Der Fluch des Koenigs
versprochen hatte, sah ratlos aus. Er änderte seine Strategie. „Prinzessin Moa aus dem Tal der tausend Flüsse ist fort.“ Er rüttelte Caruss an der Schulter. Der Anblick war so grotesk, dass es beinahe komisch wirkte. Doch es half.
Caruss blinzelte und im nächsten Moment schnappte sein Mund zu. Aeshin musste unweigerlich an einen Raubfisch denken, der die ganze Zeit über geduldig gewartet hatte, dass ihm die unbedarfte Beute ins Maul schwamm.
Der König leckte sich über die Lippen. „Der hübsche Schmetterling?“, krächzte er.
Balgar tat einen raschen Schritt auf den Thron zu. „Ihr solltet sofort einen Trupp Aschejäger nach ihr aussenden, der sie zurückholt.“
Caruss sah ihn mit großen Augen an und erhob sich. „Dargaros“, flüsterte er, „sucht den Verräter.“
„Das ist wahr, mein König“, bestätigte Balgar.
„Ich will meine Kreatur wiederhaben. Er ist noch nicht vollkommen, er ist unfertig.“ Caruss streckte die Hände in die Luft. Die Decke um seine Schultern hing wie ein blutiger Mantel an ihm. „Voll Makel“, rief er. „Ich ertrage es nicht, wenn sie nicht gehorchen. Es gefällt mir nicht.“ Er nahm die Arme herunter und ballte die bleichen Hände zu Fäusten.
Dem Wahnsinn des Königs so nahe zu sein erschreckte Aeshin zutiefst, und der Schmerz in ihrer Seite pochte mit jedem Schlag ihres Herzens heftiger durch ihren Körper. Doch Caruss Worte bestätigten, dass Joesin frei war und sie wusste, ungeachtet des Urteils, das sie unweigerlich erwartete, würde diese Tatsache es leichter machen, es zu erdulden.
„Aber mehr noch, will ich die Prinzessin wiederhaben!“, donnerte Caruss. „Wieso ist sie fort?“
Garlach reagierte als erster. „Diese Dienerin“, rief er und zeigte mit ausgestrecktem Arm auf Aeshin, „hat ihr zur Flucht verholfen.“
„Unsinn!“, fuhr Balgar auf. „Sie handelte auf Wunsch der Prinzessin. Sie führte einen königlichen Befehl aus.“
„Ha!“, machte Garlach. „Sie untersteht zuerst dem König von Cinann. Ihm hätte sie gehorchen müssen. Sie hat zwei meiner Männer schwer verwundet. Ich sage, sie gehört in den Kerker!“
Im Thronsaal wurde es erneut unruhig. Die vielen Stimmen der Anwesenden schlugen durcheinander und übertönten Balgars und Garlachs nächste Auseinandersetzung.
„Mäh, mäh, mäh!“ Der König hüpfte vom Thron, sprang mit großen Sätzen auf der Thronplattform herum und beschimpfte die Menge mit einem nicht enden wollenden Strom an: „Mäh, mäh, mäh.“ Es war bizarr und beängstigend zugleich und es verfehlte seine Wirkung auf die Menschen nicht. Alle Gespräche im Thronsaal versiegten.
„Mäh, mäh, mäh“, keifte Caruss weiter. „Was seid ihr? Hirnlose Schafe?! Die Dienerin bekommt keine Verhandlung, sie bekommt den Tod.“ Er stampfte die Stufen der Thronplattform hinunter auf Aeshin zu. „Ich will es selbst tun“, schrie er wie von Sinnen und fuchtelte mit den Armen. „Jetzt gleich. Gebt mir ein Schwert.“
Aeshin wurde kreidebleich, als sie sah, dass Garlach sich beeilte dem Befehl des Königs nachzukommen.
„Mein König.“ Entschlossen trat Balgar zwischen sie und Caruss. „Ihr könnt nicht - “
„Alles!“, versetzte Caruss. „Ich kann alles.“
Mittlerweile hatte Garlach ihm sein Schwert ausgehändigt. Der König konnte es nicht einmal heben, obwohl er es mit beiden Händen gepackt hielt. Die Spitze der Waffe schabte über den wachsbesprengten Boden, als er sich Aeshin näherte.
Balgar war drauf und dran dem König in den Arm zu fallen. „Nicht!“, rief Aeshin.
Der Hauptmann der Wache hielt inne und sah sie bestürzt an, doch Aeshin wusste, dass es seinen eigenen Tod bedeuten würde, wenn er sich einmischte. Ihre Gedanken rasten. Es musste etwas geben, das sie tun konnte, um dem Wahnsinn des Königs Einhalt zu gebieten.
Caruss schleppte die Waffe an Balgar vorbei. Er sah aus wie ein wütendes Kind in einem roten Umhang, dass einen übergroßes Spielzeug hinter sich herzog. Direkt vor Aeshin blieb er stehen. In seinen wässrigen Augen loderten Vorfreude und eine Kälte, die ihr durch Mark und Bein gingen.
Balgar hatte sich hinter Caruss aufgebaut. Seine Hand ging ebenfalls zum Schwert. Garlach nickte den Aschejägern zu. Wenn der König das Schwert benutzte, würde es in einem Blutbad enden. Caruss hob die Waffe unter größter Anstrengung.
„Nein“, rief Aeshin verzweifelt. „Denkt an den Prinzen.“
Caruss hielt inne und sah sie an, als wäre ihr ein Horn
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