Der Fluch Des Bierzauberers
Kommandoton wie auch das ausgelassene Jubilieren beim Feiern und Trinken.
Um ein Haar wäre ihm seine Lust zu feiern in jungen Jahren zum Verhängnis geworden. Bei einer Einladung zum Grafen Königsmarck wurde auf diesen ein heimtückischer Mordanschlag verübt. Der hatte sich in dem langen Krieg ungeheuer bereichert und schuldete der schwedischen Krone dennoch große Geldsummen. Da er zudem selbstherrlich, arrogant und brutal war, mangelte es ihm nicht an Neidern und Feinden. Ein vergifteter Becher Wein machte also die Runde, offensichtlich war das Gift aber schwerer als der Wein und befand sich hauptsächlich im Bodensatz des großen Pokals. Der Graf und der Prinz, die zuerst davon gekostet hatten, kamen mit Magenkrämpfen davon, die ärztlich behandelt werden konnten, während zwei Offiziere, die nach ihnen aus dem Pokal getrunken hatten, am nächsten Tag starben. Vielleicht war hier auch der Grund dafür zu suchen, dass man den Prinzen von Homburg ab dieser Zeit eher mit Bier denn mit Wein in Verbindung brachte.
2.
Nun, da der lange Krieg endlich beendet war, wenn auch auf Kosten eines neuen Absolutismus – es war offensichtlich geworden, dass es den Menschen lieber war, wenn ein Einziger über ihr Leben verfügte –, nutzten die Herrscher in den meisten Ländern diese Entwicklung zum rigorosen Ausbau ihrer Macht. Das einzige Land, in dem es eine andere Entwicklung gab, war gerade jenes, dem man es am allerwenigsten zugetraut hätte: einem sich eben erst entwickelnden, zarten Staatspflänzchen namens Brandenburg-Preußen.
Dort hatte der schon früher erwähnte Kurfürst Friedrich Wilhelm das Sagen, der Mann, der Jahrzehnte später den Beinamen ›Großer Kurfürst‹ erhalten sollte. Er war einige Jahre älter als der Hessenprinz und hatte bereits 1640, im jungen Alter von nur zwanzig Jahren, die Regentschaft übernommen, die er bis zu seinem Tod 1688 nicht mehr abgab. Auch seine Kindheit und Jugend war geprägt gewesen vom Krieg, er hatte mehr Zeit hinter sicheren Festungsmauern verbracht als ihm lieb war, dazu war er getrennt von seinen Eltern gewesen, nur mit einem Erzieher an seiner Seite. Mit vierzehn Jahren hatte er seine Kavaliersreise angetreten, die ihn für vier Jahre in die sicheren Niederlande geführt hatte, während seine Heimat im Krieg von schwedischen und kaiserlichen Truppen komplett verwüstet worden war. Das moderne Staatswesen wie auch der Wohlstand in den Niederlanden, hatten ihn jedoch derart und nachhaltig beeindruckt, dass er sich diese neue, junge Nation zum Vorbild genommen hatte, um das verarmte Fürstentum wieder aufzubauen. Nur ungern war er 1638 ins provinzielle, langweilige Berlin zurückgekehrt. Dann starb sein Vater, der Kurfürst Georg Wilhelm, und der knapp Zwanzigjährige sah sich nicht nur mit der Kurfürstenwürde konfrontiert, sondern auch mit einem entsetzlichen Krieg und einem katastrophal zerstörten Land, das teilweise sogar von Schweden besetzt war. Sein Vater, der in die Geschichte Brandenburg-Preußens als einer der unglücklichsten Herrscher einging, hatte dem Krieg hilf- und ratlos gegenüber gestanden, voller Hass auf die Söldner, der sich in Aussprüchen manifestierte wie: ›Zu sagen, die Soldaten gingen bestialisch vor, ist viel zu wenig. Man zeige mir so ein Tier, also eine Bestie, die sich so benimmt wie die Spanier, die Franzosen, die Kaiserlichen, die Schweden oder die Weimarer.‹
Mit aller Gewalt versuchte er, den Krieg so schnell wie möglich zu beenden. Im Jahr 1644 hielt er eine mächtige, dramatische Rede, in der er mit drastischen Worten klarstellte: ›Dieses Land erlebt den Zusammenbruch all dessen, was menschlich genannt werden kann. Meine Untertanen fressen Gras, sie kochen und braten ihre Verstorbenen. Ich habe eine Mutter hängen müssen, weil sie ihr neugeborenes Kind schlachtete und aß. Es muss endlich Frieden sein, meine Herren!‹
Noch bevor der Westfälische Frieden unterzeichnet war, noch während die Verhandlungen liefen, startete er ein ehrgeiziges Aufbauprogramm für sein Land. Er heiratete eine Prinzessin aus dem Hause Oranien, die nicht nur eine üppige Mitgift mitbrachte, sondern auch Künstler, Handwerker, Baumeister, Landwirte und Kaufleute aus Holland. Diese wiederum kannten moderne Techniken und Produktionsmethoden. Bald war die ›Verholländerung‹ ein geflügeltes Wort in der Mark Brandenburg.
Ein Jahr vor Kriegsende erhielt er im Tausch mit Vorpommern von Schweden die Stifte Halberstadt und Minden sowie
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