Der Fluch des Nebelgeistes 02 - Herr des Lichts
Schultern, folglich achtete er sorgsam darauf, nicht gegen sie zu stoßen, während er Arithon in die Ecke des Raumes schleppte, in der Hallirons Lyranthe noch immer ungeschützt, wenn nicht gar vergessen, auf einem Kissen ruhte.
Caolle entledigte sich seiner Bürde, zupfte eine Falte in der Kleidung des Prinzen zurecht und sah von da an seine Pflicht gegenüber seinem obersten Herrscher als getan an.
Als er den Unterarm hob, um sich die Stirn abzuwischen, drang der Geruch, der an seinen Ärmeln haftete, in seine Nase, und er hätte beinahe ausgespuckt. Der fremdartige Gestank von irgendeinem obskuren magischen Ritual des Prinzen hatte sich auf ihn übertragen. Caolle wirbelte herum, wollte draußen nach Luft schnappen, als sein Blick auf den Durchgang zu dem abgetrennten Schlafraum der Kinder fiel, aus dem genau in diesem Augenblick Steiven wieder zurückkam.
Um möglichen Fragen über den Prinzen zu entgehen, fragte Caolle sogleich: »Hat Jieret sich beruhigt?«
Steiven seufzte, schritt über die knisternde Birkenrinde und entkorkte die Weinkaraffe, die seine Frau zuvor dem Meisterbarden dargeboten hatte. »Er ist wieder klar. Halliron erzählt ihm eine Geschichte. Wenn wir Glück haben, sucht er sich eine langweilige aus, die den Jungen wieder in den Schlaf wiegt.«
»Dann war der Alptraum also eine Vision?« In alter Gewohnheit lehnte sich Caolle mit seinen breiten Schultern an den Mittelpfosten und betrachtete seinen Herrn, gegen den er sich einst aufgelehnt hatte, dem er nun aber bedingungslos diente. Kein Mann vermochte zu sagen, an welchem Tag aus Pflichtbewußtsein echter Respekt erwachsen war, doch die Frage, wer von beiden der Ranghöhere war, hatte zwischen ihnen nie viel bedeutet. »Hat Jieret gesagt, was er geträumt hat?«
Mitten im Schluck setzte Steiven die Karaffe auf seinem Unterarm ab. Er schüttelte den Kopf. »Dania sagt, er hat nichts erzählt, nur den Namen von Fethgurns Tochter hat er erwähnt. Aber was Teynie mit einer üblen Voraussage zu tun haben kann, das mag Daelion, der Herr des Schicksals, wissen. Mein Junge kann es uns nicht sagen. Was auch immer Jieret geträumt hat, es war zu viel für ihn. Sein Geist hat sich der Erinnerung verschlossen, so wie es meiner einmal getan hat.« Er brach ab, wußte er doch wohl, daß Caolle sich erinnern würde: Es waren seine derben Hände gewesen, die ihn besänftigt hatten, in der Nacht, bevor sein Vater den Tod gefunden hatte.
Ein Schauer befiel Steiven. Sein Blick, schwermütig, voller Verstehen, ruhte auf seinem Kriegerhauptmann: Nur zu bald würden Etarras Truppen diese Täler überfallen.
Wortlos streckte Caolle die Hand nach der Karaffe aus. Steiven betrachtete ihn, während er trank, und in seinen Augen spiegelte sich eine so tiefe Sorge wider, wie sie nicht einmal sein engster Vertrauter je an ihm beobachtet haben konnte. »Wir müssen die Mädchen und Frauen heraushalten, so wie Arithon es wünscht. Seher oder nicht, aber seine Beobachtungen und Jierets Träume sind einander zu ähnlich, um bloßer Zufall zu sein.«
»Dann müssen die Knaben, die das zehnte Lebensjahr vollendet haben, die Gefallenen entwaffnen«, beharrte Caolle, und seine Augen unter den ungleichmäßigen Brauen vertieften sich zu Höllengruben, als die Kerze neben ihm verlosch. »Auf die paar Kinder können wir wirklich nicht auch noch verzichten.«
Steiven nickte und nahm den Wein wieder an sich. Die Hasche halb erhoben, hielt er inne. Als erwartete er Widerspruch, blickte er sich in dem finsteren Zelt um. »Wo ist der Prinz?«
Caolle deutete mit einer Kopfbewegung hinter seine Schulter. »Dort. Eingeschlafen auf den taktischen Karten, also habe ich ihn hergebracht.« Deshirs Kriegerhauptmann verschränkte in Erwartung finsterer Blicke die Arme vor der Brust, als Dania und Halliron von Jierets Bett zurückkehrten.
»Nun gut.« Steiven seufzte. Ihm war bewußt, daß eine Rüge gegenüber seinem Kriegerhauptmann, der kräftig wie ein Bulle war, wenig fruchten würde. Schließlich stellte er sanft die Karaffe ab. »Unser Teir’s’Ffalenn hat ein wenig Bequemlichkeit verdient, denke ich, nachdem er die letzte Nacht im Freien verbracht und Mücken erschlagen hat.«
Ein Kleiderrascheln, heftigeres Kerzenflackern, und die gnädige Frau Dania stand neben ihrem Gatten. »Arithon sollte schlafen«, sagte sie scharf. »Als er von hier weggegangen ist, schien es ihm nicht gutzugehen.«
Caolle lächelte. Während der Meisterbarde das Zelt durchquerte, um sich seine
Weitere Kostenlose Bücher