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Der Fluch des Nebelgeistes 05 - Die Streitmacht von Vastmark

Der Fluch des Nebelgeistes 05 - Die Streitmacht von Vastmark

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 05 - Die Streitmacht von Vastmark Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
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ausgezehrt wirkenden Frau in einem mausbraunen Kleid, deren flachsblondes Haar in unordentlichen Strähnen über ihr Gesicht fiel. Als der Herr der Schatten so überraschend und ohne Vorankündigung den Raum betrat, zuckte die Frau zusammen. Von ihrer Sorge getrieben sprang sie auf und erstarrte doch sogleich mitten in der Bewegung. Verblüfft musterte sie den Prinzen, dessen edel glänzendes Seidengewand deutlich Kunde von seiner königlichen Herkunft lieferte.
    So oder so nur unfreiwillig Zeugin des Geschehens, empfand Talith Mitgefühl mit der Frau, als Arithon ihre dahingestammelte Begrüßung einfach abtat. »Hier bin ich, schwarz wie eine Nacht in Sithaer, verbreite ich einen Pesthauch um mich wie herabfallendes Herbstlaub. Zumindest hat mir Erliens Kundschafter erzählt, Ihr würdet all diesen Gerüchten Glauben schenken.« Für einen kurzen Augenblick unterbrach er sich, und seine angespannte Haltung verhieß nichts Gutes. »Wenn ich also böse bin, so laßt mich doch büßen.«
    Beschützerinstinkt trieb den Mann von seinem Sitzplatz auf dem Fensterbrett fort. »Habt Erbarmen! Sie war krank vor Sorge um ihre Kinder.«
    »Es sind ihre Kinder, nicht die Euren, Tharrick«, mahnte Arithon. Er trat einen weiteren Schritt vor und stützte sich mit seinen schmalen Händen auf den Tisch. Kaum wahrnehmbar schimmerte der Schrecken durch, den er empfand, als er hinzufügte: »In Aths Namen, Ihr kennt mich. Was denkt Ihr denn, was ich ihnen antun sollte?«
    Die blasse Frau schluckte. »Es steht mir nicht zu, den Sumpf Eures Gewissens zu beurteilen. Ich bin gekommen, meine Zwillinge diesem Morast zu entreißen.«
    »Entreißen! Dem Morast!« wiederholte Arithon mit unüberhörbarem Zorn. »Eure Kinder sind keine Säuglinge mehr. Stellt Euren Sohn in die Dienste s’Ilessids, und er wird die nächsten Jahre damit verbringen, den Gardisten die Stiefel zu putzen und Essensreste von ihrem Tisch zu erbetteln. Er wird die Kriegskunst erlernen. Gehorsam wird seine einzige Berufung sein. Wenn er schnell ist, wenn er geschickt tötet, wird er eines Tages vielleicht Offizier. Wenn nicht, wird sein Schicksal aus zwei Hemden, einem Schwert und einem frühen Tod bestehen. Werdet Ihr dann stolz sein, an seinem Grab weinen zu dürfen?«
    Nun war auch die letzte Farbe aus dem Gesicht der Frau gewichen, so sehr hatte er sie erzürnt. Sie versteifte sich, obgleich sie nicht damit gerechnet hatte, daß sich diese Konfrontation so einfach gestalten würde. »Ich habe entschieden, daß er als Lehrjunge zu einem Weber in Shaddorn geht. Das ist wenigstens eine ehrbare Arbeit. Auch wäre mein Sohn dann vor Eurer Magie sicher und könnte Eurer Hinterlist nicht blind zum Opfer fallen.«
    Arithon bewegte sich wieder. Er trat zur Seite und lehnte sich an den Türpfosten, so daß Talith ungehindert in den Raum blicken konnte. »Ja, gewiß, Webstuhl und Weberkamm für Fiark, dessen Begabung in der Mathematik liegt und der mit einem Steinwurf jedes Ziel trifft. Sprechen wir über Feylind. Sie ist nicht so geschickt mit ihren Händen. Außerdem ist sie weitsichtig, wie Ihr vielleicht bemerkt habt. Ihr Bruder fädelt ihr den Faden ein, wenn sie ihre Hosen flicken muß. Aber sie würde nicht vor einem Messerkampf zurückschrecken, wenn sie es für nötig hält, und in Kleidern glaubt sie zu ersticken. Sie versteht sich auf das Segeln, und die See ist ihr Zuhause. Zwingt sie, an Land zu bleiben, und Ihr verurteilt sie zu einem unbedeutenden Leben ewigen Mittelmaßes.«
    »Besser als zu sehen, wie Dharkaron ihre Seele nach Sithaer schickt«, konterte Jinesse mit einem hartnäckigen Eigensinn, der ihr die Bewunderung Taliths eintrug.
    In diesem Augenblick knarrte der Riegel der Tür, und Arithon wirbelte auf dem Absatz herum und hielt ihn mit seinen langen Fingern fest. »Euer Sohn, gnädige Frau«, sagte er und riß die Tür weit auf.
    Verwirrt und reglos stand Fiark auf der Schwelle und blinzelte in die Düsternis des Raumes hinein. Kein Anzeichen des Kummers oder der Sorge zeigte sich auf der braungebrannten Stirn unter dem flachsblonden Haar des schlaksigen Knaben. Stärker und erwachsener als an jenem Tag, an dem er Merior verlassen hatte, zeigte sich in dem offenen Blick seiner blauen Augen ein Ausdruck des Selbstvertrauens, so frisch und strahlend wie der Sonnenschein in seinem Rücken.
    »Mutter?« sagte er dann. Binnen eines einzigen Atemzuges schien er nurmehr ein erstaunter Knabe zu sein. Mit einer herzzerreißenden Mischung aus Zurückhaltung

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