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Der Fluch des Sündenbuchs: Historischer Roman (German Edition)

Der Fluch des Sündenbuchs: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der Fluch des Sündenbuchs: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Maly
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den Schnaps.«
    Rodriguez stand auf und baute sich vor Conrad auf. Die Erheiterung war aus seiner Stimme gewichen. Feindselig starrte er Conrad an. Sein gepflegtes Äußeres hatte in der letzten Nacht gelitten. Das schwarze, glänzende Haar hing ihm unfrisiert in die Stirn.
    »Was Ihr mit Eurer Frau macht, ist Eure Sache, aber die Männer an Bord werde ich behandeln, und ich pfeife auf heißes Wasser, den Schnaps gebe ich den armen Männern zum Trinken. Damit sie ihre Schmerzen besser ertragen.«
    Am liebsten hätte Conrad dem einfältigen Mann ins Gesicht geschlagen. Stattdessen sagte er: »Bekomme ich nun den Schnaps?«
    »Meinetwegen«, sagte Valdiva.
    Servante, der neben Jana lag und die Augen geschlossen hielt, meldete sich mit schwacher Stimme zu Wort: »Ich will von Doktor Pfeiffer behandelt werden.« Immer noch steckte der Rest eines Holzsteckens in seinem Oberschenkel, auch wenn einer der Matrosen versucht hatte, den größten Teil einfach herauszuziehen. Servante wand sich unter den Schmerzen, die der Stecken ihm bereitete.
    Valdiva meinte mürrisch: »Mir ist völlig gleich, wer das Holz aus dem Bein holt, ich will bloß, dass der Lotse überlebt. Eine Weiterfahrt ohne ihn käme einer Katastrophe gleich.«
    Jemand rief vom Achterdeck nach dem Kapitän. Valdiva drehte sich um und sagte im Weggehen zu Conrad: »Rico soll Euch eine Flasche Schnaps aus meiner Kajüte holen.«
    Kaum war er weg, beugte sich Rodriguez zu Conrad und zischte leise: »Ihr glaubt wohl, nur weil Ihr an großen Universitäten studiert und gelehrt habt, hättet Ihr die Weisheit mit dem Löffel gefressen.«
    Ohne Rodriguez eines Blickes zu würdigen, erwiderte Conrad: »Contra stultitiam adhuc nulla herba inventa est! Leider gibt es gegen Dummheit keine Medizin. Aber falls ich sie je finden sollte, werde ich Euch eine Flasche zukommen lassen. Badet darin, denn einnehmen allein wird in Eurem Fall nicht reichen.«
    Rodriguez holte aus, dass Jana fürchtete, er würde zuschlagen, aber im letzten Moment besann er sich und klatschte mit der flachen Hand auf seinen eigenen Oberschenkel.
    »Ihr werdet Eure Überheblichkeit noch bereuen«, zischte der Schiffsarzt. Er stand auf, machte auf dem Absatz kehrt und stapfte beleidigt davon. Seine schweren Stiefel knallten auf die Holzbretter des Schiffsdecks, aber die Geräusche wurden vom Wasser, das immer noch in großen Lachen auf den Planken stand, gemildert. Dunkle Brühe spritzte nach allen Seiten und hinterließ auch dunkle Flecken auf seiner Hose. Die verletzten Patienten beachtete er in seinem Ärger nicht. Einer der Matrosen jammerte vor Schmerzen, ein anderer hatte eine klaffende Wunde an der Schläfe und einen unnatürlich verrenkten Arm. Conrad würde sich um alle kümmern.
    Kaum war der Schiffsarzt weg, sagte Jana mit zusammengebissenen Zähnen: »Du bist zu weit gegangen.«
    Da kam Rico und brachte den Schnaps. Conrad entkorkte die Flasche, die noch voll war. Ein beißender Geruch nach gemalztem Gerstenbrand stieg ihm in die Nase. Er träufelte die goldgelbe Flüssigkeit auf ein Tuch und begann Janas Wunde zu reinigen.
    Geräuschvoll zog sie die Luft ein. Ihr Unterarm brannte, als würde sie ihn in offenes Feuer halten.
    »Ich kann Dummheit nicht ausstehen«, knurrte Conrad.
    »Hältst du Überheblichkeit vielleicht für ein Zeichen von Klugheit?« Jana presste die Augen zusammen und hielt die Luft an.
    »Jana, wir haben dieses Thema bereits zur Genüge besprochen. Ich habe mich wirklich bemüht. Aber wenn mir jemand rät, deinen Unterarm abzunehmen, dann kann ich mich nicht mehr zurückhalten.«
    Conrad fädelte einen Faden in seine Nadel, tauchte beides in den Branntwein und beugte sich tief über Janas Wunde.
    »Das mag ja alles stimmen, aber du darfst ihn trotzdem nicht beleidigen. Bis jetzt war er der Arzt an Bord. Die Männer haben ihm vertraut oder ihn gar verehrt. Jetzt kommst du und lässt ihn vor den Augen aller als unfähigen Narren dastehen.«
    Conrad stach ohne Vorwarnung in Janas Arm. In ihren Ohren begann es zu surren, ihr wurde schwindlig. Gut, dass sie auf dem Boden lag.
    »Er macht sich selbst zum Narren«, sagte Conrad und reichte ihr ein Stück Holz, auf das sie beißen konnte, sollte sie die Schmerzen nicht ertragen.
    »Chätte liebern Schuck vom Schaps!«, sagte sie mit dem Holz zwischen den Zähnen.
    Conrad entfernte das Holz und reichte ihr die Flasche. Jana setzte die Öffnung an den Mund. Brennend heiß floss der Schnaps durch ihre Kehle und wärmte den Magen.

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