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Der Fluch des Nebelgeistes 03 - Die Schiffe von Merior

Der Fluch des Nebelgeistes 03 - Die Schiffe von Merior

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 03 - Die Schiffe von Merior Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
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und Wangenknochen zu spannen. Wie fahle Pinselstriche zogen sich seine Brauen über die tief in den Schädel gesunkenen Augen. »Meine Knochen nehmen es nicht gerade erfreut auf, verprügelt zu werden«, gestand er mit einer Stimme, kaum mehr als ein leiser Atemhauch.
    Arithon schluckte. Seine Sorge wog schwerer als die eigene Erschöpfung. Er stützte sich auf die fest geballten Fäuste, und für einige, endlose, qualvolle Minuten waren die Flötenklänge der Drosselrufe das einzige Geräusch neben dem Plätschern des Wasserlaufes. Dann donnerte erneut eine Truppe Lanzenreiter die Straße hinunter, während Dakar fluchend einen Chor herabfallender Steine auslöste, als er sich mit ungeschickten Bewegungen dem Wasser näherte.
    »Arithon«, sagte Halliron plötzlich unter Aufbietung all seiner Kraft. Seine geschwollenen Lippen machten es ihm unmöglich, sich in der gewohnten honigsüßen Klarheit zu artikulieren. »Du mußt meine Lyranthe an dich nehmen. Sie ist mein Erbe. Meine linke Hand ist taub. Die Finger wollen sich nicht mehr bewegen. Laß mein letztes Vermächtnis für Athera die Fortführung der musikalischen Tradition sein, und trete meine Nachfolge an.«
    Kurz spannten sich die Finger, die zur Faust geballt auf der Seitenwand des Wagens ruhten, zu einem stillen Widerspruch. Von diesem Zucken abgesehen, regte Arithon sich nicht, und seine Antwort fiel so einfach wie ruhig aus. »Es wäre mir eine Ehre.«
    Erleichtert, als wäre er aus einer Drahtschlinge befreit worden, entspannte der Meisterbarde sich unter seinen Decken. »Gesegnet sei deine Offenheit.« Ein einseitiges Lächeln zerrte an den Schrammen auf seiner Wange. »Du wirst großartig sein, ich irre mich gewiß nicht. Deine Kunstfertigkeit wird all mein Talent in den Schatten stellen und vielleicht sogar die Grazie der Paravianer wiedererwecken, die in unseren fünf sorgengeplagten Königreichen vergessen ist.«
    »Du sprichst von Träumen«, unterbrach Arithon. Während das Pony vor dem Wagen mit schwingendem Schweif Fliegen vertrieb, wandte er sich ab, um Seelenqualen zu verbergen, die zu schwer wogen, sie zu unterdrücken.
    »Keine Träume.« Halliron befreite seinen Arm aus der Decke und umklammerte das Handgelenk seines Nachfolgers in dem Ansinnen, ihn zu beruhigen, was ihm jedoch mißlang. »Eines Tages werden die alten Rassen zurückkehren. Die Bruderschaft hat die Hoffnung niemals aufgegeben.«
    Sein schiefes Lächeln wurde breiter. »Ich werde leben, um die Sonne auf das Flußdelta zu Innish herabscheinen zu sehen.« Sein eines trübes Auge öffnete sich zittrig und belebte das gepeinigte Fleisch mit einem matten Hauch des Vergnügens. »Soviel habe ich durch Dakar erfahren.« Als hätte ihn dieses Geständnis seiner Vitalität beraubt, sank des Meisterbarden Hand kraftlos herab. Sein gesundes Lid fiel wieder zu. »Nun wirst du verstehen, daß es mir wirklich nicht viel ausgemacht hat, einen Narren aus mir zu machen, um Freiheit für den Wahnsinnigen Propheten zu gewinnen, um so weniger stört es mich, den abscheulichen Statthalter seiner gerechten Strafe zugeführt zu haben. Auf mich wartet nun nur noch mein Zuhause. Ich möchte im Schoß meiner Familie sterben …«
    Arithon regte sich wieder, richtete sich auf und sammelte die Reste seiner Würde ein. »Ruh dich aus. Schlaf, wenn du kannst. Sobald uns keine Gefahr mehr droht, werde ich ein Bett und einen Heiler für dich suchen.«
    Doch als das Zwielicht sich über der Straße ausbreitete und die bewaldeten Berghänge mit Dunkelheit überzog, hatte sich der Ponywagen, auf dem der Meisterbarde ruhte, gerade drei Meilen weiter gen Süden vorangekämpft. Noch zwei weitere Male hatte Dakar den Wagen vom Weg fort in geschützte Deckung gelenkt, während Arithon gezwungen gewesen war, Schatten zu wirken, um die jagdeifrigen Kopfjäger in die Irre zu führen. Fest entschlossen, nicht mit leeren Händen zurückzukehren, waren die Spurensucher und die Reiter ausgeschwärmt, jedes kobaltdunkle Tannendickicht auf ihrem Weg zu durchsuchen.
    Nach Sonnenuntergang zogen Wolken auf und hüllten die Erde in einen Schleier zarten Nieselregens. Dakar hatte sich in feindseligem Schweigen zusammengekauert; schlaffe Zügel ließen dem Pony die Freiheit, sich seinen eigenen Weg durch die ausgefahrenen Wagenspuren zu suchen, während die bunten Wagenräder durch die zinnfarben glänzenden, seichten Pfützen rollten. Sicher und trocken verstaut unter dem Segeltuch, lag Halliron reglos auf dem Wagen. An der

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