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Der Fluch des Verächters - Covenant 01

Der Fluch des Verächters - Covenant 01

Titel: Der Fluch des Verächters - Covenant 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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vergib mir«, sagte der Riese. Mit einer Drehung senkte er die Ruderpinne, so daß er sie sich im Sitzen unter den Arm klemmen konnte. »Es war nicht meine Absicht, ihr die gebührende Achtung zu versagen. Deine Treue erhebt mein Herz. Und ich weiß zu schätzen, was sie vollbracht hat.« Er setzte sich ins Heck und lehnte sich zurück, so daß seine Augen sich bloß noch zwanzig Zentimeter über Covenants Augenhöhe befanden. »Ja, und ich weiß auch zu ermessen, wie traurig das alles für sie ist. Niemand im Lande, weder Menschen noch Ranyhyn oder andere Riesen, könnten dich schneller als ich nach ... zur Herrenhöh befördern.« Sein Lächeln blitzte erneut auf. »Aber du, Thomas Covenant der Zweifler, Fremder im Lande, du vergeudest deine Kräfte zu freimütig. Ich habe gelacht, denn du kamst mir vor wie ein Zwerghahn, der einem Ranyhyn droht. Du verzehrst dich, Thomas Covenant.«
    Covenant verstärkte den Druck auf seinen leicht aufbrausenden Ärger. »Das hältst du für wahr?« fragte er gelassen. »Du urteilst zu rasch, Riese.«
    Erneut kollerte ein Schwall von Gelächter aus dem wuchtigen Brustkorb des Riesen. »Kühn gesprochen! Das ist eine Neuigkeit im Lande – ein Mensch, der einen Riesen der Hast bezichtigt! Gut, du hast recht. Aber wußtest du nicht, daß die Menschen uns ...« – wieder lachte er auf – »für ein träges Volk halten? Ich bin zum Legaten erwählt worden, weil ich besser mit den kurzen menschlichen Namen, die ihre Träger um so vieles ihrer Geschichte, Macht und Bedeutung betrügen, zurechtkomme als die Mehrheit meines Volkes. Nun aber könnte ich fast meinen, ich gehe damit zu leichtfertig um.«
    Erneut legte er den Kopf in den Nacken und entließ ein dunkles, lautes Lachen.
    Covenant musterte den Riesen, als könne er diesen gewaltigen Schatz an Humor nicht im entferntesten begreifen. Dann drehte er sich mit erheblicher Willensanstrengung um, ließ seinen Stab auf die Planken des Bootes fallen und setzte sich auf die Ruderbank, den Blick zum Bug gerichtet, nach Westen, in die nachmittägliche Sonne. Schaumfolgers Lachen besaß einen gesunden Klang, eine Klangfarbe unkomplizierter Freude, aber er wehrte sich dagegen. Er konnte es sich nicht erlauben, noch weiteren Verführungen zum Opfer zu werden. Schon jetzt hatte er von seinem alten Ich mehr verloren, als jemals wiederzuerlangen er hoffen durfte. Nerven regenerieren sich nicht . Er sagte sich diese Feststellungen auf, als seien sie eine private Litanei, Ikonen seiner abgeblätterten Persönlichkeit. Es gibt keine Riesen. Ich kenne den Unterschied. Weitermachen! Überleben! Er kaute auf seinen Lippen, als könne der Schmerz ihm dabei helfen, im Gleichgewicht zu bleiben, seinen Groll unter Kontrolle zu halten.
    In seinem Rücken begann Salzherz Schaumfolger erneut leise zu singen. Sein Lied wagte durch seinen Wasserweg dahin wie eine ununterbrochene Strömung zum Meer, hob und senkte sich wie der Dunst über den Gezeiten, und durch die archaischen Worte bliesen die Winde gewaltiger Fernen. In regelmäßigen Abständen kehrte es zurück zu seinem Refrain
     
    »Stein und See sind tief im Leben ...«,
     
    dann schweifte es von neuem durch andere Bereiche. Der Klang dieses ausgedehnten, weitschweifigen Vortrags erinnerte Covenant an seine Erschöpfung, und er kauerte sich im Bug zurecht, um sich ausgiebig Ruhe zu gönnen. Schaumfolgers Frage schrak ihn aus dem Wandern zielloser Gedanken. »Bist du ein Geschichtenerzähler, Thomas Covenant?«
    »War ich mal«, gab er gedankenverloren Auskunft.
    »Und du hast's aufgegeben? Ach, das ist die traurigste Geschichte in drei Wörtern, die ich jemals vernommen habe. Aber ein Leben ohne Geschichten ist wie ein Meer ohne Salz. Wie kannst du da leben?«
    Covenant überkreuzte seine Arme auf dem Dollbord und stützte das Kinn darauf. Während das Boot vorwärtsschwamm, entfaltete sich vor ihm Andelain ständig wie eine Knospe; aber er beachtete es nicht, konzentrierte sich statt dessen auf das Nagen des Wassers vorm Bug. Unbewußt ballte er die Linke mit dem Ring zur Faust. »Ich lebe.«
    »Noch eine Geschichte?« meinte Schaumfolger. »In nur zwei Wörtern, und noch trauriger als die erste. Schweig fortan still – mit einer Geschichte von einem Wort brächtest du mich zum Weinen.« Falls der Riese sich über ihn lustig machte, hörte Covenant es ihm jedenfalls nicht an. Schaumfolgers Stimme klang halb nach Gefrotzel, halb nach Mitgefühl. Covenant zuckte die Achseln und schwieg. »Na, das ist

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