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Der Fluch des Verächters - Covenant 01

Der Fluch des Verächters - Covenant 01

Titel: Der Fluch des Verächters - Covenant 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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begriff er überhaupt nichts. Wie sollte er denn auch? Was hatten Magie oder bloß wilde Träume von wilder Magie eigentlich mit ihm zu schaffen? Und doch hatten die Flammengeister seinem Ring eine solche Ehrerbietung erwiesen, als wäre es ihnen dabei um die Anerkennung seiner verlorenen Menschlichkeit gegangen. Und sie waren selbst dadurch verändert worden.
    »Ich hätte sie gerettet«, sagte er nach geraumer Zeit laut, ohne wirklich mit jemandem reden zu wollen, »wäre es mir möglich gewesen.«
    »Du besitzt genug Macht.« Atiarans Stimme klang dumpf und matt, als sei sie nicht länger dazu imstande, Zorn oder Trauer zu empfinden.
    »Was für Macht?« fragte er mit beträchtlicher Mühe. »Trägst du den Ring aus Weißgold für nichts?«
    »Es ist nur ein Ring, sonst nichts. Ich trage ihn ... ich trage ihn, weil ich ein Leprakranker bin. Ich verstehe nichts von Mächten.«
    Sie sah ihn an. »Ich kann dich nicht erkennen. Du bist mir verschlossen.«
    Daraufhin hätte er sich gerne dagegen aufgelehnt, ihr widersprochen, sie angeschrien, bei den Schultern gepackt und ihr ins Gesicht gebrüllt. Verschlossen? Schau her – schau mich an! Ich bin kein Berek! Kein Held. Für so etwas bin ich viel zu krank. Aber es fehlte ihm dazu an Kraft. Und er war zu tief gekränkt worden – so sehr durch Atiarans unerfüllbare Forderung, wie durch seine eigene Hilflosigkeit. Wie ...? Die Geister! Wie konnte es nur möglich sein, daß ihm so etwas geschah? Ein Moment verstrich, während er über dieser Fragestellung aufstöhnte. Dann seufzte er, dachte: Ich hätte es merken müssen. Er hätte die Gefahr in Atiarans Vortrag der Sage von Berek Halbhand hören müssen, sie in Andelain sehen, in den Zuckungen unter seinen Stiefeln spüren. Aber er war taub, blind und stumpfsinnig gewesen. Er hatte sich so aufs Vorwärtskommen versteift, auf das Bestreben, den Wahnsinn abzuhängen, daß er den Wahnsinn übersah, in den der Lauf seines Traums mündete. Dieser Traum verlangte von ihm, ein Held zu sein, ein Retter; deshalb führte er ihn auf Abwege, riß ihn mit sich – drängte ihn vorwärts, damit er ohne Rücksicht auf sich selbst sich abstrampeln solle, sein Leben für Geister, das Land, für Traumbilder aufs Spiel setze. In dieser Hinsicht bestand der einzige Unterschied zwischen Atiaran und Lord Foul darin, daß der Verächter ihm das Scheitern wünschte. Du wirst sie niemals richtig begreifen. Natürlich nicht. Unter der Oberfläche seiner Erschöpfung wütete in seinen Eingeweiden Ärger. Er träumte – das war für alles die Lösung, für die unerfüllbaren Erwartungen des Landes in seine Person ebenso wie für die Unmöglichkeit des Landes selbst. Noch erkannte er den Unterschied zwischen Realität und Traum; er war geistig gesund. Er war ein Lepraleidender. Aber die Flammengeister waren so schön gewesen. Und man hatte sie verschlungen ... Ich bin ein Leprakranker! Zittrig unterzog er sich einer VBG. Hölle und Verdammnis! Was haben Flammengeister und wilde Magie und der blödsinnige Berek Halbhand mit mir zu tun? Offenbar war er am ganzen Körper unversehrt geblieben – er fand nicht einmal kleine Kratzer, und seine Kleidung war zwar zerknittert, aber unbeschädigt –, wogegen die Gewalt der Urbösen den Stab des Allholzmeisters am oberen Ende geschwärzt hatte. Hölle! So was kann man mit mir nicht machen! Erbittert kämpfte er gegen seine Müdigkeit an und latschte neben Atiaran dahin. Sie würdigte ihn keines Blicks, erweckte den Eindruck, als bemerke sie seine Gegenwart gar nicht; den ganzen Tag lang ließ er sie in Ruhe, als fürchte er sich vor seiner eigenen Reaktion, falls er ihr eine Gelegenheit einräumte, erneut Vorwürfe zu äußern. Aber als sie am Abend rasteten, lieferten die Kühle und das Dunkel unterm Glitzern der Sterne genug Grund, um den Verlust ihrer Decken und Leuchtgefäße zu bedauern. Um sich von der dumpfen Unbehaglichkeit abzulenken, besann er sich auf seinen bereits halb vergessenen Vorsatz, möglichst viel über das Land in Erfahrung zu bringen. »Erzähl mir von ... ihm, der uns gerettet hat«, wandte er sich an Atiaran. »Der gestern dazwischensprang.«
    Für längere Zeit herrschte Schweigen, bevor sie antwortete. »Morgen.« Ihre Stimme war ausdruckslos, von nichts geprägt außer Niedergeschlagenheit und Erschlaffung. »Laß mich in Ruhe. Bis morgen.«
    Covenant nickte in der Dunkelheit. Er fühlte sich bedrängt durch Kälte und das Schlagen schwarzer Schwingen, aber zugleich eher dazu

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