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Der Fluch Von Belheddon Hall: Roman

Der Fluch Von Belheddon Hall: Roman

Titel: Der Fluch Von Belheddon Hall: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Erskine , Ursula Wulfekamp
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nickte. »Katherine ist Teil des Schmerzes. Seine Trauer ist in jedem Stein, in jedem Balken und jedem Dachziegel dieses Hauses gefangen.«
    »Wessen Trauer?« fragte Joss leise. »Die des Königs?«
    Natalies Blick wanderte zu ihr. »Sie wissen also Bescheid? Haben Sie ihn gesehen?«
    Joss zuckte hilflos mit den Schultern. Die Jalousie in ihrem Kopf war plötzlich wieder heruntergekommen, die schwarze Mauer, die sie nicht durchdringen konnte. »Ich glaube schon. Mein kleiner Sohn nennt ihn den Blechmann, wegen seiner Rüstung. «
    Natalie lächelte verwundert und nickte. »Seltsam, daß er im Haus seiner Geliebten eine Rüstung trägt, finden Sie nicht?«

    »Das habe ich auch gedacht. Aber er ist wütend und verbittert. Warum sollte er sonst Leute umbringen?«
    »Psst.« Natalie hob plötzlich die Hand. »Vielleicht können wir ihn dazu bringen, mit uns zu sprechen. Aber nicht jetzt. Gehen wir nach draußen. Haben Sie etwas dagegen?«
     
    Als sie durch den Hof in den Garten gingen, konnten sie in der Remise keine Spur von Jimbo oder Luke entdecken. Natalie trug ein Paar von Lyns Gummistiefeln und hatte über ihr schickes Kostüm eine alte Jacke von Joss gezogen.
    Sobald sie auf der Wiese standen, schüttelte Natalie ihr ordentliches, glänzendes Haar im Wind und hüpfte wie ein Kind über den Rasen.
    »Entschuldigung, aber die Atmosphäre im Haus war so bedrückend. Ich konnte nicht mehr richtig denken. Überall habe ich gespürt, wie sie mir zuhören. Es ist besser, wenn wir hier draußen reden und sozusagen unter vier Augen beschließen, was wir tun sollen.«
    »Tom und Ned sind in Gefahr, stimmt’s?« Joss ging neben ihr her zum See hinunter.
    »Wenn man die Geschichte dieses Hauses bedenkt, dann muß man davon ausgehen, ja.«
    »Aber warum? Weshalb tut er Jungen weh?« Sie zögerte. »Haben Sie das ernst gemeint? Können Sie ihn wirklich dazu bringen, mit uns zu sprechen?«
    »Ich kann’s versuchen«, antwortete Natalie mit einem Schulterzucken und seufzte. »Ich wünsche, ich wäre nicht so müde. Ich habe das Gefühl, völlig ausgelaugt zu sein.«
    Mittlerweile hatten sie den See erreicht. »Wissen Sie, innen im Haus habe ich gesagt, daß ich die Stimmen nicht unterscheiden kann. Es sind mehr, als ich erwartet hatte. Nicht die Kinderstimmen, nicht die der Jungen und Männer, die gestorben sind. Andere, kräftige Stimmen.«
    »Männer- oder Frauenstimmen?« Joss sah einem Teichhuhn zu, das über den Blättern der Seerosen hin und her trippelte.
    »Das ist das Seltsame. Ich bin mir nicht sicher. Ich kann Bruchstücke von Wörtern hören, von mächtigen Wörtern, aber ich kann sie nicht verstehen. Es ist, wie wenn man am Senderknopf
eines Radios dreht. Man flitzt durch die Sender – manche sind stark, manche schwach, oft knackst und rauscht es, und ab und zu – ganz selten – findet man einen Sender, in dem man alles verstehen kann, der Empfang ist gut, und eine Zeitlang kann man ihm zuhören. Und dann passiert etwas – die Windrichtung ändert sich, die Antennen in meinem Kopf bewegen sich ein wenig, und er ist fort, und ich finde ihn nicht wieder.«
    Es entstand eine lange Pause, bis Joss schaudernd fragte: »Sie können die Stimmen hören – aber können die Stimmen Sie hören?«
    »Was denken Sie denn, warum wir nach draußen gegangen sind?«
    »Sie glauben also, daß sie in den Mauern des Hauses gefangen sind, und daß sie nicht reisen können?«
    »Ich weiß es nicht«, antwortete sie und schnitt eine Grimasse. »Aber hier draußen fühle ich mich sicherer.«
    Joss stellte den Kragen ihrer Jacke hoch. »Luke und ich sind gerade aus Frankreich zurückgekommen. Wir haben dort Paul Deauville besucht, den zweiten Mann meiner Mutter. Er hat mir ihre letzten Tagebücher gegeben, und darin hat sie Edward mit Namen erwähnt. Sie schreibt, sie hätte geträumt, daß er überall nach ihr suchte und sie in Frankreich nicht erreichen konnte. Aber dann stand etwas Sonderbares da; sie schrieb: ›Ich war mir so sicher, daß sie niemals das Wasser überqueren könnte.‹«
    »Sie?«
    »Welche Person kann Wasser nicht überqueren? Ein Vampir? Ein Toter?«
    »Eine Hexe?« Natalies Stimme klang sehr nachdenklich.
    »Margaret de Vere wurde der Hexerei angeklagt, weil sie versucht haben soll, den König zu ermorden«, fuhr Joss bedächtig fort. »Sie war Katherines Mutter – die Katherine, die wir für die Geliebte des Königs halten. Hier in Belheddon.« Plötzlich ergriff das Teichhuhn die Flucht. Mit wild

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