Der Fluch des Nebelgeistes 03 - Die Schiffe von Merior
um sicherzustellen, daß es im Lauf der Zeit nicht geschwächt worden war. Sodann durchquerte er die beiden inneren Kreise und positionierte den Ponywagen genau in der Mitte, in der die Achsen aller Linienmuster zusammenliefen.
Strahlend leuchtete die Energie auf und umgab sein Kinn mit hartem Licht, als er sich auf die Reise vorbereitete. »Luhaine.«
Kaum hatte er das Signal ausgesprochen, da übergab er schon die Macht, die er geweckt hatte, der Kontrolle seines körperlosen Bruders. Jede Bindung an Gefühle ließ von ihm ab. Nur seine besänftigende Hand auf dem Fell des Ponys bildete noch einen Anker, sein Bewußtsein mit dem lebendigen Fleisch zu verknüpfen. Die Verbindung seiner Willenskraft gab sich nun einer Kunstfertigkeit hin, die durch die Erfahrung aus Tausenden von Jahren geschärft worden war. Nichts anderes war nun noch von Bedeutung. Nerven und Gebeine mochten sich auflösen, ehe er die Gewalt über die Schutzbanne verloren gab, die Halliron vor der reißenden Strömung dieser magischen Reise schützten.
Die Macht der aufgehenden Sonne vereinte sich mit der des Weges.
Energie summte und steigerte sich bis auf einen Höhepunkt hin, in dem das Muster zu flattern begann und sich schließlich außerhalb des sichtbaren Lichtspektrums in dröhnender Vibration auflöste. Geschickt verfolgte Luhaine den Fluß der wiederbelebten Kräfte, ehe er den unsteten Tanz der Energien ordnete, sie zusammenfließen und ihre ungebändigte Macht in einer gemeinsamen Explosion freiwerden ließ.
Ein Peitschenschlag erschütterte die Luft. Wind heulte durch den Saal. Die zerfetzten Säume der Wandbehänge lösten sich in ihre einzelnen Fäden auf, und jedes Glasgefäß, das noch nicht zerschmettert, jede Fensterscheibe, die nicht zerbrochen war, wurde unter dem gewaltigen Ansturm der Energien fortgeschleudert und zerstört. Für einen entsetzlichen Augenblick, der selbst das Gefüge der Zeit zu spalten schien, erstrahlte das Innere der Festhalle in ursprünglichem Glanz.
Dann behauptete sich wieder die Realität. Luft wirbelte auf und legte sich wieder. Klirrend flogen Bruchstücke von Fliesen in allerlei Ritzen. Die Magie, die durch das Muster des Kraftkreises herbeigerufen worden war, nahm langsam ab und verebbte schließlich ganz. Zauberer, Wagen und der alte Mann in dem Gefährt waren fort, versetzt in eine Ruine im Ödland von Sanpashir. An der Stelle, die sie in Jaelot eingenommen hatten, war nichts geblieben außer dem aufgewirbelten Staub und einem dampfenden Haufen frischen Pferdedungs.
Diese Spuren wie auch die tiefen Kratzer, die die Wagenräder hinterlassen hatten, oder die Bodenfliesen, die unter den Hufen des Ponys geborsten waren, zu beseitigen, war ein zweiter Zauberer, dessen Geist körperlos einherschwebte, nicht geneigt. Luhaine verließ den Schauplatz, wirbelte als kalte Brise hinfort, als Arbeiter, Bedienstete und blaublütige Bewohner sich in hysterischem Geschrei ergingen.
Ein blinder Narr mochte durchaus annehmen, daß Hallirons Schüler, der Zauberer, zurückgekehrt war, die Stadt mit noch mehr Magie zu terrorisieren.
In logischer Konsequenz wurden sogleich in aller Eile zerzauste Würdenträger aus ihren Betten gezerrt und zusammengetrieben, die neuerlichen Schäden zu begutachten. Die Garde wurde herbeigerufen, die Verbrecher in Ketten zu legen; doch wurden sie nirgends gefunden.
Es war geradezu unheimlich, wie leer die zerstörte Festhalle des Statthalters nun war. Der Dienstplan für die Soldaten wurde geändert, die Männer von dem Torhaus zurückbeordert, während seine Lordschaft vor Wut schäumend auf und ab marschierte. Der lyranthespielende Zauberer, den sein Gericht brennen sehen wollte, war erneut entkommen, hatte sich, unerreichbar für die Gerichtsbarkeit, in Luft aufgelöst.
Halluzination
Dakar erwachte spät neben der Asche des ausgeglühten Feuers. Halliron, der Zauberer und der Ponywagen waren bereits vor Tagesanbruch aufgebrochen und hatten lediglich eine kurze Notiz zur Erklärung hinterlassen. Der schwarze Hengst war noch da und scharrte ruhelos an dem Baum, an dem seine Zügel festgebunden waren. Mürrisch aufgrund des Mangels an Schlaf kroch Dakar unter seinen Decken hervor, um in den Vorräten nach etwas Eßbarem zu wühlen.
Ganz in der Nähe hockte Arithon, die Haare noch naß von einem Bad im Fluß, über den Satteltaschen des Zauberers und befingerte ganz versunken ein schweres Goldstück. Sichtlich erholt von dem Leiden der vorangegangenen Nacht,
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