Der Fluch des Nebelgeistes 05 - Die Streitmacht von Vastmark
blankem Oberkörper. Hochgewachsen stand er regungslos in seinem ledergeschnürten Wams aus Rehleder auf dem Hügel, bewaffnet mit einem Bogen, etlichen Messern, deren Hefte aus Knochen gefertigt waren, und einem tödlich ebenmäßigen Langschwert, dessen Griff mit fleckigem Leder umwickelt war. Das einzig Farbenprächtige an dem ganzen Mann war ein Fuchsschwanz, der das Ende seines Zopfes schmückte. Kühl blickten seine wachsamen Augen, als er den Prinzen begrüßte. »Euer Hoheit von Rathain«, sagte der Mann, und seine Aussprache verriet sogleich seine clanstämmige Herkunft. »Seine Lordschaft Erlien, Großherzog von Alland und Caithdein von Shand sendet Euch Grüße.«
Arithon neigte freundlich das Haupt, und ein Geschenk wechselte den Besitzer. Für einen kurzen Moment erhaschte Talith einen Blick auf ein königliches Siegel. »Ich freue mich, Euch als meinen Gast begrüßen zu dürfen.« Die s’Ffalennschen Züge drückten neugieriges Rätselraten aus. »Doch wozu die Formalitäten? Habt Ihr mehr als Rinder und Pferde gebracht?«
»Bei allen Dämonen!« Der Clankrieger fletschte die Zähne. »Ich war an jedem Wasserloch in dieser Gegend und habe versucht, diesen Gestank abzuwaschen.« Er beruhigte sich wieder und kam zur Sache. »Die Herde ist nun Euer Problem, aber nicht nur sie. Da wäre zum Beispiel noch Herzog Jierets verschrobener Kriegerhauptmann. Nervös wie ein Wiesel, der Bursche. Aber das wißt Ihr sicher selbst, schließlich habt Ihr ihn herbeordert.«
»Von sanfter Hand werden meine Söldner kaum die richtige Ausbildung erfahren.« In stillschweigendem Bewußtsein dessen, wie sich die Hitze der Sonne unter dem dunklen Samt anfühlen mußte, geleitete Arithon Talith weiter voran, und der Clankrieger war gezwungen, mit ihnen zu gehen. »Was noch?«
Der Kundschafter zögerte und spielte mit dem Fuchsschwanz, während er den edlen Staat des Prinzen, der an städtische Kleider erinnerte, mit verstohlenem Blick betrachtete. Mißtrauisch zog er angesichts dieser schmalen, geschniegelten Gestalt eine Augenbraue hoch. Dieser Mann sah kaum nach dem Schwertkämpfer mit der spitzen Zunge aus, von dem man sagte, er hätte gar seinen Clanführer besiegt. »Erlien hat mir noch zwei andere Reisende anvertraut«, sagte der Mann schließlich, bestrebt, seine Aufgabe zu Ende zu bringen. »Eine Witwe aus Merior und einen Gardisten, der einst dem Herzog von Alestron gedient hat.« Ein Nicken in Taliths Richtung begleitete seine letzten Worte, ehe er, deutlich verunsichert, in Schweigen verfiel.
Arithon beruhigte ihn. »Da gibt es kein Geheimnis. Jinesse und Tharrick sind Freunde. Erwartet denn Erlien Probleme?«
Der Kundschafter zuckte die Schultern. Seine Schritte auf den Holzspänen, die der Wind über den Weg getrieben hatte, waren unnatürlich leise. »Darüber werdet Ihr selbst befinden müssen. Aber seine Lordschaft hat mich gebeten, Euch zu warnen. Lysaers Ansichten über Eure Moral haben die beiden verunsichert. Der Mann steht zu Euch, obwohl er ein wenig zimperlich ist. Aber die Frau ist spröde wie trockener Reisig. Sie ist Euch nur der Kinder wegen gefolgt.«
»Große Dramen«, scherzte Arithon. Den verwirrten Gesichtsausdruck des Kundschafters beantwortete er mit einem bitteren Lachen, das Talith die Nackenhaare zu Berge stehen ließ. »Die würdige Dame ist erzürnt und blind gegen vernünftige Argumente, und nun fürchtet sie, Schritt für Schritt der Verderbtheit anheimzufallen? Seid Ihr gerade erst angekommen? Nun, dann sollten wir sie nicht warten lassen. Wo ist sie?«
Doch soweit Talith sehen konnte, gab es in diesem Lager nur einen Ort, an dem eine Frau untergebracht sein konnte. Am Fuß einer Klippe kauerte ein baufälliger Verschlag aus frischem, nicht abgelagertem Holz, dessen helle Farbe sich grell von dem von kleinen Quellen durchzogenen Felsen abhob.
Arithon verabschiedete den Kundschafter, ehe er einen Handwerker aussandte, die Zwillinge zu suchen. Dann wandte er sich einladend an Talith. »Ihr dürft mich gern begleiten, Hoheit. Gewiß werdet Ihr Euren Spaß haben.« Mit einem festen Griff, dem zu entziehen sie außerstande war, packte er sie am Arm und schleppte sie mit sich zu der Tür der Hütte.
Kreischend drehte sich die Tür in den Angeln und gab den Blick auf einen Raum mit einem kahlen Tisch und einigen Stühlen frei. Auf dem Sims des unverglasten Fensters thronte ein blonder, bärtiger Mann, kräftig und breitschultrig wie ein Söldner. Er hielt die Hand einer nervös und
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