aus dem Wagen. Erica, die erst vor kurzem die grauenvollsten Szenen ihres Lebens mitansehen mußte, lächelte angesichts dieser unerwarteten Höflichkeit. Da sie aus Amerikakam, war sie es nicht gewöhnt, daß sich ein so offenkundig männlicher Zeitgenosse mit derart unwesentlichen Artigkeiten befaßte. Diese Kombination gab es nur in Europa, und Erica konnte trotz ihrer allgemeinen Erschöpfung nicht anders, als sie einfach zauberhaft finden.
    »Ich warte hier auf Sie, falls Sie sich erst auf Ihrem Zimmer etwas frisch machen wollen«, meinte Yvon, als sie das von regem Betrieb erfüllte Foyer betraten. Die Nachmittagsmaschinen der internationalen Fluglinien waren eingetroffen.
    »Ich glaube, ich muß erst mal etwas trinken«, sagte Erica nach kurzem Zögern.
    Die Temperatur im klimatisierten, mit einer Cocktailbar ausgestatteten Gesellschaftsraum des Hotels war direkt eine Erfrischung; es war, als gleite man in ein Becken mit kristallklarem, kühlem Wasser. Sie setzten sich in eine Ecknische und gaben ihre Bestellungen auf. Als die Drinks kamen, hielt sich Erica ihr von Kälte beschlagenes Glas mit Wodka und Tonic für einen Moment an die Wange, um die Kälte des Getränks richtig zu genießen.
    Während sie Yvon musterte, der gelassen von seinem Pernod trank, erkannte sie, wie rasch er sich seiner Umgebung anpaßte. Er fühlte sich in den entlegensten Winkeln der Khan el Khalili ebenso wohl wie im Hilton. Immer zeigte er das gleiche Selbstvertrauen, die gleiche Selbstbeherrschung. Bei näherer Betrachtung seiner Kleidung bemerkte Erica, wie peinlich genau sie auf ihn zugeschnitten war, und ein Vergleich dieser Eleganz mit Richards ewig getragenen Freizeitklamotten veranlaßte sie zu einem Lächeln. Doch sie wußte, daß Richard nichts an Kleidern lag, und insofern war der Vergleich unfair.
    Erica nippte an ihrem Drink und begann sich allmählich zu entspannen. Sie trank noch einen, diesmal größeren Schluck aus ihrem Glas und holte tief Atem, bevor sie ihn durch die Kehle laufen ließ. »Mein Gott, was für ein Erlebnis«, sagte sie. Den Kopf in ihre Hände gestützt, massierte sie sich die Schläfen. Yvon schwieg. Nach ein paar Minuten setzte sie sich wieder aufrecht hin. »Was gedenken Sie hinsichtlich der Sethos-Statue zu unternehmen?«
    »Ich will versuchen, sie aufzuspüren«, erwiderte Yvon. »Ich muß sie finden, ehe sie aus Ägypten verschwindet. Hat Abdul Hamdi etwas erwähnt, wohin sie gehen sollte? Irgend etwas?«
    »Nur, daß sie lediglich für einige Stunden im Laden abgestellt sei und bald ihre Reise anträte. Sonst nichts.«
    »Vor einem Jahr ist eine ähnliche Statue aufgetaucht …«
    »Was meinen Sie mit ›ähnlich‹?« fragte erregt Erica.
    »Eine vergoldete Statue Sethos’ I.«,

Weitere Kostenlose Bücher