Der Fluch des Verächters - Covenant 01
unterkriegen. »Das ist nicht Seibrichs Werk«, versicherte er mißmutig. »Kein Höhlenschrat ist zu so ausgeklügeltem Vorgehen fähig. Wind und Wolken, um die Anzeichen des Überfalls zu verhehlen, falls Hilfe in der Nähe sein sollte. Ein eisernes Schutzdach über eine wer weiß wie weite Strecke hergeschleppt. Ein Angriff unter so geringer Verschwendung von Mitteln. Nein, vom Anfang bis zum Ende ist hier die Hand des Seelenpressers zu spüren. Stein und See!« Seine Stimme erstickte. Er wandte sich ab und preßte stöhnend seinen Riesen-Gesang heraus, um sich zu beruhigen.
»Aber warum hier?« sagte Quaan in das Schweigen. Seine Stimme hatte einen Anflug von Panik. »Warum hat er diesen Ort angegriffen?«
Etwas in Quaans Ton, ein Ansatz zur Hysterie unter mutigen, aber unerfahrenen und zur Zeit entsetzten jungen Kriegern, rief Prothall aus der Ödnis zurück, wohin seine Gedanken abgewandert waren; er ging mehr auf Quaans Gefühle als auf die Fragestellung ein. »Streitwart Quaan, viel ist zu tun. Die Pferde dürfen rasten, aber wir müssen ans Werk. Für die Toten muß ein Grab ausgehoben werden. Aufgrund ihrer feurigen Heimsuchung wäre es unangebracht, ihnen einen Scheiterhaufen zu errichten. Befiehl dein Fähnlein an die Arbeit. Hebt Gräben im Süden der Lichtung aus ... dort!« Er deutete auf einen Streifen Gras, der sich etwa vierzig Meter vom verheerten Baum entfernt erstreckte. »Wir ...« – er meinte die übrigen Lords – »werden die Toten ihren Gräbern übergeben.«
Schaumfolgers Singsang verstummte. »Nein. Ich will sie tragen. Laßt mich meine Hochachtung erweisen.«
»Einverstanden«, erwiderte Prothall. »Unterdessen bereiten wir ein Mahl vor und beraten über die Lage.« Mit einem Nicken schickte er Quaan fort, damit er seinem Fähnlein die entsprechenden Anweisungen erteile. Dann wandte er sich an Tuvor und beauftragte ihn mit der Aufstellung von Posten. Tuvor äußerte, acht Bluthüter seien zuwenig, um jeden möglichen Zugang zur Lichtung zu bewachen, aber wenn er die Ranyhyn einzeln in die Hügel des Umlands sende, könne er auf Unterstützung durchs Fähnlein verzichten. Nach einem Moment des Schweigens erkundigte sich der Blutmark, was hinsichtlich der ausgebliebenen Späher unternommen werden solle. »Wir werden warten«, entgegnete Prothall bedrückt.
Tuvor nickte und ging, um sich mit den Ranyhyn zu verständigen. Sie standen nahebei in einem Grüppchen beisammen, betrachteten aus heißen Augen die halbverbrannten Leichen rund um den Baumstamm. Als Tuvor zu ihnen trat, umdrängten seine Mannen ihn, als seien sie nur zu begierig darauf, zu erledigen, was immer er ihnen aufzutragen beabsichtigte, und bereits einen Moment später sprengten sie von der Lichtung, zerstreuten sich in alle Himmelsrichtungen. Die Lords stiegen ab, luden die Säcke mit den Nahrungsmitteln von den Tieren und begannen auf einem kleinen, von Birinair erzeugten Lillianrill -Feuer mit der Zubereitung einer Mahlzeit. Krieger führten sämtliche Pferde an die windabgewandte Seite des Baumes, nahmen ihnen die Sättel ab und koppelten die Tiere fest. Anschließend fing das Fähnlein an zu graben. Indem er sorgfältig darauf achtete, auf keinen der Toten zu treten, begab sich Schaumfolger unter den Baum und packte die Eisenplatte. Sie war ungeheuer schwer, aber er hob sie auf und trug sie über den Ring von Leichen. Dann begann er Tote auf die Platte zu schichten und benutzte sie wie einen Schlitten, um die Leichen zu den Massengräbern zu befördern. Heftige Gefühlsaufwallungen zuckten und ruckten über seine bollwerkartige Erkerstirn, und in seinen Augen funkelten gefährliche Leidenschaften. Eine Zeitlang war Covenant das einzige Mitglied des Aufgebots ohne bestimmte Aufgabe. Diese Tatsache verdroß ihn. Der Geruch der Toten – irgendwo unter ihnen auch Baradakas, entsann er sich schmerzlich, ferner Llaura und Kinder, Kinder! – drängte ihm die Erinnerung daran auf, wie Holzheim Hocherhaben gewesen war, als er es vor etlichen Tagen verließ: himmelhoch und stolz, prall vom Leben eines liebenswürdigen Völkchens. Zu seiner eigenen Selbstverteidigung brauchte er irgend etwas zu tun. Während er seinen Blick durchs Rund der Lichtung schweifen ließ, bemerkte er, daß den Kriegern Grabwerkzeuge fehlten. Sie hatten nur wenige Hacken und Schaufeln dabei; die Mehrzahl buddelte mit den Schwertern oder versuchte es sogar mit bloßen Händen. Er ging hinüber zum Baum. Das Umfeld des Stamms war von zahlreichen
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