Der Fluch des Denver Kristoff
Gasse, in der eine Taverne zu finden war, grölten ihre schmutzigen Lieder und erbrachen sich ungeniert in die Gosse.
Brendan entdeckte einen Laden voller Süßigkeiten. Bei den sauteuren Karamelläpfeln im Schaufenster lief ihm das Wasser im Mund zusammen. Zögernd betrat Brendan den Laden und fragte den älteren Herrn hinter dem Tresen: »Entschuldigen Sie, Sir, meinen Sie, ich könnte für eine dieser Golddublonen vielleicht einen von diesen Äpfeln im Schaufenster bekommen?«
»Bist du von der Muräne?«, fragte der Mann mit einem Mal sehr eingeschüchtert zurück.
»Ja, ich …«
»Bist du ein Freund von Schaman Tranquebar?«
Brendan zuckte die Achseln. »Na ja, eher ein Bekannter, würde ich sagen.«
»Ein Freund von Schaman Tranquebar darf sogar alle Äpfel in meinem Laden haben! Nimm dir, so viele du willst, mein Sohn! Umsonst!«
»Okay … klasse«, sagte Brendan erstaunt. »Aber einer reicht schon.« Er suchte sich den größten Apfel aus, den er finden konnte. »Danke, Mister.«
Zwei Minuten später stand Brendan, etwas argwöhnisch an seinem Apfel kauend, vor dem nächsten Laden. Im vorderen Schaufenster lagen die unglaublichsten Waffen: gigantische Äxte, superscharfe Messer und Schwerter, bei denen die Helden aus Tolkiens Hobbit vor Neid erblasst wären. Als Brendan hineingehen wollte, passierte etwas Merkwürdiges: Sobald er seinen neuen Kunden erblickte, verriegelte der Ladenbesitzer schnell die Tür, flitzte wie ein Eichhörnchen hinter den Tresen und versteckte sich dort. Nur ab und zu sah man ein Paar Augen auftauchen, die ängstlich zur Tür spähten.
»Ich seh dich!«, rief Brendan und winkte ihm zu, dann spazierte er weiter und warf den Rest des Apfels in die Gosse. Obwohl er gut geschmeckt hatte … vielleicht sogar zu gut, dachte Brendan misstrauisch. Die Leute in dieser Stadt kamen ihm irgendwie verhext vor. Oder sie wollten etwas vor ihm geheimhalten. Brendan erinnerte sich, wie schnell sich in der Schule Geheimnisse verbreiteten. Wenn man die Ohren spitzte, konnte man sie buchstäblich durch die Gänge schwirren hören. So ähnlich kam es ihm in dieser Stadt auch vor … und wie immer würde er es als Letzter erfahren.
Als er um die nächste Ecke bog, stand er auf einem Marktplatz und hatte mit einem Schlag alles vergessen.
Denn dort stand sie: Célina. Das Mädchen, das in Kristoffs Roman Die wilden Horden vorkam. Es schien eine Ewigkeit her zu sein, dass er es gelesen hatte, doch er war sich ganz sicher: Sie musste es sein; die Beschreibung passte genau. Das Mädchen war ungefähr so groß wie Brendan, hatte kurz geschnittene braune Haare und eine kleine vorwitzige Nase. In dem Moment blickte sie von dem Stand, an dem sie gerade Obst aussuchte, zu ihm herüber. Sie hatte kluge, blitzende Augen – violett, genau wie im Buch beschrieben.
Brendan zögerte keine Sekunde. Er hatte das Gefühl, sie schon lange zu kennen. Und wennschon, was soll Schlimmes passieren?, dachte er. Meine Eltern sind tot, ich bin in einer geheimnisvollen Welt gefangen … was wird sie mir antun können? Nicht über meine Witze lachen? Na und!
»Hey«, sagte Brendan und stellte sich neben Célina.
»Hallo«, grüßte sie zurück und untersuchte weiter mit kritischem Blick die Früchte des Händlers, der sie und Brendan nicht aus den Augen ließ. Bislang war noch kein Obst in ihren Leinenbeutel gewandert.
»Das Angebot scheint dir ja nicht besonders zu gefallen, was sind deine Kriterien?«, fragte Brendan, ausnahmsweise einmal froh, ein Wort aus Cordelias intellektuellem Wortschatz anbringen zu können.
»Makellose Schönheit«, antwortete Célina und legte die Orange wieder zurück, die sie gerade untersucht hatte.
Verlegen blickte Brendan an sich hinunter. Na ja, »makellos schön« war sicher etwas anderes, aber deshalb würde er nicht gleich Komplexe kriegen. Wenn ich nicht finde, dass ich gut aussehe, wer soll es denn dann tun?
»Ich bin Brendan Walker«, sagte er so selbstbewusst, wie er konnte.
»Célina«, antwortete das Mädchen. »Ich weiß, wer du bist, Brendan.«
»Echt?« Moment mal … Ich weiß zwar, wer sie ist! Aber woher kann sie wissen …? Was wird hier gespielt?
Célina hatte endlich eine Zitrone gefunden, die ihr offensichtlich gefiel. Sie reichte sie dem Händler, der sie auf die Waage legte … Brendan beobachtete, wie er gleichzeitig einen kleinen gefalteten Zettel auf die Waagschale legte.
Verstohlen musterte er den Mann – für einen einfachen Obsthändler war er
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