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Der Fluch des Florentiners

Der Fluch des Florentiners

Titel: Der Fluch des Florentiners Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ackermann
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Gold-Collanen auch immer einen kleinen Orden zu tragen. Am Revers oder unter dem Hemd. Nach diesem Zeichen hatte sie heimlich Ausschau gehalten, als er erst sich und dann sie auszog. Und selbst als er schon mit seinen Lippen über ihren Halsansatz hin zum Nacken und zu ihrem Busen geglitten war, war sie in Gedanken bei diesem Anhänger! Er trug keinen! Wieso nicht? Wieso tat er so, als gehöre er zum Orden der Ritter vom Goldenen Vlies? Wieso gab er sich zärtlich, liebevoll – und log sie dennoch an? Als sie schließlich seinen Mund auf ihrem Busen und Bauc h g efühlt hatte, spürte sie, dass es nicht ging. Nein, ihr Körper verweigerte dem Verstand den Gehorsam. Ihre Ratio signalisierte tief in ihr » Tu es, du willst es, du liebst es «, aber ihr Körper sprach eine andere Sprache. Er war erstarrt, in Abwehrhaltung. Ihr Körper wollte sich nicht von ihm liebkosen lassen.
     
    » Guten Morgen. «
    Seine Stimme riss sie aus ihren Gedanken. Sanft legte er seine Hand auf ihre Schulter. Die Gänsehaut, die ihr über den nackten Rücken kroch, bestätigte, dass es heute Nacht richtig gewesen war, sich zu verweigern. Sie war froh, dass sie ihren nackten Busen mit dem Satintuch bedeckt hatte.
    » Guten Morgen «, versuchte sie sanftmütig zu klingen. » Tut mir Leid, was heute Nacht passiert ist. Ich kann einfach nicht abschalten! Seit Wochen laufen mein Kopf und auch mein Körper auf Hochtouren. Rien ne vas plus! Ich bin urlaubsreif. Oder ich brauche einen Psychiater! «
    » Ist doch kein Problem «, entgegnete er ruhig. » Ich kenne das. Sehr gut sogar … «
    Sie hörte den Unterton, die Enttäuschung in seinen Worten. Oder war es Misstrauen? Seine Hand lag noch immer auf ihrem Rücken. Sie hoffte, dass er sie nicht streicheln würde. Trotzdem strengte sie sich an, nett zu sein. In Wirklichkeit hatte sie nur einen einzigen Gedanken: raus aus diesem Bett!
    » Ich habe ein riesiges Verlangen nach einer Tasse Kaffee und nach einem schönen, gemütlichen Frühstück «, belog sie ihn und auch sich und räkelte sich vermeintlich wohlig als Zeichen dafür, aufstehen zu wollen. Er deutete ihre Körpersprache richtig.
    » Ich habe gestern Abend gesehen, dass kein Kaffee im Hau s i st, aber das ist kein Problem. Ich fahre schnell nach Velden, da ist ein Café, das schon morgens geöffnet hat. Dauert aber sicherlich eine halbe Stunde, bis ich zurück bin. Wo das Bad ist, weißt du ja. «
     
    E ine Viertelstunde später wusste Marie-Claire, warum sie sich heute Nacht, nur Bruchteile von Sekunden vor seinem Versuch, mit ihr zu schlafen, anders entschieden hatte. Ja, ihre Intuition hatte sie wieder einmal vor einer falschen Entscheidung bewahrt!
    Nach einer schnellen Dusche war sie vom Gästetrakt wieder zurück in den Salon gegangen, hatte sich erst im Kaminzimmer und dann in der angegliederten Bibliothek umgeschaut. Das Haus selbst war riesig und wirkte kalt und unpersönlich. Es hatte keinerlei Charme. Die Bibliothek war so groß wie ihre gesamte Wohnung in Wien. Prächtige Schweinslederbände standen in einer Vitrine. Ein Hondius-Atlas aus dem 17. Jahrhundert lag daneben. Die vielen, teils mehrere hundert Jahre alten katholischen Lexika in der Vitrine zogen sie an. Dann fiel ihr Blick auf den Schreibtisch. Sie wollte nicht wirklich in seinen Unterlagen stöbern. Sie konnte jedoch nicht widerstehen, als sie in einer Ablage neben der Couch ein Manuskript mit einem wunderschönen Wappen sah, dessen heraldische Details sie weder kannte noch zu deuten wusste. Hastig blätterte sie in dem Manuskript, das offensichtlich die Vorlage einer Rede war, die er gehalten hatte oder noch zu halten gedachte. Es war eine Laudatio für eine Organisation, deren Namen sie noch nie gehört hatte, die aber allem Anschein nach in London ansässig war und zu der er sich laut Titel Sei ’ s Panier in Treue ergeben fühlte. Verwundert las sie die ersten Seiten quer. Die Diktion ließ si e a ufmerken. Da war die Rede von Geschwüren am Leib der Kirche und von London als einer so wenig katholischen, hedonistischen Stadt. Irritiert blätterte sie weiter, überflog insbesondere die mit Farbstift markierten Passagen: » … denken wir nur an diesen Kult des Hässlichen, Bösen, Abstoßenden, der heute in so vielen Subkulturen gepflegt wird – bis hin zu so genannten Kunstwerken, wo man versucht, uns Sudeleien aus Körpersäften und Fäkalien als Malerei zu verkaufen … setzen wir dem Gott entgegen! Gott, den Schöpfer des Guten, des Wahren und des

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