Der Fluch des Nebelgeistes 02 - Herr des Lichts
Seemannsknoten sein?« Er ließ das Gewirr aus Schnüren liegen und rief mit weitaus mehr Erfolg seine Magie zu Hilfe, den Knoten zu entwirren.
»Ich bin schließlich kein Matrose, also muß ich auch nicht mit Tauen oder Nähahlen umgehen können.« Geschah einem jeden Zauberer recht, so dachte Dakar, wenn er ihn unter solchen Umständen einfach im Stich ließ. Neidisch sah er dann zu, wie das Leder sich mit der Gewandtheit lebender Schlangen von selbst löste. »Wie habt Ihr das gemacht?«
Nun blitzten die silbergrauen Augen auf und maßen ihn mit scharfem, forschenden Blick. »Welche Frage willst du beantwortet haben?«
Hoffnungsvoll entgegnete Dakar: »Beide.«
Doch seit Etarra war Asandirs Stimmung absolut unversöhnlich. »Wenn ein Gipfel wie dieser bereits seit zwei Zeitaltern als Verlies dient, so diktiert uns die Vernunft, sicherzustellen, daß der Felsen noch immer bereit ist, der Feindseligkeit jener Wesenheit ausgesetzt zu sein, die wir hier einsperren wollen.«
»Und wie bringt man einen alten Stein dazu, als Kloake für menschliche Abfälle zu dienen?« höhnte Dakar.
Asandir blickte ihn ernst an. »Felsen überdauern all unsere Taten, und ihre lange Lebenszeit lehrt sie großen Respekt vor der Höflichkeit, eine Eigenschaft, die nachzuahmen auch dir dienlich sein könnte.«
»Behaltet Eure Steine und Bäume und Eure Höflichkeit zu beiden«, konterte Dakar. »Ich werde mir meinen Dank lieber für ein bezahlbares Weib aufsparen, falls wir uns hier oben nicht vorher den Hals brechen.«
Eine Veränderung im Ausdruck von Asandirs Blick gereichte Dakar zur Warnung, sich umzuwenden und wieder an den Aufstieg zu machen. Während sich allerlei Steine in seine Knie bohrten, schwor er im stillen, sich auf seine Fragen über die Magie zu beschränken, die Knoten zu lösen vermochte. Wenn ihn dann wieder einmal ein Pack verdorbener Iyats angreifen würde, so müßte er nicht erst seine Schnürsenkel aufschneiden, um sich der Stiefel zu entledigen.
Der Felsvorsprung endete an der Schneegrenze. Beim Anblick des Felsens und der steilen Steigung unter dem blauen Eis schluckte Dakar. »Wir werden dort nicht hinaufgehen.«
Niemand antwortete ihm. Blinzelnd rieb er sich den Schweiß aus den Augen. »Nun, ich werde jedenfalls nicht dort hinaufgehen.«
»Du kannst die Nacht auch hier verbringen«, stimmte Asandir zu. »Vielleicht wird es sogar ganz gemütlich, bis der Sturm kommt.«
»Was für ein Sturm?« Dakar blickte forschend gen Himmel, der sich in einem ungetrübten Aquamarinblau zeigte. Der Sonnenuntergang war nahe, doch die Luft roch nach Gletscher, nicht nach Schnee. »Da sind keine Wolken. Ich könnte direkt bis zum Mond spucken.«
Asandir kletterte nur schweigend weiter. Zappelig trat der Wahnsinnige Prophet von einem Fuß auf den anderen, während ein geheimnisvoller kalter Lufthauch aufwärtsstrebte, als auch Kharadmon an ihm vorbeizog.
Mit dem Ärmel seiner Tunika wischte sich Dakar das Gesicht ab und überdachte dann seine Lage. Die Höhe, auf die sie bisher hinaufgeklettert waren, war bereits beängstigend genug, und die südöstlichen Ausläufer von Rockfell standen wie eine Nadel im Wind. Scharf hoben sich am Horizont die niedrigeren Grate des Skyshielgebirges ab, während darunter zwei Hügelketten das Tal umrahmten. Weit, weit unten wanden sich die dunklen, gletschergespeisten Wassermassen des Flusses Avast durch die bewaldeten Schluchten.
Der Anblick allein ließ Dakar schwindeln. Er konnte natürlich warten, würde er aber nur für eine Sekunde einschlafen, so konnte er von dem Felsen stürzen, der das Ende des Pfades markierte. Über ihm türmten sich spitze Gesteinsmassen, so trostlos wie ein Alptraum, verloren in den Wolken, die im schwindenden Tageslicht golden leuchteten. Asandir war bereits nicht mehr zu sehen.
Schließlich resigniert und geschlagen schob Dakar seine feisten Hände in eine Felsspalte und zog sich langsam vorwärts. Immer wieder atmete er Schneeflocken ein, während er weiterkletterte. Die Augen zu Schlitzen verengt, die Zähne zusammengebissen, um ein Niesen zu unterdrücken, preßte Dakar einige Worte hervor und hoffte, daß Asandir sich seiner erbarmen würde. »Wie weit noch?« Seine Muskeln fühlten sich an, als wären sie mit glühendem Draht umwickelt.
Kharadmons Lachen antwortete ihm. »Nicht mehr weit, soweit du es nicht vorziehst, auf deinen Fingernägeln voranzukrabbeln.«
Auf einen üblen Streich gefaßt, riskierte Dakar mißtrauisch selbst einen
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