Der Fluch des Sündenbuchs: Historischer Roman (German Edition)
Janas Wunsch in getrennten Räumen.
Jana versuchte Richard davon zu überzeugen, die Suche nach dem Schatz aufzugeben. Dabei stieß sie auf verständnisloses Lachen.
»Es kann nicht Euer Ernst sein, dass Ihr so kurz vor dem Ziel aufgeben wollt, weil eine Nonne Euch ein schlechtes Gewissen einredet«, sagte er amüsiert.
Jana selbst wusste nicht, was sie wollte. Auf der einen Seite nagte die Neugier an ihr. Sie wollte herausfinden, ob ihr Vater recht gehabt hatte und es diesen Schatz tatsächlich gab. Auf der anderen Seite plagte sie das schlechte Gewissen. Natürlich war es nicht ihr Gold und nicht ihr Schatz. Aber konnte es so verwerflich sein, einen Teil davon an sich zu nehmen und Gutes damit zu tun? Noch dazu, wenn niemand davon erfuhr?
Schließlich siegte Janas Neugier. Gemeinsam mit Richard hockte sie im Klostergarten und verbrachte Stunden damit, die Schatzkarten genau zu studieren. Während auf der Karte von Raleigh der Weg bis nach Barinas genau dargestellt war und der Weg in Tunja endete, zeigte Janas Karte detailreich das Gebiet rund um Zipaquirà. Jeder Felsen, jede Weggabelung und jeder Bach waren zu sehen. Der Weg bis hierher war nicht viel mehr als eine Auflistung von Orten und eine Angabe der Reiserichtung gewesen. Trotz der Unterschiedlichkeiten schien der Weg, der von Tunja beziehungsweise von Zipaquirà aus zum Schatz führen sollte, in etwa gleich. Richtung und Verlauf waren ähnlich. Das Ziel selbst unterschied sich wieder. Während sich laut Janas Karte der Schatz in einem kleinen See hinter der Lagune von Guatavita befand, hatte Raleigh den Schatz direkt im großen See eingetragen.
»Als Sir Walter Raleigh mir die Karte gab, hat er mich gewarnt, dass einiges vielleicht nicht genau stimmt«, sagte Richard. »Er selbst ist nie weiter als bis nach Barinas gekommen und hat die Karte bloß aus dem Gedächtnis gezeichnet.« Diese Information war nicht neu für Jana. Tom hatte ihr bereits in Caracas davon erzählt.
Sie nahm die Kette ihres Vaters von ihrem Hals und legte das Amulett in die leere Stelle auf der Karte, die den See darstellte. Die Linien ergaben eine gefiederte Schlange.
»Conrad hat das Zeichen für eine Höhle gehalten, die sich auf einer kleinen Insel im See befindet«, sagte Jana.
Richard legte seine Stirn in Falten: »Die Schlange könnte wirklich eine Insel sein. Das Zeichen auf Sir Raleighs Karte sieht eher wie eine Sonne aus. So als wäre der Schatz eine riesige Sonne. Was meint Ihr?«
Jana beugte sich tief über Richards Karte und stimmte ihm zu: »Ja, ich glaube, dass das Symbol im See eine Sonne ist.«
In dem Moment betrat Schwester Carmela den Garten. Der Kies knirschte unter ihren festen Schritten. Rasch faltete Richard die Karten zusammen und versteckte sie hinter dem Rücken, aber Jana hielt ihn zurück. »Ich habe Carmela von unseren Plänen erzählt. Sie weiß, wonach wir suchen«, beruhigte sie ihn.
Richard ließ die Karten dennoch zusammengefaltet.
»Ihr wollt zur Lagune von Guatavita?«, fragte Carmela. »Den Weg könnt Ihr Euch sparen. Die Spanier haben den ganzen See abgesucht und sogar einen V-förmigen Einschnitt am Ufer angelegt, um ihn auszutrocknen. Alles ohne Erfolg.«
»Auf Raleighs Karte ist die Lagune eingezeichnet, auf meiner ein Gewässer, das sich dahinter befindet«, sagte Jana.
Carmela antwortete nicht, sondern nickte bloß, dabei richtete sie ihren Blick vorwurfsvoll auf Jana.
Verärgert setzte Richard zu einer bösen Bemerkung an, aber Jana hielt ihn davon ab, indem sie ihre Hand auf seinen Arm legte.
»Vielleicht ist das, was wir tun, nicht richtig. Aber nach der langen Reise will ich endlich wissen, was El Dorado wirklich ist.« Sie reichte Carmela das goldene Amulett ihres Vaters.
»Kann es Gottes Wille sein, dass solch wunderbare Kunstgegenstände irgendwo vergessen werden? Wenn wir El Dorado gefunden haben, können wir immer noch entscheiden, was wir damit tun. Ob wir mit dem Gold ein Hospital bauen, ob wir es den Muiscas zurückgeben, es einfach in dem Versteck lassen oder einen Teil davon anders verwenden.«
»Ihr wollt mit dem Gold ein Hospital aufbauen?« Carmela horchte interessiert auf.
»Conrad hat es vorgehabt. Ich denke, dass es ein erstrebenswertes Ziel ist, von dem alle profitieren können. Vor allem dann, wenn niemand erfährt, woher das Gold stammt.«
»Ein Hospital wäre wirklich eine wundervolle Sache. Gerade die Ärmsten unter den Indios brauchen Hilfe.« Carmela machte eine Pause. »Von dieser Seite aus
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